Vom Eigenthime. 385
§. 72. Findet die Aenderung nicht statt, so muß das Gebäude wieder abgetra-
gen, und alles, auf Kosten des Vanenden, in den vorigen Stand gesetzt werden 12).
§. 73. Bauanlagen auf Straßen, wodurch Gehende, Reitende oder Fahrende
Beschädigungen ausgesetzt werden, soll die Obrigkeit nicht dulden" ).
8. 74. Niemand darf in Gegenden, die zum Ab= und Zugang des Publikums
bestimmt sind, vor seinen Fenstern, oder an seinem Hause, etwas aufstellen oder auf-
hängen, durch dessen Herabsturz Jemand beschädigt werden könnte.
§. 75. Der Uebertreter muß das Aufgestellte oder Aufgehängte sofort wetsn-
schaffen augehalten werden; und hat überdies eine Polizeistrafe bis zu zwanzig Tha-
lern oder Gefängniß bis zu vierzehn Tagen 4112) verwirkt.
5. 76. Ohne Erlaubniß der Obrigkeit dürfen Baustellen, die bisher besondre
Nummemn hatten, nicht in Eins gezogen werden“).
8. 77. Anch die Zugestehung einer solchen Erlaubniß kann, in Ansehung der
nach den Nummem vertheilten, oder noch zu vertheilenden Lasten und Abgaben, we-
der dem gemeinen Wesen, noch andemm Privatpersonen zum Nachtheile gereichen.
§. 78. Die Straßen und öffentlichen Plätze dürfen nicht verengt, verunreinigt
oder sonst vemmstaltet werden.
§. 79. Besonders darf Niemand, ohne ausdrückliche Bewilligung der Obrigkeit,
einen Kellerhals 15°) oder anderes dergleichen Nebengebäude auf die Straße zu anlegen.
§. 80. Auch die Einrichtung von Keller= und Ladenthüren, welche auf die Straße
gehen, die Anlegung neuer, oder Wiederherstellung eingegangener Erker, Löben und
auf die Straße hinaus gießender Dachrinnen; die Aufsetzung von Wetterdächern und
in die Straße. hinein sch erstreckenden Schildern, sowie die Errichtung von Blitzablei-
term, darf nur unter Erlaubniß der Polizeiobrigkeit, und nach den von dieser zu er-
theilenden Anweisungen, vorgenominen werden.
§. 81. Uebrigens aber sann jeder Hauseigenthümer den sogenannten Bürgersteig,
soweit er das Steinpflaster zu unterhalten hat ½6), unter den S. 78 bestiumten Ein-
schränkungen nutzen 47).
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43) Gegen eine solche Anordnung der Polizei giebt es kein rechtliches Gehör. (3. A.) Der Ge-
richtshof zur Entsch. der Komp.-Konfl. hat dies ebenfalls ansgesprochen, indem er folgenden Satz aus-
geführt hat: „Wenu bauliche Anlagen den öffentlichen Verkehr einer Stadtgemeinde hemmen und
deshalb von Seiten der Polizcibehörde untersagt werden, so ist gegen dergleichen Anordnungen der
Rechtsweg unzulässig. Dagegen sind Streitigkeiten über das Eigenthum des zu den baulichen Anlagen
bestimmten Platzes, sowie die Entschädigungsansprüche, welche aus der Umersagung des Banes her-
geleitet werden, dem Rechtswege unterworfen.“ Erk. v. 22. Sept. 1855 (J. M. Bl. 1856, S. 20).
44) Bauliche Anlagen in den Städten vor den Häusern, auf den Gassen und Plätzen, welche
dem Publikun hinderlich sind, oder die Oerlichkeit verunstalten, müssen weggeräumt werden, wenn
sie auch älter als das A. L. R. sind. Pr. des Obertr. vom 8. Juni 1832. (Schles. Arch. Bd. Iv,
S. 168.) Vergl. §§. 78 — 80. Diese Verordnungen des L. R. sind eine Anwendung des, von der
Elosse des Land= und Lehnrechts bezeugten, alten Grundsatzes: Was man in einer Stadt verbem
um des gemeinen Nutzeus willen, solches ist Jedermann zu halten schuldig. Die einzelnen Erschei-
nungen und Vorkommnisse, welche dem „gemeinen Nutzen“ hinderlich sind, lassen sich nicht für alle
Zukunft voraus bezeichnen.
443) Str.G. B. S. 344, Nr. 6 u. 7.
45) Geschieht cs doch, so kann keine Strase eintreten, weil keine angedroht ist; und die Tren-
nung ist auch nicht immer durchzusetzen. Auf Privatrechte hat die Zusammenziehung keinen rechtlichen
Eintuß namentlich können Hypothekenrechte auf die Nummer, auf welche sie nicht vorher schon be-
stellt waren, nicht ausgeübt werden. Eine thatsächliche Schwierigkeit entsteht in dem Falle, wenn
zwei Stellen mit einem Hause neu bebaut werden. Dann bleibt nur übrig, das Ganze zu subhasti-
ren und das Kaufgeld nach Verhälmiß des früheren Werthes der Stellen zu vertheilen.
450 ((. ) Gegen die durch polizeiliche Verfügung angeordnete Wegschaffung eines Kellerhal-
ses ist der Rechtsweg nur dann zulässig, wenn der Eigenthümer entweder eine besondere gesetzliche
Bestimmung, oder einen spcziellen Rechtstitel für sich anführen kann. Dagegen ist der Antrag auf
Entschädigung für die Beseitigung des Kellerhalses der richterlichen Entscheidung unterworfen. Erk.
des Gerichteh. zu Entsch. der Komp.-Konfl. v. 7. Mai 1859 (J. M. Bl. S. 382).
46) Man nimmt an, daß die Hausbesitzer die im össentlichen Interesse nöthige Umpflasterung
Koch, Allgemeines Landrecht 1. 5. Aufl. 25