Von Erwerbung der Eigenthums. 461
§. 241. Wo, nach den Provinzialgesetzen, die Inseln in öffentlichen Flüssen
kein Vorbehalt des Staats sind, da haben die Besitzer desjenigen Ufers, welcheu sie
am nächsten liegen, das Recht, sich dieselben anzueignen.
9. 245. Ein Gleiches gilt durchgehends von den in Privatflüssen entstehenden
Inseln.
§. 216. Das Eigeuthum der Inseln aber wird erst durch die wirkliche Besitzneh-
mung 15) erworben.
§. 247. Welchem von beiden gegen einander über liegenden Ufern eine Insel
am nächsten sei, muß nach einer durch das Flußbette, der Länge nach, zu ziehenden
Linie beurtheilt werden.
§. 218. Die Breite des Flusses wird dabei nach Linien bestimmt, die von den-
jenigen Punkten beiderseitiger, bei gewöhnlichei 14) Wasserstande sichtbarer Ufer, welche
den beiden Enden der Ingll gegenüber liegen, quer über den Fluß gezogen werden.
9. 219. Diejenige der Länge nach gezogene Linie, welche jede dieser beiden
Zuersinien in ihrer Mitte durchschneidet, bestimmt: welcheim Ufer die Insel am näch-
sten liege.
F. 250. Schneidet diese Mittellinie durch die Jusel selbst, so kommt das Recht,
sich die dadurch bestimmten jedem Ufer am nächsten liegenden Antheile zuzueignen, den
beiderseitigen Uferbesitzern zu.
§. 251. Liegt die Insel, ihrer Länge nach, den Ufern mehrerer an einander
renzender Besitzer gegenüber, so hat ein jeder von diesen Besitzern das Recht, sich den
Eeinem Ufer gegenüber liegenden Theil derselben zuzueignen.
§5. 252. Der Antheil eines jeden dieser Uferbesitzer wird durch Linien bestimint,
welche von den Punkten, wo eines jeden Grenze an den Fluß stößt, quer über den
Fluß, gerade nach der in der Mitte desselben angenommenen Linie gezogen werden.
§. 253. Bei Bestimmung der Rechte der Uferbesitzer, auf eine ihren Ufem ge-
genüber liegende Insel wird darauf: ob das Ufer mit Dämmen oder Teichen, mit oder
ohne Vorland, eingeschlossen sei, oder nicht, keine Rücksicht genonmen 14).
13) Nach R. R. geschieht die Erwerbung ipso jure mit der Emstehung. Der wahre Erwerbungs-
grund der in öffentlichen Strömen (wovon nur das fließende Wasser zu Jedermanns freiem Gebrauche
in dieser Hinsicht im Eigenthume des Staats ist) entstehenden Inseln beruhet auf dem Zusammenhange
der Userländereien mit der Jusel vermittelst des Flußbettes. Trocknet der Fluß aus, so erscheint die
Insel als ein Theil oder eine Fortsetzung des Userlandes. Deshalb kommt es darauf an: ob das
Eigenthum des Ufers dem Staate oder Privatpersonen zusteht; das Eigenthum des Stroms oder
vorüberfließenden Wassers ist einflußtos. I. 7, S. 3; L. 56 pr. D. de achuir. rer. dom. (XI, 1); §. 22
J. de rer. divis. (II, 1). Von diesen Grundsätzen sind die Verf. des L.N#. nach der Theorie einiger
Neueren abgewichen. Diese vindizirten die in öffentlichen Flüssen emstehenden Inseln dem Fürsteu,
doch meinten sie, daß solche von Privaten okkupirt werden könnten, wenn der Fürst sie zwei Jahre
uubebauet habe liegen lassen, weil er sie alsdann gleichsam derelinqnirt habe. Leyser, Sp. 25, m.
4; Spec. 502, cor. 3. So soll es auch an der Weser, am Rhein, an der Mosel, Moldau und Elbe
sein. Müller, Promptuar. v. insuln n. 3 u. 7. Doch wollten Audere dies nur da gelten lassen,
wo die User nicht Privateigenthum, sondern uit öffentlichen Deichen eingesaßt sind. Müller I. c.
mn. 3: Wernher, Obs. I. 5, obs. 138. Wegen der daraus hervorgegangenen Verschiedenheit der
Territorialrechte hinsichtlich der Regalität der Inseln in öffentlichen Strömen verweiset der §. 244 zu-
nöchst auf die Provinzialgesetze (vergl. II. 15, §. 67), wogegen der g. 245 in Betreff der Inseln in
Privatlflüssen unbedingt zur Aneignung ermächtigt. Aber die Erwerbung geschiehe, in Uebereinstimmun
mit der gedachten Theorie, in jedem Falle nur durch Okkupation, wie unser 8. 246 ausdrücklich
vorschreibt.
14) Darnunter wird der mittlere Wasserstand zu verstehen sein. Denn der „gewöhnliche“ ist gar
zu unbestimmt und wohl nicht leicht sestzustellen, da als gewöhnlich doch uur das gelten kann, was
den größten Theil des Jahres hindurch haufindet, der Wasserstand aber nach jedem Negengusse sich
ändert, und bei flachen Ufern eine vergleichungsweise geringe Veränderung des Wasserstandes eine un-
verhältnißmäßige Ausdehnung des Wasserspiegels stellenweise zur Folge hat.
14 2) Wohl aber, wenn das Ufer von dem Lande durch öffentliche Plätze oder Wege, die dem
Besitzer des Grundstücks nicht gehören, getrennt ist. S. oben Anmerk. 5 zu 68. 225.