Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Erwerbung des Eigenthums. 543 
schung dieser Kompetenz an, in Ansehung der Verjährung, die in den einzelnen Landestheilen 
geltenden Gesetze in Auwendung zu bringen sind. 
§. 555. So lange aber die Sache nur durch die Schuld des Richters liegen bleibt, 
läuft keine Veriährung ?). 
§. 556. Wird der Kläger durch ein Dekret abgewiesen, und macht er von den 
dagegen zulässigen Rechtsmitteln binnen Dreißig Tagen keinen Gebrauch, so nimmt 
mit dem Ablaufe dieser Frist die neue 0) Verjährung wider ihn den Anfang. 
§. 557. Hat er ein wirkliches Erkenntniß, wodurch er abgewiesen worden, rechts- 
kräftig werden lassen, so hat es dabei lediglich sein Bewenden?). 
  
1) in Betreff derjenigen Landestheile, in welchen das L. R. und das Gem. Recht gilt und welche zu 
einem Staate des vormaligen Rheinbundes gehört haben, der 1. August 1806, als der Tag, an 
welchem der Reiche versammlung der Abschluß der rheinischen Kouföderationeakte und der Austritt jener 
Stoaten aus dem Reichsverbande notifizirt worden ist; insofern aber der Staat dem Rheinbunde spä- 
ter beigerreten ist, der Tag des erfolgten Beitrins; 2) in Betreff der übrigen Landestheile des A. L.R. 
und des G. R. der 12. Juli 1807, als der Tag, an welchem die Ratifikationeurkunden über den 
Tilsiter Friedeneschluß ausgefertigt worden sind; 3) in Anichung der Rheinprovinzen, soweit das 
franz. R. gilt, der 9. März 1801, als der Tag, an welchem der am 9. Febr. 1801 unterzeichnete 
Lünediller Friede welcher diese Landeetheile des linken Rheinusers von Demtschland trennte, von 
Seiten des Reiches ratifizirt worden ist. (J. M. Bl. 1839, S. 287.) — Auf die in manchen Lan- 
destheilen, namentlich auch im Fürstenthume Münker, sowie den Übrigen durch den Reiche = Deputa- 
tions = Hauptschiuß vom 25. Februar 1803 an Preußen abgetretenen Entschädigungsländern schou vor 
Errichtung des Rheinbundes oder vor dem Abschlusse des Tilsin#r Friedens vorhanden gewesenen Prl- 
vilegin de non appellando ist deshalb keine Rücksicht genommen worden, weil die Reichsgerichte den- 
selben niemals rückwirkende Kraft beigelegt, sich vieimehr in den dainals anhängig gwee Sachen 
sortwährend für kompetent erachtet haben. R. v. 26. September 1839. (J.M. Bi. S. 330.) 
89) Hierzu hatien einige Monenten bemerkt, daß die Negligenz des Richters der Negligenz des 
Klägers nicht patroziniren könne, solglich, weun dieser die Sache bei dem Richter zu urgiren unter- 
lasse, eine neue Prästription wider ihn anfange. Suarez fand dies ganz richtig und schlug eine 
entsprechende Bestimmung vor. Es wurde jedoch konkludirt, daß es bei dem §. 555 verbleiben solle. 
Simon, Material. S. 528, Nr. 3. Der §. 555 hat den von mehreren gemeinrechtlichen Schrift- 
stellern vertheidigten Grundsatz aufgenommen: quod praeseriptlo qusdragenarla allegari neqult, si 
non penes HMigantes, sed judichum stetit, quc minus litem prosequeretur. Boehmer, Consult. 
et decis. Tom. I, dec. 930, no. 6, 10 und 11. 
90) Hier ist unter der neuen Verjährung die Klageverjährung verstanden, wie aus den Materia- 
lien zu entnehmen. Einige Monenten hauen erinnert, daß, wenn der Kläger abgewiesen werde, die 
Verjährung für nicht unterbrochen zu achten. Suarez bemerkte darauf: „Wird der Kiäger abgewie- 
sen, so geschieht solches entweder per decretum, oder per sententism. Letzteren Falles ist von keiner 
Präskription mehr die Frage, weil der Kläger alsdann ein judienlum wider sich hat. Geschieht aber 
die Abweisung bloß per deeretum, so fteht dem Kläger der Rekurs dagegen an die höhere Behörde 
offen. Vernachlässigt er diesen, so ist er von neuem negligens, folglich kann auch die neue pr. exline- 
tive wider ihn anfangen.“ Simon, Material. S. 627, 528. Hierauf wurden die 88. 556 und 
557 hinzugefügt. Die Abweisung prr decretum hindert mithin die Wiederholung der Klage nicht; 
die Sache erlangt dadurch kein Ende. 
91) D. h. es kann auf eine Verjährung nicht weiter mehr ankommen. S. die vor. Anm. 90. 
Nach Suarez'“' Ansicht müßte ein abweisendes Erkenntniß, sei es gesaßt wie immer — auch wenn 
es angebrachtermaßen abweist — die Erneuerung desselben Anspruchs allemal ausschließen. 
Denn er meinte, die Frage: ob die Verjährung unterbrochen sei, wenn der Ke nur angebrachter- 
maßen abgewiesen worden, konne bei une nicht vorkommen, weil unsere Pr.-O. dergleichen Abwei- 
sungen nicht keunne. Simon, Material. S. 543, Nr. 5. Die Praxis hat sich jedoch anders ge- 
staltet. Ucber die Wirkung einer mrrichtig begründeten Klage in Beziehung auf die Verjährung der 
richtigen Klage ist man nicht einerlei Meinung. Man hat gesagt, daß auch die Berjährung der rich- 
tigen Kliage durch die angebrachtermaßen abfewiesene Klage unterbrochen worden sei, weil der Kläger 
doch immer aufgehört habe neuligens zu sein. Dies ist jedoch nicht juristisch. Wenn Jemand 100 
aus einem Kaufe zu sordern hat und er klagt wegen 100 aus einem Darlehn, so kaun die Verjäh- 
rung der nicht gebrauchten actio emti vendlü unmoglich durch die ungegründete condletio ox mutuo 
unterbrochen werden. Bielmehr tritt hier die Bestimmung des §. 557 ein: es hat bei der Abwei- 
sung, nämlich der Darlehnsklage, sein Bewenden; andere Klagerechte, die der Kläger enwa soust noch 
bat, werden dadurch gar nicht betroffen. (5. A.) Dies wird auch nach den Grundsätzen des Gemei- 
nen Reches angenommen. Unter Anderem führt Unter holzuer, Verjährungslehre Bd. 1, §5. 125,
	        
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