Von Erwerbung des Eigenthums. 463
K. 258. Findet der Staat nöthig, daß An- und Zuwüchse der Ufer, oder auch
der Inseln, durchstochen oder weggeräumt werden, so müssen die Privatbesitzer dersel-
ben sich dergleichen Verfügung zu allen Zeiten gefallen lassen.
§. 259. Geschieht das Wegräumen oder Dunchstechen in einem öffentlichen Flusse,
zur Beförderung der Schifffahrt, oder zur Wiederherstellung des ordentlichen Laufs
des Flusses, so können die Privatbesitzer in der Regel keine Entschädigung fordern.
§. 260. Insofern jedoch eine solche Alluvion der Insel schon seit länger als Fünf-
zig Jahren besessen und genutzt worden, muß der Staat den Eigenthümem für den
durch die Wegräumung erlittenen 19°5) Verlust billige Vergütung leisten.
§. 261. Geschieht die Wegrämmung in einem Priatuinsse, im denselben schiff-
bar zu machen, so müssen die darunter leidenden Besiner der Alluvionen und Inseln
von dein Staate allemal vollständig entschädigt werden.
S. 262. Eine gleiche Entschädigung muß denselben von den Flußnachbarn in
allen Fällen zu Theil werden, wenn der Staat dergleichen Durchstiche und Wegräu-
mungen zu ihrem Besten und Vortheile auf ihren Antrag veranlaßt 70).
d. 263. Soll ein Flußbette, oder anderer Graben und Kanal, durch Verkrip= 5. Lon zuae-
pungen oder ander dergleichen Anstaltungen verengt oder zugelandet werden, so has icsenca
ben die angrenzenden Uferbesitzer 305) das nächste Ncht, sich den solchergestalt gewon= Ghe#-
nenen Grund und Boden dirch Besitznehmung zuzueignen 20.
§5. 264. Wollen sie aber von diesem Rechte Gebrauch machen, so müssen sie,
nach Verhältniß ihrer Antheile an dem gewonnenen Lande, zu den Arbeiten und Ko-
sten der Ausführung beitragen 70).
§5. 265. Das Recht eines jeden Uferbesitzers erstreckt sich in solchem Falle der Länge
nach so weit, als seine Grenze am Ufer geht, und der Breite nach bis zu der Mitte 202)
des vormaligen Flußbettes.
§. 266. Diese Mitte wird auf die H. 218 Sad. vorgeschriebene Art bestimmt.
d. 267. Das Bette abgelassener Landseen verbleibt den Eigenthümern des
Sees, nach Verhältniß des jedem von ihnen au dem See selbst zugestandenen Eigen-
thumsrechts.
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erworben wird (§§. 254—256); und Ersitzung, zu deren Anfange die Benachrichtigung oder der Konsens
der Nachbarn weder vorgeschrieben, noch nach Rechtsgrundsätzen erforderlich ist. (§. 257.) Unredlichkeit
oder sehlerhafte (heimliche) Besitzergreifung kann deshalb allein dem Olkupirenden nicht vorgeworsen
werden, weil nach den Grundsätzen des L.N. neu emstehende Inseln als Sachen betrachtet werden,
welche in keines-Menschen Eigenthume sind und okkupirt werden müssen, wenn man sic erwerben will.
Siehe oben Anm. 13 zu §s. 246. Die Aulieger haben dazu nur ein Näherrecht.
19) Diese richtige Lesart haben spätere Ausgaben. Die Urausgabe von 1791 hat die sehlerhafte
Form „erleidenden“.
20) Vergl. §. 75 der Einleitung und die Anm. 84 dazu. Diese Entschädigungsvorschriften be-
ruhen auf dem Prinzip, daß Niemand sich gefallen zu lassen braucht, daß er einen Vermögensschaden
zur Bereicherung eines Anderen erleide. L. 6, §. 2 i. f. D. de jure dotium (XXIII, 3).
*) (5. A.) Hellfeld, Jurisprudentia forensis etc. §. 1739. — E. G. Wöchter, Erwerb eines
vom Flusse verlassenen Bettes (aweus derelictus); in Weiske's Rechtslexikon, Bd. 1, S. 16 f.— M.
Privareecht, a. a. O. §S. 248, Nr. II, 4.
20% (4. A.) Vergl. unten, II, 15, 5§. 70, 71 u. die Anm. gs dazu.
20 s##) (5. A.) Der K. 263 ist nicht auf öffentliche Flüsse beschränkt, sondern auch auf Privat-
flüsse auszudehnen. Erk. des Obertr. vom 1. Oktober 1866 (Arch. f. Rechtef. Bd. LXV. S. 26).
20b) (4. A.) Das Eigeuthum an dem Grunde und Boden, welcher dadurch gewonnen ist, daß
ein Flußbett durch Verkrippungen oder andere dergleichen Anstalten verengt oder zugelandet ist, erwer-
ben die angrenzenden Uferbesitzer allein durch die Besitzuchmung, und nicht erst dann, wenn zu dieser
Besiynehmung die wirkliche Berichtigung ihres Beitrages zu den Arbeiten und Kosten der Ausführung,
nach Verhältniß ihrer Autheile an dem gewonnenen Lande, hinzugekommen ist. Pr. des Obertr. v.
9. Nov. 1857 (Entsch. Bd. XXXVII, S. 71).
20e) (3. A.) Vergl. die Anm. 58 zu §S. 234, Th. 11, Tit. 15.