Bon Erwerbung des Eigenthums. 423
§. 2. Der gesetzliche Grund, vermoͤge dessen diese äußeren Handlungen die Kraft
haben, daß dadurch das Eigenthum erworben werden kann, wird der Titel des Eigen-
thums genannt 2).
d. 3. Zur Erwerbung des Eigenthuns 2°) wird die Besitznehmung erfordert.
(Tit. 7, §. 43 Sag.)
5. 4. Hiervon sind allein die wälle 2) ausgenonmnen, wo die Gesetze die Erwer-
bung des Eigenthums schon mit einer gewissen Hegebenhei oder Willensäußerung al-
lein ausdrücklich verbinden.
§. 5. Wenn zur Erwerbung des Eigenthums- außer dein Titel, nur Besitzneh-
mung erfordert wird, so ist eine umnittelbare Erwerbungsart vorhanden.
K. 6. Geht aber das Eigenthum erst durch die Erledigung des Besitzes von Sei-
ten des vorigen, und durch die Ergreifung desselben von Seiten des neuen Eigenthü-
mers über; 8 heißt die Erwerbungsart miittelbar 4).
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Siseh gegen Rechtsgrundsätze. Erk. des Obertr. v. 3. November 1853 (Arch. f. Rechtsf. Bd. X,
S. 278).
1) Der Tuel beschäftigt sich mit den allgemeinen Grundsätzen über die Anwendung der Darstel-
lung der Erwerbungsarten (§§. 1— 6) und mit einer Klasse derselben.
Die Anordnung des Rechtsstoffs gehört wesentlich der Wissenschaft an. Denn es giebt nicht einen
einzigen, ansschließlich richtigen Standpunkt, von welchem aus der Stoff Üüberblickt werden könnte und
müßte; es giebt deren mehrrre ganz gleichberechtigte, je nach den Rücksichten und Betrachtungen, wel-
che nach dem Zwecke der Darstellung vorzugeweise hervortreten. Deshalb ist es eine Fesselung der
Wissenschaft, wenn durch ein Gesetz hierin Vorschriften gemacht werden.
Im R. N., im älteren nämlich, fielen die Erwerbungsarten von selbst in zwei Klassen, nach der
rechtluchen Narur der dewen Arten des (quiritarischen und bonitarischen) Cigenthums, nämlich in die
civilen, d. i. civilrechtlichen, und in die natürlichen, d. i. volkerechtlichen oder, nach unsern Vorstel-
lungen, gemeinrechtlichen. Denn das röm. Civilrecht im engeren Sinne verhielt sich zu dem prätori-
schen Rechte und dem s. g. jus gentiam wie Stadtrecht zum Gemeinen Rechte. Nachdem das quri-
tarische Eigenthum in seiner spezisischen Bedemung. untergegangen war, fiel für die Behandlung des
Rechtsstoffs diese Unterscheidung von selbst weg. Die Justinianischen Gesetzgeber sind so weise gewe-
sen, keine in das Reich der Wissenschaft gehörige Eintheilung der gemeinrechtlichen Erwerbungsarten
vomuschreiben, und so haben sich die Rechtslehrer in dieser Hinsicht ohne positiven Andalt befunden.
Daher kommt es, daß die Anorduungsversuche der Neueren in der Darstellung der Erwertungsarten
fast bei jedem Schriftsteller anders sind. Sieht man auf die Persouen, welche bei der Erwerbung thä-
tig sind, so zeigen sich drei verschiedenartige Erwerbungen, nämlich: 1. solche, dei welchen die Erwer-
bung zusammengesetzt ist aus Handlungen des bisherigen Eigenthümers und des Erwerbenden (C. 6);
2. solche, welche durch einseitige Handlungen des Erwerbenden vollzogen werden (§. 5); 3. solche, wel-
che ohne alle menschliche Thätigkeit, durch zufällige Begebenheiten, kraft einer Rechtsregel vor sich ge-
den (§. 4). (Ererbung, Acression.) Das L.. dezeichnet die zweite Klasse als unmittelbare Er-
werbungsarten, und bringt diese in Gegensatz zu der ersten Klasse, welche es mittelbar nennt.
Die drute Klasse, welche als Ausnahme bezeichuet wird, sällt theus unter die numittelbaren, theils
unter die mittelbaren Erwerbungen, das F.R. giebt dafür kein Kennzeichen an. Der spezifische Unter-
schied zwischen den unmittelbaren und mittelbaren besteht aber darin, daß der Erwerber dei einer un-
mittelbaren Erwerbung keinen Auktor hat, oder, was dasselbe ist, daß er keinem Vorgänger in res
bingulas suredirt. Dieser Titel beschaftigt sich im Uebrigen mit solchen unmittelbaren rbungen.
2) Bergl. Tit. 2, §§. 131 und 132 und Anm. 107 und 108 daselbst. — Einer der Hauptver-
treter dieser Theorie war zu seiner Zeit Höpfner, Kommentar der Justiutiouen §. 392. Die Lehre
wurde schon damals als durchaus nuuwahr angegriffen und ist nun längst verschollen. Durch das L. R.
ist sie für daos pr. Recht perennirend geworden.
20 (5. A.) Auch zur Konstituirung von Grundgerechtigkeiten wird diese Erwerbungsart für taug-
lich gehalten. S. unten, Anm. 11c Abs. 2 zu §F. 15, Tit. 22.
3) S. o. die Anm. 108 zu §. 132, Tit. 2. Vergl. o. die Anm. 80 zu §. 107, Tit. 2 und un-
ten, §.342, Tit. 11.
4) Die Begriffsbestimmungen der beiden 88. 5 und § beziehen sich eben nur auf diejenigen Er-
werbungen, welche durch Besitzergreifung vollzogen werden. Das unterscheidende Merkmal der mittel-
baren Erwerbung, welches in der Erledigung des Besiyers von Seiten des Vorbesitzers liegt, ist durch-
aus richtig und durchpebend, nur muß dieses Merkmal näher dahin bestimmt werden, daß die Be-
stverledigung ein juristischer Bestandtheil der Besitzüberrragung sein und sich zur Besivergreifung ver-
halten muß wie das Anerbieten zur Annahme; denn die Erledigung des Besitzes emerseits und die