Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Erwerbung des Eigenthums. 427 
5. 20. Ist dieser unbekannt, so muß der Finder den Fund der nächsten Obrig- 
keit 17) anzeigen. 
#. 21. Sind an dem Orte, wo der Fund geschehen ist, mehrere 18) Gerichtsobrig- 
keiten, so hängt es von dem Finder ab, die Anzeige, bei welcher derselben er will, zu 
machen. 
§6. 22. Der Finder muß bestimmt angeben, wie und wo er zum Besitze der ge- 
fundenen Sache gelangt sei. 
§. 23. Die Fefundene Sache muß zur gerichtlichen Verwahrung angeboten, und # de- 
von dem Richter in redliche Obsicht genommen werden. « 
.24.JstdetFindereineunvetdächti.eundsicherePerson,sokanndetRichtek. 
nach Bewandmiß der Umstände und Beschaßenhrit des Werthes, die Verwahrung der 
Sache ihm selbst übertragen 14). 
§. 25. Er muß aber in allen Fällen die Beschaffenheit der Sache und ihre Merk- 
male in den Akten verzeichnen, und dem Finder die Art der ihm überlassenen Aufbe- 
wahrung vorschreiben. 
§. 26. So lange der Finder die Sache solchergestalt in seiner Gewahrsam hat, 
ist er als ein redlicher, aber unvollständiger 15) Besitzer anzusehen. 
27. Ist die gefundene Sache dem Verderben oder sonst einer beträchtlichen 
Vemindemnmg des Werthes unterworfen, so muß dieselbe in einem kugen Termine zum 
öffentlichen Verkaufe ausgeboten werden. 
§. 28. Ein Gleiches findet statt, wenn zur Aufbewahrung der Sache beträcht- 
liche, bis zur Hälfte des Werthes ansteigende Kosten erforderlich wären. 
§. 29. Hat der Finder, vor dei Verkaufe, Futter für das gefundene Vieh, oder 
andere nothwendige Ausgaben auf die Sache verwendet, so müssen ihm dieselben, nach 
Abzug der etwa gehabten Nutzungen, von dem Kaufgelde 15) sofort ersetzt werden. 
§. 30. Das Kaufgeld selbst wird, bis zum weitern Austrage der Sache, in ge- 
richtliche Verwahrung genommen. 
  
sich einer fremden Sache entledigen möge. Von einer Vertheilung einer solchen Sache zwischen dem 
Finder und den Armen komnnt nichts vor. 
rah der Finderlohn ist als rechtlich begründet nirgend anerkannt. S. unten Anm. 34 zu §. 62 
11) Wenn er sie nämlich an sich nimmt. Es ist aber Niemand gehalten, eine gefundene Sache 
aufzmiehmen und dadurch eine Verbindlichkeit einzugehen. 
den 3 Darunter wird die Polizeibehörde verstanden, nachdem die Privatobrigkeiten aufgehoben wor- 
nd. 
13) Die Vorschrift bezieht sich jetzt nur noch auf die von den ehemaligen Gerichtsherren verwaltete 
Polizei. Darnach können nur noch mehrere Polizeiverwaltungen an einem Orte vorkommen. Der 
Finder mag auch die Sache an das ordentliche Gericht erster Instanz abliefern. 
10 Der Finder iß jedoch nicht schuldig, sich damit zu befassen; er ist befugt zu deponiren. Durch 
die hier gegebenen Miniaturvorschriften Über gesundene Sachen, wurzelnd in der offiziösen Geschäfts- 
führung der bevormundenden Staatsbehörden, werden Kosten und Umstände verursacht, die mit dem 
Werthe der gesundenen Gegenstände in großem Mißverhältnisse stehen. Bisweilen ganz werthlose 
Sachen, 3. B. alte zerrissene Geldbörsen, verrostete Schlüssel und dergl., werden eingeliefert, „in red- 
liche Obhut genammen“, d. J. im Depositorium verwahrt, und unter vielschreiberische Rechnungsfüh- 
rung und Kontrole gebracht, endlich wird die angesammelte Menge verkauft und wenn nachher die Ko- 
stenrechnung bezahlt werden soll, findet sich, daß viele Stücke nicht so viel egebracht haben, um für 
idren Theil die Jusertionskosten zu decken. Die vormundschaftliche Verwaltung absorbirt hier buch- 
stäblich ihren Gegenstand, aus lauter vormundschaftlicher Vorsorge. 
15) Das eigene Recht, wodurch der Finder zum unvollständigen Besitzer der Sache wird, ist das 
Necht auf das Finderlohn oder, wenn der Eigenthümer nicht ermittelt wird, auf einen Antheil von 
der Sache, §. 44 ff. 
16) Dies reicht dazu bisweilen nicht ans. Ein Paar gefundene (einer unbekannten verdächtigen Per- 
son abgenommene) Gänfe waren so lange in Pflege der Polizei geblieben, daß sie — nach der Rech- 
nung — ihren Werth ein Paar Mal aufgefressen hatten.
	        
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