Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

544 Erster Theil. Neunter Titel. 
§. 558. Auch wenn ihm das eingeklagte Recht durch ein rechtskräftiges Urtel?7) 
wirklich zuerkannt worden, kann dennoch eine neue 8) Verjährung durch chtgebrauch 
wider ihn anfangen ?4). 
§. 559. Der Anfang dieser neuen Verjährung ist bei Zahlungen oder Prästa- 
tionen, die zu einer gewissen Zeit, oder bei einer gewissen Gelegenheit geleistet werden 
sollen, der Tag. wo die Zahlung oder Prästation zum ersten Male fällig war. 
§. 560. Bei andern Rechten?5) nimmt die neue Verjährung erst nach einem Jahre, 
von dem Tage an, da das Urtel rechtskräftig geworden ist, ihren Anfang 755). 
S. 444, II, Nr. 3 aus: Wenn der Anspruch des Klägers völlig abgewiesen wird, demungeachtet 
aber ein anderer Anspruch noch übrig ist, der zwar in der Begründung sich umerscheidet, in dem we- 
sentlichen Zwecke aber mit dem zurückgewiesenen übereinstimmt, so wird die Verjährung jortlaufend 
gerechnet. Doch aber — sügt er bei — so, daß die Zeit, welche durch die erste Klage versplinert 
worden ist, nicht in Anrechnung kommt, weil die L. 16 C. de inoff. testam. (III, 28) verordne, daß 
für denjeuigen, der zuerst den seinen Pflichetheil verletzenden letzten Willen geradezu jedoch erfolglos 
als nichtig oder untergeschoben angesochten habe, der hierdurch bewirkte Zeitverlust keine Verkürgung 
an der zur Anstellung der ivofklciosi querels eingeräumten Zeit zur Folge haben soll. Das Gleiche 
soll nach seiner Ansicht gelten, wo zunächst bloß der Besitz einer Sache zum Gegenstande der abgewie- 
senen Klage gemacht worden und demnächst das s. g. Petitorium angeseellr ist. Die Zulässigkeit der 
Analogie jener L. 16 in diesem Falle wie in anderen öhnlichen Fällen ist zu bezweiseln und im preu- 
ßischen Rechte fehlt auch jene Verordnung, so daß selbst deren analoge Anwendung unmöglich ist. 
Hinsichtlich der Possessorieuklage ist man gemeinrechtlich auch nicht einig, nach der Meinung Einiger 
soll dieselbe, wenn sie auch abgewiesen wird, (denn siegt der Kläger, "6 trin ja in Foige der Enrrfa- 
tion usurpatio naturalis ein), die Usukapion unterbrochen haben. M. s. Donell, Comment. jur. 
eiv. V, 21; Kind, Quaseet. ##r. III, c. 32; Wening v. Ingenheim, 1II, 5. 52. Die Frage 
erfordert eine besondere Erorterung. Die Praxis des Obertribunals ist mit dem A. L. R. im Einver- 
stäandniß. „Es versteht sich von selbst“ — sagt dasselbe —, „daß in beiden Fällen (Anmeldung der 
Kioge bei der Extinktivverjährung und Insinuation bei der Alquisitivverjährung) eine in früheren 
Akten enthaltene Anmeldung oder Verfolgung einer Klage die Verjährung in Berreff eines ganz an- 
deren Anspruchs nicht unterbrechen kann.“ Erk. vom 11. Mai 1863 (Entisch. Bd. LlI, S. 59). 
(4. A.) Der §. 557 setzt eine definitive Abweisung oder mindesteus eine Abweisung in der ange- 
brachten Art voraus und findet auf den Fall der Abweisung zur Zeit keine Anwendung. Erk. des 
Obertr. vom 24. September 1862 (Archiv f. Rechtsf. Bd. XLVI, S. 234). 
92) Eine im Konkurse ergangene Klassisikatoria hat gegen den Gemeinschuldner selbst nicht die 
Wirkung eines rechtekrästigen Urtels, und unterbricht gegen ihn auch nicht den Lauf der Verjährung. 
Pr. des Obertr. 1845, vom 15. März 1847 (Entsch. Bd. XIV, S. 218). Ist nach neuem Kon- 
kurerechte nicht mehr praktisch, da die Klassifikatoria abgeschafft ist. Ein gerichtlicher Vergleich über 
rechtshöngige Sachen hat in dieser Hinsicht nicht gleiche Wirkung, er hat nur die Wirkung eines An- 
etenmut s in Betreff der Verjährung. Vergl. Eutsch. d. Obertr. Bd. XVIII, S. 177, und o. die 
nm. 74. 
93) Diese dauert in allen Fällen 30 Jahre. G. v. 31. März 1838, F. 10 und Pr. des Obertr. 
1905 o. in der Anm. 73. (4. A.) Vergl. Erk. vom 28. Jan. 1859 (Arch. für Rechtsf. Bd. XXNXII, 
S. 176) und vom 8. September 1862 (ebd. Bd. XI.V., S. 327). Auch zu der neuen Verjährung 
rechtskräftig zuerkannter Rückstände an Konventionalzinsen ist der Ablauf einer 30jährigen, nicht aber 
einer nur zehnjährigen (Tit. 11, §. 849) Frist erforderlich. Der H. 849, Tit. 11 ist gänzlich beseirigt. 
Erk. des Obertr. vom 8. September 1862 (Cntsch. Bd. XLVIII, S. 75). Ebenso zur Verjährung 
zuerkaonnter Wechselforderungen. Anm. 744, Abf. 3. 
94) Im ersten Entwurfe war die entgegengesetzte Bestimmung vorgeschlagen. Dagegen protestinten 
sämmtliche Monenten und Suarez trat ihnen quosd pr. extinctivam bei. Bei der pr. scquisitiva. 
wollte er einen Unterschied machen. Derjenige, gegen welchen das judicatum ergangen, könne dagegen 
nicht präsfribiren, weil er einmal in malam öchem versetzt worden. Simon, Material. S. 470, 
Nr. II. Daraus ist der §. 558 und der sich auf die Verjährung durch Besitz beziehende, den entge- 
gengesetzten Grundsatz aussprechende §. 592 hervorgegangen. Damals dachte man noch nicht an die 
# 568, 569. Diese passen dazu nicht. 
95) Auch bei Zahlungen, wenn in dem Urtel keine Zahlungszeit befimmt ist. So ist es nach 
den Materialien gemeint. Der erste Entwurf hatte an Stelle dee §. 558 eine entgegengesetzte Be- 
stimmung. Darauf folgte die dem K. 559 entsprechende Bestimmung, welche so lautete: „Sie tritt 
ein, wenn auf Zahlungen oder Prästationen erkaunt worden, welche zu einer gewissen Zeit, oder bei 
einer gewissen Gelegenheit geleistet werden sollen, und zwar von der Zeit an, da sie sällig waren.“ 
Suarez wmidersprach dem Vorschlage der Unverjährdarkeit (s. die vor. Anm.) und fügte bei: „Ge- 
setzt es wäre erkannt: Cajus solle Titio 100 bezahlen, und in der formule sententiae Märe just das 
 
	        
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