1. Von den Gesetzen übcrhaupt. 37
§5. 18. Aufgehoben :").
8. 19. In sofern aber aus einer verbotenen Handlung Privatrechte entspringen,
muß auf die Gesetze, welche zur Zeit der Handlung gültig waren, Rücksicht genom-
men werden 75).
§. 20. Ist es zweifelhaft: ob das Verbrechen vor oder nach der Publikation des
Pat. — Das Berhältniß des §. 17 der Einl. zu dem §. 43, Tit. 3 hat Zweisel und Meinungsver-
schiedenheit veranlaßt. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen gilt die Regel: die als Bedingung der
Gültigkeit positiv vorgeschriebene Form der Rechtsgeschäfte wird nach dem Gesetze beurtheilt, welches
zur Zeit der unternommenen Reltepandlung gilt (lempus regit actum). Anm. 25 zu §. VIII des
Pudl.-Pat. Diese Regel fiudet sich als bleibend ausgesprochen im §. 42, I. 3; sie findet sich gleich-
mäßig ausgesprochen in den transitorischen Bestimmungen des Publ.-Pat. 8§. X1 und XlI; sie wird
auch anerkannt von gemeinrechtlichen Schriftstellern. Weber, über Rückanwendung der Gesetze, S. 90
u. ff. Nur in der Beziehung, wenn das neue Gesen die Form eines Rechtsgeschäfts erleichtert, ist
von der Allgemeingültigkeit der Regel die Ausnahme von Cmmie 1 behauptet worden, daß, wenn die
neue Form beobachtet worden sei, diese zur Aufrechthaltung des Geschäfté genüge. Glück, Komment.,
§. 21 a. E. (Bd. 1, S. 147). Der dort als Gewähremann genannte Voet, Comm. I. 3, S. 17, ist
Kkerüber unbestimmt. Diese Meinung war bei der Absassung des Entwurfs ohne Einfluß geblieben.
inl. §. 19. Suarez aber fand, bei der revisio monitorum, daß es doch zwei Fälle gebe, wo ein
neucs Gesetz allerdings ad casus prseteritos gegfogen werden könne, nämlich #a) bei Strafgesetzen,
b) wenn es die Form, woran vorhin die Gültigkeit einer Handlung gebunden war, fimplificirt und
abkürzt, z. B. bei den Solennitäten der Testamente. Diese Ansicht sand Beifall und so entstand der
s. 17. (Bornemann, System I. S. 1953.) Hierbei aber hatte man nicht darau gedacht, daß der
8. 43, 1. 3 dieser Ausnahme vorbeugte, indem er verordnete: Eine Handlung, die wegen Veradsäu-
mung der gesevmäßigen Form vom Anfange an nichtig war, kann in der Folge niemals gültig wer-
den. Beide Satzungen können nicht nebeneinander bestehen. Man hat sie vereinigen wollen, dadurch,
daß jeder Bestimmung eine andere Beziehung zugeschrieben worden ist. Das ist jedoch unrichtig: beide
betreffen einen und deuselben Gegenstand, nämlich die positive Form der Rechtegeschäfte in Beziehung
auf die Zeit. Der Ausdruck „Handlungen“ bezeichnet den Gattungebege für alle Rechtsgeschäfte
oder juristische Thatsachen, und umfaßt sowohl Verträge als einfeirige Rechtshandlungen. Das Obertr.
(I. Senat) hat in dem Pr. 2097, vom 8. Februar 1849 (Entsch. XVII, S. 509) ausgesprochen: Die
Vorschrift des S. 17 der Einleitung findet auf die Form von Verträgen keine Anwendung. Der gleiche
Ausspruch ist schon vorher von dem IV. Senat am 19. Mai 1848 (Rechtsf. Bd. IV. S. 106) gethan.
Dort wird als Grund behauptet, daß solches aus dem Wesen eines Vertrages folge und auch nach
§. X des Publ.-Pat. angenommen werden müsse. Die Bestimmung dieses §. X ist aber gar nicht
auf den Fall, wo ein neues Gesetz eine mildere Form einführt, zu beziehen und hat auch an sich, als
eine transitorische, gar nicht die Kraft, einen als bleibend vorgeschriebenen Grundsatz des Gesetzbuchs
selbst wieder aufzuheben. Was aber das geltend gemachte Wesen eines Vertrages betrifft, so ist dar-
aus ganz gewiß nicht eine als Bedingung der Gülicgkeit vorgeschriebene vositive Form (nur von
einer solchen handelt es sich) abzunehmen; soust könnten die vosttiren Formen von den verschiede-
nen Gesetzgebern nicht so sehr verschieden und willkürlich vorgeschrieben sein. Auf gültigen Rechts-
gründen bernht darnach die Beschräukung der allgemeinen Bestimmung des §. 17 nicht; der Ausspruch
ist weiter nichts als der gewiß nicht zu tadelnde Behelf der Praxis, den Widerspruch zu besenigen.
Damit wöäre man seiner jedoch erst bei Verträgen ledig, bei einseitigen Handlungen blcibt er sthen.
Aber auch in dieser Bejiehung trägt die völlig nprakrüch Bestimmung die Unwirksamkeit in sich, in-
dem sie „die nach den neueren Gesetzen erforderlichen Fönnlichkeiten“ sordert. Hieran anknüpfend sagt
das Pr. des Obertr. vom 20. Febr. 1819 (Entsch. XVIII, S. 242, Nr. 11): „Ist eine nach älteren
Gesetzen zur Gültigkeit eines Rechregeschäfte vorgeschriebene Förmlichkeit nicht beobachtet, so wird, wenn
ein neueres Gesetz von dieser Förmlichkeit absieht, das früher abgeschlossene Geschäft nicht darum allein,
sondern nur dann gültig, wenn alle von dem neueren Gesetze als wesentlich vorgeschriebene
Förmlichkeiten beobachtet sind.“ Nut mücßte es doch wohl ein höchst seltener Zasaa sein, wenn
Jemand eine Rechtshandlung nach anderen als den gerade vorgeschriebenen Förmlichkeiten vollzogen
bän, und die beodachteten Phantasiesörmlichkeiten mit denjenigen Formen Übereinstimmen sollten, welche
ein noch nicht cinmal in Aussicht stehendes künftiges Gesetz vorschreiben wird. Auf diese Weise hat
die Praxis den Mißgriff der Gesetzgebung genügend ausgeglichen.
25½) Durch Art. VII des Einführungsgesetzes zum Strasgesetzbuche vom 14. April 1851. (3. A.)
Der "8. 18 lautet: „Die Minderung der in einer älteren Verordnung sestgesetzten Strafe kommt auch
deinjenigen Uebertreter zu Statten, an welchem diese Strafe, zur Jeit der Publikation des neueren
Gesetzes, noch nicht vollzogen war.“
255) Ist eine bloße Auwendung der Regel. Anm. 15 zu §. VIII des Publikationspatente.