I. Von den Gesetzen überhaupt. 47
Verjährung einer gegen ihn eingeklagten Schuld im Allgemeinen nach den im ordentlichen persönlichen
Gerichtsstande des Berkl. geltenden Gesetzen auch dann zu beurtheilen ist, wenn derselbe nach Kontra-
dirung der Schuld seinen personlichen Gerichtestand verändert hat, findet dann keine Auwendung, wenn
der Kläger nach den an seinem Wohusitze geltenden Gesectzen sein Klagerecht durch Verjährung bereits
derloren hatte, ehe die Wohnsitzveränderung des Berkl. ersolgt war.“ Erk. v. 19. Juli 1854, Entsch.
Bd. XXVIII. S. 70. Die Ausnahme ist ebenso willkürlich wie die Regel, und noch unlogischer, in-
dem auch das Recht an dem Wohnorte des Klägers als Faktor eingemengt wird.) d) Eine richtige
Auffassung und Ansicht bekundet das Obertr. in dem Urtheile v. 26. Sepk. 1849 (Entsch. Bd. XVIII,
S. 147.) Zwei Preußen schlossen auf einem Markte in Sachsen einen Kauf über ein Pferd und er-
füllten auf der Stelle von beiden Seiten. Später entstand daraus ein Prozeß wegen physischer Män-
gel. Das Obertr. nahm an, daß dieser Fall der ädilitischen Klage, nach deim Rechte des Ortes, wo
der Handel geschlossen und vollzogen worden, beurtheilt werden müsse. Deun „wo nicht ein positives
Gesehh von zwingender Natur eingreist, kommt es vermöge des gegenseitigen Anerkenntnisses des Rechts-
Wtandes anderer Staaten immer auf den eigentlichen Sitz eines Rechtsverhältnisses an.“ (4. A.
iese seine Ansicht hat das Obertr. jedoch wieder verworfen. Denn in dem Erk. v. 15. Dez 1859
t es, unter Verweisung auf seiue Ausführungen in den Eutsch. Bd. X, S. 103, Bd. X1I, S. 232,
d. XXVIII, S. 73, insbesondere in dem Erk. v. 14. Febr. 1854 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XII. S. 135),
ausgesprochen: Es sei nach preuß. Rechte nicht anzuerkennen, daß die Frage nach der Dauer der Klag-
barkeit vertragsmäßiger Forderungen unabhängig von dem Wohnungswechsel der Parteien auf Grund
derjeuigen Gescogebung zu entscheiden sei, nach welcher der Vertrag selbst zu beurtheilen ist; es sei auf
die Geseze des setzigen Wohnsitzes des Beklagten zu sehen. [Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXVI, S. 91.
In jenem in Bezug genommenen Urtel vom 14. Fedr. 1854 ist ausgesprochen: „Ein Inläuder, wel-
cher nach Kontrahtrung einer Schuldverbindlichken seinen Wohnsitz in das Ausland verlegt, sodann
wieder in dem Inlaude genommen hat, und nunmehr hier wegen jener Verbindlichkeit gerichtlich in
Anspruch genommen wird, konne sich auf die kürzere inländische Verjahrung dann nicht berusen, wenn
die kurze Verjährungsfrist dloß wahrend seines Domizilirens in dem Auslaude, welches eine längere
Verjährungsfrist erfordert, abgelausen ist. — Hierin ist Logik weder nach dem einen noch nach dem
anderen Prinzip zu sinden. Zu dem gezogenen Schlusse läßt sich nur mittelst einer anzunchmenden
Umerbrechung der Verjährung gelangen, davon kommt jedoch in der Ausführung nichts vor. — Die
jener, hier als die richtige vertretenen, Ansicht in Betreff der rechtlichen Natur der Verjährungsgesetze
gegenüber stehende Meinung itt die, daß die Bestimmungen Über die Verjährung dem materiellen Rechte
augehören, folglich die Klagverjährung mit den Obligationen im Zusammenhange stehe, und daher nach
demjenigen Rechte zu beurtheilen sei, nach welchei die Obligatin überhaupt beurtheilt werden muß.
Desse Ausiche ist in der neueren Zeit fast allgemcin für die richtige erkannt worden. M. (. darllber
die Entsch. der Fakultäten zu Jena und Göningen und des Lüdecker Oberappellationsgerichts, vom
19. Ott. 1855 und v. 31. Januar 1856 [Siebenhaar, Alchiv für deutsches Wechselrecht, Bd. VI.
S. 279 und 293.] Dieses Recht ist das desjenigen Ortes, welcher der Sit des Rechteverhältnisses ist.
Das ist auch vom V. frheinischen) Senate des Obertr. in einer Emsch, v. 30. Oktober 1855 (Archiv
s. Rechisf. Bd. XIX. S. 60] dahin anerkanut worden, daß die Frage nach der Dauer der Klagbarkeit
der aus dem Vertrage entstehenden Forderungen — unabhängig von dem Wechsel des Wohnsitzes der
Rarteien – der Gesetzgebung unterworsen sei, welche hinsichtlich des Vertrages überhaupt zur Anwen-
dung kommt.
9 Wercher Ort als der Sitz eines Rechtsverhältnisses anzuschen sei, darüber muß bei Verträgen
baupesächlich die freiwillige Unterwerfung der Kontrahenten entscheiden. Diese wird in Ansehung der
Wirkung des Venrages in der Regel da, wo der Vertrag seiue Wirkung äußern soll, angenommen
werden können. — Hier ist die beabsichtigte Wirkung sojort eingetreten, und wenn nun nachher aus
dem Vertrage ein Prozeß vor dem inländischen Richter entstcht, 8 kann dieser Umstand das im Aus-
lande einmal eingetretene materielle Recht nicht mehr ändern.“ Das sind die Gründe der richtigen
fast wöntlich aus v. Savigny BZd. VIII, der aber nicht citirt ist. Es kommt also nur noch
auf die richtige Anwendung bei der Verjahrung an. Ueber die richtige Lehre s. m. Wächter, über
die Kollision der Privatrechtsgesetze, im Archiv für civil. Praxis Bd. XXV. S. 408 ff.; Schäffner,
Enwickelung des internationalen Privatrechts (Frankfurt 1841), §. 37; v. Saviguy, System, VIII.
S. 274. rl*7 vormalige Revisionshof zu Berlin hat den richtigen Grundsatz anerkannt in einem Ur-
theile von 1843 (Seuffert, Arch. Bd. 11, Nr. 120). Eine Ausnahme von der Regel, daß die Gel-
tung eines Anspruchs nach dem Nechte am Sitze des Rechtsverhältnisses zu beurtheilen, wird hinsicht-
lich der positiven zwingenden Gesete behauptet, welche an dem Orte der Klage nicht gelten: diese in-
dern dann den Richter nicht, nach Reckorgrundsäen abgesehen von jenen positiven, gebietenden Vor-
schriften, zu urtheilen. v. Savigny VIII, 276 ff. 4. Die Wirkung einer Verbindlichkeit und der
Umfang der Wirkung sind gleichfalls nach dem Rechte des Orts, welcher als Sitz des Rechtsverhält-
nisses auzunehmen . zu beurtheilen. Auch hierin ist die Praxis unklar, schwankend, sich selbst wider-
sprechend. Das Pr. des Obertr. 903, vom 25. Juli 1840, sagt: „Die durch einen Kontrakt begrün-
deten Rechte und Pflichten müssen jedensalls nach den Gesetzen des Orts, wo der Kontrakt ge-
schlossen ist, beurtheilt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Kontrahenten an eben dem Orte, oder