Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

380 Erster Theil. Achter Titel. 
welche Dritten daranf zustchen, und aus Fideikommissen, Majoraten, Lehnsverband, Schuldverpflich- 
tungen, Servituten und dergleichen herrühren, dadurch verletzt werden. 
Demgemäß kann, mit Ausnahme dieser Fälle, jeder Eigenthümer sein Gut oder seinen Hof durch 
Ankauf oder Verkanf oder sonst auf rechtliche Weise willkürlich vergrößern oder verkleinern. Er kann 
die Zubehörungen an einen oder mehrere Erben überlassen. Er kann sie vertauschen, verschenken oder 
sonst nach Willkür im rechtlichen Wege damit schalten, ohne zu einer dieser Veränderungen einer be- 
sondern Genehmigung zu bedürsen. 
11. K. O. vom 20. Juni 1830, die Erhaltung der Stadtmauern betreffend. 
(G. S. S. 113.) 
Ich bin mit den im Berichte des Staateministerü v. 5. v. M. entwickelten Ansichten darin ein- 
verstanden, daß den Stadtgemeinden die willklirliche Abtragung ihrer Stadtmanern, Thore, Thürme, 
Wälle und anderer ?2), zum Verschlusse sowohl, als zur Vertheidigung der Städie bestimmten Anla- 
gen, weder in polizeilicher, noch in militärischer, noch in finanzieller Rücksicht gestattet werden kann, 
und daß der §. 33, Tit. 8, Th. 1 des Allgemeinen Landrechts auf diesen Gegenstand allerdings zu be- 
ziehen ist 7). Um allen ferneren Zweiseln hierüber vorzubengen, verordne ich Folgendes: 
1) Wenn die Stadtbehörden die Stadtmauern und andere oben benannte Anlagen ganz oder zum 
Theile abtragen, oder damit Veränderungen ½4) vorzunehmen beabsichtigen; so haben sie diese Absicht 
zuvörderst der Regierung anzuzeigen, oder vor der Ausführung deren Entschließung zu erwarten. Die 
Regierungen sind von den Ministerien des Innern, des Krieges und der Finanzen, wegen der anzu- 
stellenden weiteren Erörterungen, mit Instruktion zu versehen 25). 
2) Dasern eine Anlage der gedachten Art von selbst durch die Zeit verfällt, und deren Erhaltung 
und Wiederherstellung in polizeilicher, militärischer oder finanzieller Hinsicht für nothwendig erachtet 
wird, so soll das bestehende Sach- und Rechtsverhältniß untersucht, und hiernach nöthigenfalls im 
Rechtswege festgestellt werden, wem die Verbindlichkeit zur Tragung der diesfallsigen Kosten obliegt ?). 
Weun aber die Wiederherstellung des schadhaften Berschlusses mahl= und steuerpflichtiger Städte le- 
diglich und ausschließlich zur Sicherung der Steuergefälle erforderlich ist, so sollen diejenigen Städtc, 
welchen zu Deckung ihres Kommunalbedürfnisses ein Znschlag zur Mahl= und Schlachtsteuer bewil- 
ligt ist, jedenfalls 27) einen nach dem Verhältnisse dieses Zuschlags zur Hauptsteuer abzumessenden Bei- 
—. — — 
22) Auch in Betreff der Erhaltung oder Zerstörung der Umfassungsgräben, als Befestigungswerke 
dr Stödte, ist hiernach zu verfahren. R. des Pol.-Min. vom 30. Nov. 1831 (v. Kampß, Anmal. 
. XV, S. 774). 
23) Die Anwendbarkeit der Vorschriften dieser K. O. auf Thorthürme wird dadurch, daß solche und 
die Nebenhäanser früher Privateigemhum gewesen und erst durch Ankauf in den Besitz der Kommune ge- 
langt sind, nicht ausgeschlossen. R. der Min. des Kr., der Fin. und des Innern vom 31. Juli 1844 
(Min.-Bl. d. i. V. 1844, S. 219). . . 
Auch in den Fällen, wenn das Eigenthum der Stadtmauer nicht der Stadtgemeinde, sondern einem 
Dritten zusteht, bedarf es zu Veränderuͤngen derselben der Ministerialgenehmigung. R. ders. Min. v. 
17. Januar 1847 (Min.-Bl. d. i. V. S. 5). 
24) Auch zum Umdaue ist die Ministerialgenehmigung erforderlich. R. ders. M. vom 25. Sept. 
1846 (Min.-Bl. d. i. V. S. 194). 
25) Ertheilt in dem Cirk. vom 31. Okt. 1830, in v. Kamptz, Annal. Bd. XIV, S. 774. 
26) Es kommt dabei hauptsächlich auf Fesistellung des Eigenthümers an. Wenn keine Uebertra- 
gung an einc Privatperson oder keine Erbauung durch den Staat (wie bei den deutigen Festungen) 
nachweisbar ist, so ist die Universitas für den Eigenthümer anzusehen, da die Stadtthore und Mauern, 
nach ihrer Bestimmung, res universitatis sind. Deshalb muß auch der Erlös aus den Materialien der 
abgetragenen Stadtmauern in die Gemeindekasse fließen. 
27) Dies wird von den Min. des J. und der Pol. und der Fin. in einem Schr. vom 30. Dez. 
1838 so ausgelegl, daß da, wo wegen Unterhaltung des Verschlusses der Städte ein bestiummies Rechte- 
verhalmiß besieht, es bei solchem beiwenden soll, daß aber auch da, wo ein solches Rechtsverhältniß nicht 
besteht, die Städte, welche Antheil an der Mahl= und Schlachisteuer haben, jedenfalls einen verhältniß- 
mäßigen Antheil an den Kosten zu tragen gehalten seien. Diese letziere Bestimmung bebe olso die er- 
stere keineswegs auf, lasse es vielmehr, wenn sonst ein bestimmtes Nechtsverhäuni binsichtlich dieses 
Gegenstandes in den gedachten Städien bestehe, bei solchem bewenden. (v. Kamptz, Annal. Bd. XXII, 
S. 950.) Die Auslegung ist unrichtig. Der zweite Satz „Wenn aber“ im S. 1 verhält sich zum er-
	        
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