Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

48 Einleitung. 
anderswo, ihren persönlichen Gerichtsstand haben.“ Darnach will man also jedenfalls auf den 
Ort der Kontraktsschließung sehen, abgesehen davon, daß mit den „Rechten und Pflichten“ viele Fragen 
gar nicht getroffen werden. Das Pr. 1895, v. 16. August 1847 lenkt davon ab; es sagt: „Wenn 
von zwei Inländern ein Kontrakt, der im Inlande in Wirkung treten soll, im Auslande geschlossen ist, 
so tritt für die Frage: was Rechtens sei, wenn der Kontrakt unerfüllt geblieben, wosern in dem Kon- 
trakte selbst darüber nichts bestimmt ist, die iuländische Gesetzgebung in Wirkung.“ Hierin wird nun 
unächst die Willkür der Parteien (freiwillige Unterwerfung) anerkannt. Dann will man auf den Ort 
neten, wo der Kontrakt in Wirkung treten (erfüllt werden?) soll. Damit hat man sich der richtigen 
Lehre genähert. Entschieden und theils mit den eigenen Worten des Hauptvertreters dieser Lehre aus- 
esprochen findet sie sich in den Entscheidungsgründen des Urrels v. 26. Sept. 1849. (8. die vorige 
giher 3, lit d.) (3. A.) Kaum zweifelhaft ist der Fall, wenn der Vertrag zwar an einem anderen 
rice, als wo er geschlossen worden, eine vollständige Erfüllung finden soll, an beiden Orten aber das 
nämliche Recht gilt, z. B., wenn eine preußische Eisendahn-Gesellschaft von einer ausländischen Güter 
zum Weitertrausport und zur Ablieferung wieder an cine ausländische Übernimmt. Dieser Fall hat 
das Pr. 2403, v. 12. Okt. 1852 veranlaßt: „Das kontraktliche Verhältniß einer ausschließlich preußi- 
schen Eisenbahngesellschaft, welche Güter zur Weiterbeförderung übernommen hat, die ciner auswärtigen 
Seen ausgegeben waren, und durch eine auswärtige Eisenbahn weiter transportirt werden sollen, 
dem Absender gegenüber, richtet sich nach den preußischen Gesetzen.“ (Eutsch. Bd. XXIV, S. 21.) In 
Frage ist auch gekommen, welche Gesetze (Rechte), wenn dic an dem Erfüllungsorte eines Zeitkaufge- 
schäfts, welches erst nach stangehabter Eröfnung des Konkurses Über das Vermögen des Verkäufers zu 
ersüllen war, geltenden Gesetze mit den am Orte des Konkurses geltenden in Kollision kommen, für 
die Frage maßgebend seien: ob und in welchem Umfange im Konkurse des Verkäusers wegen unter- 
bliebener Erfüllung Entschädigung liqnidirt werden konne. Das Obertr. (IV. S.) hat zutreffend für 
das Recht des Wohnortes des Verkäufers (Schuldners) entschieden, ungeachtet die Erfüllung (Tiescrung) 
an cinem anderen Ortc, wo abweichendes Recht gilt, geschehen sollte. Erk. v. 16. Febr. 1858 (Encck. 
