Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Erwerbung des Eigenthums. 517 
§. 520. Wenn jedoch ein solcher Abwesender (§§. 518, 519) während der Dauer 
seines auswärtigen Dienstes, auch nur auf eine Zeit lang 740) in seine Heimath, oder 
die Provinz, wo das Giuumdstück gelegen ist, zurückkehrt; so kann während dieser Zeit 
die Verjährung wider ihn ihren Anfang nehmen. 
8. 521. Zum Nachtheile eines Gutseigenthümers kann keine Verjährung gegen 
dessen Pächter 75), wohl aber gegen den Verwalter?5) angefangen ?") werden. 
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gezende Ebwesene. gedacht. Wer als Beamter an dem Orte wohnt, wo er z. B. als Richter an- 
gen ist, und in einem anderen Landestheile ein Grundstück besitzt, kann sich gegen den Anfang der 
rjährung auf diese Bestimmung nicht berufen. Die Bestimmung des §. 519 ist nur in dieser Be- 
schränkung erst bei der rev. monitor. hinzugekommen, in Folge eines Monitums: in wiesern Kriegs= 
unruhen ür diesenigen Civil= oder Militärpersonen, die sich in dem Falle der Abwesenheit befinden, 
als ein Hinderniß anzusehen seien. Suarez bemerkte dazu, daß die Abwesenheit wohl nicht auf sol- 
che, die nur in einer anderen königlichen Provinz sich befinden, oder in ihren Privatangelegenheiten 
reisen, extendirt werden könne, da beide ihre Angelegenheiten durch mandatarios besorgen könnten und 
müßten. Es wurde konkludirt: „Außerhalb der Provinz rei publicae cau.“ Simon, Material., 
S. 519 ad 4. Die Anwendung dieser Bestinmung wird doch zweifelhaft in dem Falle, wo ein Beam 
ter in einer anderen Provinz, als in welcher er sein Domizil hat, ein Grundstück besitzt und im 
Dienste des Staats in einer dritten Provinz vorübergehend beschäftigt wird. Daran hat man bei die- 
ser Bestimmung wahrscheinlich nicht gedacht; man hat den Fall vorausgesetzt, wenn Jemand auf sei- 
nem Grimdstücke wohnt und in eine andere Provinz verschickt, also rei publicae causa davon (von 
seinem Wohusitgze) abwesend sein muß. Auf jenen Fall wird die Bestimmung nicht anzuwenden sein, 
denn ein solcher Grundbesitzer, welcher in einer anderen Provinz wirklich wohnt, ist im juristischen 
Sinne nicht abwesend se Abwesenheit bezieht sich uuf das räumliche Verhältniß der Person zu ihrem 
Wohnsitze) und muß „seine Angelegenheiten (in Beziehung auf das entlegene Grundstück) durch man- 
datarios besorgen.“. Doch ist anzukennen, daß der folgende §. 520 die Sache dadurch wieder zweifel- 
haft macht, daß die Heimath (Wohnsitz) und die Provinz, wo das Gruigstück gelegen ist, nebeueiu- 
ander gestellt werden. (4. A.) Auch das Obertr. erklärt in dem Erk. v. 17. Junui 1861 (Entsch. 
Bd. XI.V, S. 90) die Auslegung, das Gesetz setze vorans, daß der Eigenthümer des Grundstückes 
auch in der Provinz, wo es liege, einen Wohnsitz habe, von welchem er num zeitweise im Staats- 
dunste entsernt lebe, da auch in dem folgenden §. 520 von dem „Zurückkehrc eines Abwesenden 
die Rede sei, — für bedenklich und widerlegt dieselbe theils durch Wortdentung, theils dadurch, daß 
das vermeintliche Motiv für das dem Grundstücksbesitzer im §. 519 ertheilte bene#fckum nur in der 
Emsernung vom Grundstücke, nicht von einem gewissen Wohnsitze, galefen werden dürfe. — Aber wenn 
mu hierin das Motiv zu sehen wäre, so könnte es doch unmöglich auf die Abwesenheit aus der Pro- 
vinz ankommen; von dem Grundsticke abwesend sein kann man auch in derselben Provinz und zwar 
in einem viel größeren Maße als wenn man üÜber die vielleicht unmittelbar anstoßende Grenze geht. 
Jedenfalls sind die beiden §8. 519, 520 nicht befriedigend zu erklären. Vergl. die folg. Anm. 24 „. 
24 8à) Der §. 519 bezieht sich nicht nur auf die Verjährung durch Besitz, sondern auch auf die 
Exinktivverjährung. Pr. des Obertr. vom 30. Januar 1854 (Entsch. Bd. XXVII. S. 318 und Arch. 
f. Rechtsf. Bd. XI, S. 285). 
24b) (3. A.) Die Worte „eine Zeit lang“ setzen nach einer Anslegung einen Anfenthalt voraus, der 
laug genug ist, damit der Zurückgekehte sich von den Verhältnissen des Grundstücks habe unterrichten 
und das Nöthige zur Abvendung. er Verjährung ergreisen können. Das Obertr. hat jedoch in dem an- 
gef. Erk. (Anm. 24 a. E.) der Deutung den Vorzug gegeben, wonach zum Begiune der Verjährung die 
einmalige Anwesenheit der betroffenen Person in der Provinz genüge, möge auch der Aufenthalt noch 
so kurze Zeit gewährt haben. (Entsch, des Obertr. Bd. XI.V. S. 91.) Diese Deutung führt in 
logisch richtiger Folgerung zu der Unzuträglichkeit, daß, wenn der Eigenthümer des Grundstücks bei 
einer Durchreise durch die Provinz sich Nachts eine viertel Stunde im Wartesaal eines Bahnhofs auf 
ält, um den dort stattfindenden Wagenwechsel abzuwarten, dieser augenblickliche m*i’- gleich: 
alls zum Beginne der Verjährung gegen ihn genügen müßte. Dennoch hat diese Deutung nicht we 
niger Berechtigung als jene, da, wenn sie zur Ungereiintheit führt, jene eine schrankenlose Willkür des 
Richters bei Bestimmung der erforderlichen Zeit in jedem einzelnen Falle zmu Schlußpunkte hat. Beide 
Deuungen sind deshalb unannehmbar und durch den dabei aufgewendeten Scharffinn ist weiter nichts 
als der Beweis gewonnen, daß die Bestimmungen der 88. 519, 520, wie alle vom Gesetzgeber aus- 
gedachte und erfundene Satzungen, für das praktische Rechtsleben unbrauchbar sind. 
25) Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Pächter das Gut selbst (das ganze Gut) gepachtet hat, 
und ist danu nicht auwendbar, wenn nur einzelue Pertinenzien oder Gerechtsame desselben gepachtet 
worden sind. Pr. 1424, v. 11. c 1844. Wieder angewender in der Entsch. vom 9. Nov. 1847 
(Rechtsf. Bd. III, S. 108). (4. A. Später, in einem Erk. vom 16. Jannar 1851 (Arch. f. Rechtef. 
RBd. 1, S. 192), berichtigt sich das Obertribunal dahin, daß die Anwendung des §. 521 nicht unbe-
	        
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