552 Erster Theil. Neunter Titel.
§. 571. Dagegen kann von mehreren in sich verschiedenen, obgleich aus einerlei
Rechtsgrunde entspringenden Befugnissen, die eine durch Verjährung erlöschen, wenn
gleich "e andere durch fortgesetzte Ausübung erhalten wird?).
S§. 572. Kann ein Recht auf mancherlei Art ausgeübt werden, so wird der Be-
sitzer desselben dadurch, daß er sich bisher nur Einer Art der Ausübung bedient hat, in
seinem Rechte nicht eingeschränkt 10).
8. 573. Ein Recht in 11) einem fremden Grundstücke geht, in Ansehung des
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S. o. die Anm. 97 a. E. zu §. 562 d. T. — (3. A.) „Die durch Zahlung der Zinsen einer Kapitals-
schuld erfolgende Unterbrechung der angefangenen Extinktivverjährung ist durch die wirkliche Leistung
der Jahlung an den Berechtigten bedingt und tritt daher in dem Falle nicht ein, wo nur die Pflicht
des Schuldners zur Zinsenzahlung aus einem besonderen Rechtsgrunde, z. B. wegen eines demselben
zeitweise angefallenen Nießbrauchsrechts an jenem Kapitale, eine Zeit lang geruhet hat.“ Zus. Nr. 2
zum Pr. 2531 v. 14. Juni 1854 (Entsch. Bd. XXVIII, S. 76). Die Verjährung ruht auch nicht
während dieser Zeit, nach den Grundsätzen des A. L.R.; denn das A. L. R. kennt ein solches Ruhen
der nerläe nicht, mit einer einzigen Ausnahme, worüber: oben §. 529 und die Anmerk. 34 dazn.
— Auch fängt die Verjährung durch Nichtgebrauch nicht an, so lange der Berechtigte die für das
Recht übernommene Verbindlichkeit seinerseits erfüllt. Tit. 19, §. 32. Wenn z. B. einem Erbpächter
gegen Entrichtung des Erdpachtzinses eine fortdauernde Gegenleistung an Holz zugesagt worden, dem-
nächst aber der Forst von dem Gule des Erbpächters getremm wird, so ist der Erbpächter gleichwohl
von demienigen, welchem der Kanon gezaher werden muß, das Holz zu fordern berechtigt, indem durch
die Wl des Kanons jede Extinktivverjährung ausgeschlossen wird, weinn auch der Erbpächter in-
zwischen seit rechtsverjährter Zeit das Holz in einem anderen, außerhalb des Guts gelegenen Forste
angewiesen erhalten und angenommen haben sollte. Pr. des Obertr. 1783, vom 21. Sept. 1846.
Aber die Verjährung durch Nichtgebrauch wird dadurch nicht gehindert, daß der Berechtigte seine Ver-
bindlichkeit aus dem Vertragze, wodurch eine Holrzgerechtigkeit konstituirt worden, erfüllt hat, wenn die
erfüllte Verbindlichkeit mit dem nicht ausgeübten Rechte nicht in einer solchen
Bejiehung steht, daß sie als Gegenleistung für das nicht ausgeübte Recht klar
hervortrikt. Pr. des Obertr. v. 1848, Nr. II (Entsch. Bd. XVII. S. 284). #
Der Satz des §. 570 ist übrigens mit Vorsicht anzuwenden, denn er hat keine unbedingte und
allgemeine Geltung, uamentlich kann er nicht angewendet werden auf den Fall, wenn ein gleichartiger,
quantitativer Theil eines Rechtes nicht ansgellbt wird, J. B. weun Jemand einen jährlichen Zins von
55 zu fordern hat und durch rechtsverjährte Zeit ohne Vorbehalt 10 annimmt. Th. I1, Tit. 7, §. 494;
it. 11, §. 871.
Wenn die Schäfereigerechtigkeit als ein Vorrecht der Gutsherrschaft angesehen werden muß, kann
sie durch Nichtgebrauch auch in Ansehung einzelner Grundstücke nur dann erlöschen, wenn die Guts-
herrschaft rechteverjährte Zeit hindurch die Schafhütung überhaupt auf der Feldmark nicht ausgeübt
hat. Pr. des Obertr. 1059, bom 22. Okt. 1841. Vergl. S. 573.
9) Die Fassung ist unbestimmt; man kann sich vielerlei dabei denken. So hat man gefragt, ob
das Eigenthum als „einerlei Rechtsgrund“ zu betrachten, aus welchem mehrere Befugnisse entspringen.
Das wäre keineswegs widersinnig, nur ist das Eigenthum hier ausgeschlossen durch die Bestimmung
des §. 504 d. T. Ein hierher pastendes Beispiel ist die mannigsache Wegegerechtigkeit. Von derselben
kann die Befugniß zu fahren durch Nichtgebrauch erlöschen, während die geringeren Besugnisse erhal-
ten werden. — Die durch einen Vertrag konstituirten Grundgerechtigkeiten am Bauholz, Brennholz
und Zaunstrauch sind nicht Theile Einer Holzgerechtigkeit, soudern selbstständige Befugnisse. Die Aus-
übung der einen Gerechtigkeit erhält daher nicht die anderen, vielmehr kann die eine durch Nichtge-
brauc erlöschen, während die andere durch den fortgesetzten Gebrauch erhalten wird. Pr. des Obertr.
von 1848, Nr. I (Eutsch. Bd. XVII, S. 283).
10) Anwendungen: Th. II, Tit. 11, §. 923, 935.
11) Dabei hat man an Grundgerechtigkeiten (Servituten) gedacht. Die Fassung kommt von
Scherer. Die sog. Klein'schen Materiallen hatten folgende Säße: §. 930. Sollen erworbene
Dienstbarkeiten durch den bloßen Nichtgebrauch verloren gehen, so ist dazu ein 30jähriger Fet
raum erforderlich. 8. 9/31. Wird sie auch nur zum Theile — ausgelbt, so wird das ganze Recht
erhalten. Simon a. a. O. S. 444. Der erste Entwurf dagegen enthielt an der entsprechenden
Stelle die entgegengesetzte Bestimmung. §. 30: Jedesmal geht nur derjenige Theil des Rechte, dessen
Ausübung vernachlassigt worden, durch Verjährung verloren. Scherer erinnerte dagegen: „Statt
des §. 30 würde ich setzen: Durch den Nichtgebrauch eines Rechts in einem fremden Grumstücke geht
das Recht, in Ansehung des ganzen Eruny#t#ke, dadurch nicht verloren, daß die Auslibung desselben
nur auf einem Theile desselben geschehen.“ Snarez aber war damit nicht einverstanden. „Gesetzt.“
sagt er, „ich habe das Hütungsrecht auf dem ganzen Gute des Titius, ich Üübe solches aber immer nur
über einen gewissen Theil aus; kann ich nach 30 Jahren wieder das ganze Gut behllten? Man sagt: