Vom Eigenthume. 393
§. 100. Vielmehr ist der Regel nach ein jeder die über sein Eigenthum gehen-
den Gräben und Kanäle 54), wodurch das Wasser seinen ordentlichen und gewöhnli-
chen 51) Ablauf hat, zu unterhalten verbunden 55).
Grundsätzen aber sleht jedem Besitzer eines Ufergrundstücks, sofern keine besonderen gesetzlichen Vor-
schriften oder keine besonderen Gerrchtsame eines Dritten eine Ausnahme begründen, als Ausfluß des
Eigenthums auch die Befugniß zu, das an seinem Grundstücke vorüberfließende Wasser zu seinem
Vortheile, namentlich auch zur Berieselung seines Grundstücks zu benutzen, und zwar sind in dem
Rack, wenn die Ufergrundstücke zu beiden Heneen verschiedene Eigenthümer haben, nach den Grund-
aten Über Kollision der Rechte (Einleit. §. 97) die beiderseitigen Userbesitzer zur Wassernutzung gleich-
mäßig berechtigt. Hieraus aber folgt, daß auch schon vor Erlaß des Gesetzes v. 28. Februar 1843,
wenn der eine Userbesitzer sich die Wassernutzung durch Stauungen und sonstige zu diesem Zweck ge-
machte Anlagen allein und mit Ausschluß des Besitzers des gegenüber liegenden Grundstückes an-
maßte, hierin eine Handlung lag, welcher dieser Besitzer widersprechen konnte, daß daher der Fall
des §S. 81, Tit. 7 schon nach dem damaligen Stande der Gesetzgebung vorhanden war, und daß, in-
sofern dieser Besitz des negativen Rechts während des dazu nach §. 625, Tit. 9 erforderlichen Zeit-
raums fortgesetzt wurde, das fragliche Necht mittelst der Verjährung erworben werden konnte. Erk.
vom 23. März 1865 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LVIII, S. 225).
632) Folg. Anm. 54, Satz 2, u. Anm. 47 zu §. 62, Tit. 15, Th. II.
(5. A.) Der §. 99 findet auch auf Seen, die einen Absluß haben, Auwendung. Erk. d. Obertr.
vom 27. Februar 1866 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXIII, S. 1038).
54) Die Vorschrift des §. 99 ist nicht für ein Berbotsgesetz zu achten, wodurch nach §. 664,
Tit. 9 die Verjährung ausgeschlossen wird. Pr. 1723, vom Jahre 1846. #
Die Vorschrift des §. 99 wird durch die S§§. 1, 13, 16 des Ges. über die Benutzung der Pri-
vatflüsse v. 28. Februar 1843 modifizirt. S. Zuf. zu F. 43, Th. 11, Tit. 15 und Pr. 1458, vom
31. Mai 1844, in der Anm. dazu. (3. A.) Das Recht der Adjazenten zur Benutzung des vorüber-
fließenden Wassers eines Privatflusses minelst Stanungsanlagen, welches ihm das Ges. v. 28. Febr.
1843 giebt, kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, daß ein Anderer diese Stauungsanlagen in sei-
nem Interesse, ohne Widerspruch der Stauenden, auf Grund der älteren Gesetzgebung und nament-
lich des §. 99 d. T., durch die gewöhnliche Verjährungszeit beseitigte. Erk. des Obertr. v. 15. Sep-
tember 1856 (Entsch. Bd. XXXIV, S. 89).
Unter diesen Gräben und Kanälen sind natürliche Privatslüsse (d. h. nicht künstlich angelegte
Vertiefungen) nicht zu verstehen. Auf diese findet die Bestimmung des §. 100 keine Anwendung.
Pr. 1415 (Pl.-Beschl.) v. 9. April 1844. (Entsch. Bd. X, S. 245.) War vorher streitig. (4. A.)
Das vom Fiskus einem Privatflusse behufs Meliorationsanlagen und Flößbarmachung, unter Trok.-
kenlegung des bisherigen Flußbertes gegebene neue Flußbett ist kein Kanal im Sinne des §. 100 d. T.
Erk. d. Obertr. v. 8. Juni 1857 (Archiv Bd. XXV, S. 146). Vergl. Erk. vom 25. Septb. 1857
(Archiv Bd. XXVII, S. 66).
54 “) (5. A.) Ob der Ablauf ein ordemlicher und gewöhnlicher sei, ist nach den thatsächlichen Um-
ständen des vorliegeuden Falls zu bemessen; der §. 100 beziehet sich nicht in allen Fällen auf einen
Zustand, wie er 30 Jahre vor Anstellung der Klage stangefunden hat. Erk. d. Obertr. v. 15. Oklbr.
1863 (Entsch. Bd. LIII, S. 29).
55) Nämlich nur diejenigen Gräben und Kanäle, wodurch Privatflüsse und Bäche geleitet wer-
den, nicht aber das außerhalb der Kanäle und Gräben wild ablaufende Wasser aufgenommen werden
soll. Die Gräben, welche den letzteren Zweck haben, sind Vorfluthgräben, und auf diese bezieht der
8. 100 sich nicht, vielmehr ist davon erst in §S. 102 ff. Rede. Man kann daher nicht den 8. 100 aus
den §#5. 106 — 108, die nur von Vorfluthgräben handeln, erklären, noch weniger eine Ausnahme von
der Regel des F. 100 daraus beweisen. F des Obertr. v. 30. Septbr. 1842 (Schles. Arch. Bd. V,
S. 133) und v. 13. Mai 1848 (Rechtsf. Bd. IV, S. 86). Vergl. Erk. v. 31. Oktbr. 1856 (Arch. f.
Rechtsf. Bd. XXII, S. 272). (4. A.) Wieder im entgegengesetzten Sinne spricht das Obertribunal
sich in einem Erk. vom 20. Dezember 1861 (Arch. f. Rechtss. Bd. XIIV, S. 140) aus, wo es sagt:
Die Ausführung des Imploranten, daß der §. 100 nur solche Gräben und Kanälc zum Gegenstande
habe, die das Wasser aus Privaiflüssen abführen, resp. wodurch Privatflüsse oder Bäche geleitet werden,
wird weder durch die Fassung des §. 100, noch durch die Verbindung desselben mit dem vorhergehen-
den K. 99 gerechtfertigt. — Da streitet das Obertr. mit sich selbst; denn in seinem Erk. vom 30. Sep-
tember 1842 (Schles. Archiv, Bd. V. S. 133) sagt dasselbe das gerade Gegentheil; es sagt jetzt aber
nicht, warum es nun für falsch erklärt, was es damals als eine unzweifelhafte Rechtswahrheit hin-
stellte und deswegen ein Appellationsurtel kassirte. In dem spälern Erk. vom 27. Juni 1865 (Archiv
f. Rechtsf. Bd. LIX. S. 275) sagt das Obertr. der Partei, die sich auf jenc älteren Aussprüche be-
ruft, als Grund: „die dort aufgestellte Ansicht ist durch spätere Eutscheidungen gemißbilligt“. — (5. A.)
Uebrigens ist derjeuige, welcher durch Unterhaltung eines solchen Grabene die Fortdauer des ordentli-
chen und gewöhnlichen Wasserabflusses zu bewirken hat, um so mehr verbunden, sich solcher Anlagen