Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Erwerbung des Eigenthums. 559 
§. 600. Dagegen ist aber auch über jeden der vorbenannten beiden Zeitpunkte 
ein besonderer 3°), nach Vorschrift der Gesetze vollständig geführter, oder erfüllter, Be- 
weis erforderlich 27). 
§. 601. Was den Besitz unterbricht, das unterbricht auch die darauf sich grün- 
dende Verjährung 27°). (Tit. 7, §S. 111 saq.) 
S. 602. Hat jedoch Jemand den Besitz einer Sache, die er verlassen hatte, noch 
ehe dieselbe von einem Andern in Besitz genommen worden, wieder ergriffen, so wird 
die Zwischenzeit, wo die Sache in Niemands Besitz gewesen ist, von der Verjährungs- 
frist nicht abgerechnet 30). 
§. 603. Durch Anmeldung der Klage, oder durch Einlegung einer gerichtlichen 
Protestation "), wird die Versähung durch Besitz in sofern unterbrochen, als darauf 
eine Bekanntmachung an den Besitzer ?"“) erfolgt 0). 
—.— —. 
36) D. h. es darf von dem bewiesenen Ansange oder Ende nicht auf das Eine oder das Andere, 
ohne besonderen daranf gerichteten Beweis, geschlossen werden. Vor dem A. L. R. stritt man darüber. 
Der Entwurf enthielt darüber nichts. Einige Monenten erinnerten daran und wollten die streitige 
Frage entschieden wissen: ob der Anfang und das Ende der Besitzzeit per testes singulares erwiesen 
werden könne, oder jeder dieser Termine seine besonderen vollständigen Beweise erfordere. Letzteres, 
meint Suarez, ist wohl unbedenklich. Simon a. a. O. S. 509. Die Gegensätze sind etwas dun- 
kel ansgedrückt. Es soll aber der streitige Satz: olim possessor, hodie possessor, reprobirt werden. 
37) Wenn Über einen Theil der Verjährungszeit ein vollständig Kekührter. über einen anderen 
Theil nur ein unvollständiger Beweis vorhanden ist, so darf der zur Erfüllung des letzteren erforderliche 
nothwendige Eid sich nur auf den zweiten Theil der Verjährungsfrist, nicht auf den Zeitraum er- 
strecken, für welchen der volle Beweis geführt worden. Pr. des Obertr. 409, v. 26. Jannar 18388. 
— Der im angegebenen Falle erforderliche Eid darf auch auf den Anfang der Verjährungszeit beschränkt 
werden. Pr. des Obertr. 515, dom 3. Angust 1836. Nur versteht sich, daß immer ein Anfang von 
ausdrücklichem Beweise dafür vorhanden sein muß. Wenn z. B. durch Zengen vollständig bewiesen 
würde, daß der Besitz zur Anfangszeit (und auch später noch vielleicht bis nahe am Endtermine) vor- 
handen gewesen, über den Endpunkt aber gar kein Beweis beigebracht wäre, so darf darüber: daß 
der Verjährende am Endpunkte der Verjöhrungszeit wirklich im Besitze gewesen, kein Erfüllungseid 
auferlegt werden, denn der „besondere Beweis“ Über den Endpunkt sehlt gänzlich, und es gilt dafür 
keine Vermuthung: diese deschränkt sich eben nur auf die Zwischenzeit, wenn Ansang und Ende, je- 
des für sich, bewiesen ist. n 
37°) (3. A.) Durch das Patent v. 22. Mai 1815 wegen Einrichtung des Hypothekenwesens in 
den mit den preuß. Staaten wieder vereinigten Provinzen jenseits der Elbe und Weser u. s. w. ist 
der Lauf der Besitzverjährung eines Realrechts, welches zu seiner Erhaltung der Eintragung in das 
Hypothekenbuch bedürfen würde, unterbrochen worden. Pr. des Obertr. 2338, vom 18. Dezember 
1851 (Entsch. Bd. XXII. S. 15). Weil ein solches Recht ohne Eintragung von dem Gesetze nicht 
anerkannt wird, folglich auch nicht mehr Gegenstand des juristischen Besitzes Hen kann. Dies ist der 
allein juristische und zureichende Grund, weedalb die Berkündung des Patents eine Unterbrechung 
des Besitzes enthält. Die wortreichen Gründe des Obertr. enthalten nichts Juristisches. 
(t. A.) Die hinsichtlich einzelner Bestandtheile eines Gutes von dem Gutseigenthümer geschehene 
freie und willkürliche Ansübung seiner Eigenthumsrechte unterbricht den auf das ganze Gut sich er- 
streckenden Verjährungsbesitz des Dritten auch rücksichtlich derjenigen Bestandtheile des Gmes, auf welche 
jene Ausübung der Rechte des Eigenthümers sich nicht bezogen hat. Erk. des Obertr. v. 2. Februar 
1852 (Arch. f. Rechtss. Bd. IV, S. 323). 
38) Die Bestimmung bezieht sich auf den höchst seltenen Fall der Dereliktion. Snarecz sagt: 
„Wenn Jemand eine Sache verliert und hernach wiederfindet, so ist dadurch die Verjährung nicht un- 
terbrochen worden, weil er in diesem Falle possessionem solo animo kontinnirt hatte. — Wie aber, wenn 
Jemand eine Sache derelinquirt und hinterdrein sich derselben wieder aumaßt? Da er durch die De- 
reliktion den Besitz aufgegeben hatte, so war dadurch seine Verjährung allerdings unterbrochen. Wenn 
er also die Sache in der Folge wieder aufnimmt, so würde er, genau genommen, eine neue Prä- 
stription anfangen müssen. Dies dürfte indeß zu sehr ins Feme gehen, und submittire ich daher: ob 
man nicht lieber annehmen wolle, daß, wenn die Sache inzwischen von niemand Anderem besessen 
worden, die 31 chenzeit, wo sie gleichsam res nollius gewesen, gar nicht in Anschlag komme.“ Si- 
mon a. a. O. S. 542. Das praktische Bedürsniß sehlt zu dieser Bestimmung. Dicse Fiktion des 
Besitzes darf außer dem Falle der Verjährung in anderen Beziehungen nicht angenommen werden. 
39) Das in einem Vorprozesse stattgefundene Bestreiten eines angemaßten Rechtes hat die Kraft 
einer Protestation nur dann, wenn es eine ansdrückliche Verwahrung gegen die Verjährung enthält und 
  
Unterbre- 
chung.
	        
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