Bd. XXXVIII, S. 1). Denn dasjenige Rechtsverhältniß, aus welchem diese Frage zu entscheiden, ist 
nicht jener Kauf-(Lieserungs-) Kontrakt, der allerdings den Verkäufer zur Schadloshaltung des An- 
deren wegen Nichtersüllung verpflichtet; sondern es ist die zufällige Gemeinschaft, welche durch die Kon- 
kurseröffnung unter den onkureglönbigern emsteht: diese sind nicht schuldig, den Gemeinschuldner in 
der Verantwortlichkeit wegen Unmöglichkeit der Erfüllung einer Lieferung aus der Zeit nach Eröffnung 
des Konkurses zu repräsentiren und brauchen daher auch nicht den Entschädigungsanspruch, der erst in 
dieser Zeit (nach Eröffnung des Konkurses) zur Entstehung gekommen ist, bei der Masse liquidiren zu 
lassen. 5. Die positiven Formen der obligatorischen Verträge richten sich überhaupt nach dem Rechte 
des Ortes, wo die Oandlung vollzogen wird, zufolge der Regel: locus regit actum (I, 5, 85. 111 
und 148). Anerkannt durch das Pr. 352 8, v. 23. Sept. 1837: „Bei Berträgen, die zwischen Unter- 
thanen des pr. Staats in der Rheinprovinz errichtet worden sind, kommen in Bezug auf die zur 
Rechtsgültigkeit des Geschäfts erforderliche Form des Vertrags die Vorschriften des Code civil in An- 
wendung.“ Eine Ausnahme ist in Bezichung auf Grundstücke positiv vorgeschrieben. (ö. 115.) Alle 
Verträge Über Grundstücke, welche im Bereiche des L. R. liegen, müssen schriftlich abgefaßt werden, mö- 
gen sie ab#rschlossen ein, wo und von wem sie wollen. Den harmoni##t das Pr. 299, v. 28. Juli 
1837: „Bei einem Tauschgeschäfte über Grundstücke, von welchen eins im Auslande, das andere im 
Inlande belegen ist, müssen in Beziehung auf die Form des Vertrages die inländischen Gesetze des 
Orts, wo das letztere liegt, beobachtet werden, und es ist namentlich ein mündlich geschlossener Vertrag 
ohne rechtliche Folgen.“ II. Einseitige erlaubte Handlungen, aus welchen Obligationen ent- 
springen, sind, nach G. R., wie Verträge zu betrachten (L. 20 D. de jud. V, 1.) Diefer Behandlung 
steht nach pr. N. nichts entgegen, fie ! auch ohne Entbehrung eines sicheren Leitfadens nicht von der 
Hand zu weisen. 1. Die Erbschaftsantretung verändert an den dadurch Übernommenen Obligationen 
nichts, aber in Bezichung auf die durch diese Handlung neu begründeten Verbindlichkeiten, z. B. die 
der Verwaltung und Geschäftsführung der Benefizialerden, konumen die Regeln über Verträge (1) zur 
Anwendung. 2. Die besonderen Verpflichtungen, welche durch prozessualische Handlungen begründet 
werden, sind nach dem Rechte am Orte des ichtes erster Instanz zu beurtheilen, wenn später dar- 
über anderswo wieder Streit entsteht. Hinsichtlich des wichtigsten Falles, des rechtskräftigen Ur- 
theils und dessen Wirkungen, ist man inkonsequent. Gesetzlich anerkannt ist der Grundsatz in der 
Pr.-O. Tit. 24, §. 30 und in mehreren Staatsverträgen, wo es überall gleichlautend heißt: Art. 2. 
„Die in Civilsachen in dem einen Staate ergangenen und nach dessen Gesetzen vollstreckbaren richter- 
lichen Erkenntnisse 2c. — sollen — auch in dem anderen Staate — vollstreckt werden“ (actio judicati). 
Art. 3. „Ein rechtskräftiges Civilerkenntniß begründet vor den Gerichten des anderen der kontrahiren- 
den Staaten die Einrede der rechtekräftig entschiedenen Sache mit denselben Wirkungen, als 
wenn das Erkenntniß von einem Gerichte desjenigen Staates, in welchem die Einrede geltend gemacht 
wird, gesprochen wäre“ (exceptio rei judientae). Vertrag mit Braunschweig v. 1841 (G. S. 1842, 
S. 1). Darnach soll a) die Vollstreckbarkeit (actio zudicati) nach dem Landesrechte, unter welchem das 
Urtheil Eelprchen worden, beurtheilt, d. h. der Regel nachgegangen werden. Die Praxis der verschie- 
denen Gerichte ist nicht übereinstimmend, und das Obertr. spricht in dem Pr. vom 2. Dezember 1837 
 
	        
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