562 Erster Theil. Neunter Titel.
§. 612. Bloße Pfändungen "?) unterbrechen also die Berjährung nicht, wenn
der Gepfändete, dessen ungeachtet, die Ausübung des Rechts fortsetzt. .
§. 613. Jeder Nachfolger im Besitze, er sei Erbe "0), oder nicht 09°), kann die
Versährung seines Vorfahren fortsetzen?), in sofern er nur selbst ein redlicher Besitzer
ist 210.
19) Die Worte „bloße Pfändungen“, haben nur den Sinn, daß die bloße Thatsache der Psändung,
als ein Akt der Privatgewalt, kein geciguetes Mittel zur Ueberführung des gepfändeten Besitzers von der
Unrechtmäßigteir des Besitzers sein soll. Wo aber die Pfändung auf gesetzmaßigem Wege wener versoigt
und das Verfahren des Pfänders der richterlichen Kognnion unterstellt wird, da ist eine solche gesetzmäßig
erfolgte Pfändung nach Maßgabe des Ausfalls der diesfälligen richterlichen Eutscheidung darüber, iusbeson-
dere über Forstkontravemionen, wenn der Gepfändete ur rleidung der auf solche gesetzten Strafen verur-
theilt worden, allerdings geeignet, denselden von der Unrechtmäßiglkeit seines Besitzes zu fberführen. Pr.
des Obertrt. 1798, v. 16. Nov. 1846. — (3. A.) Hat der Gepfändete sich dürch die Pfändung nicht ab-
halten lassen, das Recht ferner auszunben, und hat der Andere nichts gethan, um die Sache zum
Austrag zu bringen, so ist anzunehmen, daß der Erstere sich im Besitze erhalten habe. (Rechtsf. Bd. 1.
S. 71; Arch. f. Rechtsf. Bd. VI, S. 30; J.M. Bl. 1854, S. 105.) — Noch weniger ist der Wider-
spruch des Beeintröchtigten erheblich, wenn der Besitzer sich dadurch von serneren Besitzhandlungen
nicht abhalten läßt. Erk. des Obertr. v. 7. Dezbr. 1853 (J. M. Bl. 1854, S. 105, Nr. 20).
50) S. u. die Anm. 52 zu §. 614, und Aum. 28 zu §S. 592.
(5. A.) Der römische Rechtssatz, daß ein bereits von dem Erbtasser angefangener Verjährungsbe-
sit nicht unterbrochen werde (L. 40 D. de usurpat. IXLI, 3); L 30 pr. D. ex qduib. Caus- major.
IVI, 6.), ist hier ausgenommen, obgleich Papinian denselben für eine Singularität erklärt. 1. 44.
S 3. D. de usurpat. Folgerecht muß dann auch das s. g. vacuum tempus, d. i. die Zwischenzeit von
dem Tode des Erblassers dis zur Besitzergreifung Scitens des Erben, zur aecesio pos#essionis mit-
rechnet werden (L. 31, S. 5 D. de usurPat.) und es muß in der Folge der Erbe oder Erbeserbe auf
rund seines Erbrechts, ohne Dazwischenkunft eines Druten (L. 50 D. eodem; L. 6, 5. 2 D. pro
emtore, XII, 4), wirklich Besitz ergriffen haben. L. 2, 8. 18 D. pro emtore. Hier sei erwähnt, wie sich
die nach röm. Rechte streitige Frage: wie es zu halten, wenn während der herelitas jacens für diefelbe
durch Geschäftsführer Besitz erworben ist, nach preußischem Rechte stellt. In der röm. Rechtssammlung fin-
den sich von demselben Juristen (Papinian) zwei Stellen ülber diese Frage, welche sich widersprechen.
Die L. 44, §. 3 I de usurp. sagt: in der Zwischenzeit könne der Vertreter für die hereditas jzacens den Ver-
jährungebesitz anfangen. Die L. 45. 4. 1 D. eodem sagt das Gegentheil. Unter den gemeinrechtlichen Rechte-
gelehrten ist dieher keine Einigkeit über die Frage erzielt worden. Für das preuß. Recht kommt dar-
auf nichts an; in demselben stellt sich die Sache anders. Darnach giebt es keine heredltas Jacens.
der Nachlaß eines Berstorbenen ist zu keiner Zeit res nullius, das Recht des Erdlasfers geht allemal
unmittelbar auf den Erben über. Es kann nur vorkommien, daß dieser Erbe eine Zeitlang unbekannt
ist. Dies ist res facti. Umerdessen wird ein s. g. Nachlaßkurator bestellt. Dieser hat die Rechte und
Pflichten eines Vormundes und ist wesentlich der Rechtsverweter des wahren aber noch unbekanuren
Erden. §. 471 d. T. u. Aunm. 87 dazu. Erwirbt dieser Rechtsvertreter umer Anderem auch einen
Ufukapionsbesitz, so erwirbt er solchen dem Erben. — Vergl. ob. die Aum. 95, Abs. 1 a. E. zu §. 484 d. T.
50%) Nur kein Beamter. Ein solcher kann das ihm zur Benutzung eingeräumte Recht durch Er-
sitzung von seiner Seite nicht ausdehnen. Pr. des Obertr. d. 11. Juni 1850 (Emsch. Bd. XX, S. 203).
51) Aecessio possesdionis findet mithin allemal nur dann statt, wenn der Vorgänger selbst wirklich
die Ersitzung angesangen und bis zum Uebergange seines Besitzrechtes an den Nachfolger forggesetzt
haue. Hatte er aus irgend einem Grunde am Ende seiner Besizzeit nicht den Verjährungsbesitz, ".
kann der Nachfolger, obgleich er selbst in bonn üle ist und für sich eine Verjährung an fangen kann,
keinen Vortheil von der Besitzzeit des Vorgängers haben. Dieser Fall ist einer von den wenigen, wo#
die Nichtumerbrechung des Besives, der doch mit dem Wegfalle der Person des Besitzers in der That auf-
hört, fingirt wird. Man darf daher, außer der Verjährung, nicht auch in anderen Beziehungen an-
nehmen, daß der Befih des Vorgängers und Nachfotgers identisch sei. — (2. A.) Diese Meinung ver-
tritt auch das Obertr. nach dem Pr. 2383, vom 25. Mai 1852: „Bei der Verjahrung durch Besttz
kann sich ein Successor auf den Titel seines Auktors nur alsdann berufen, wenn der Auktor
bereite selbst besessen und er dessen Besih fortgesetzt hat, nicht aber auf den Titel seines Aukors erst
den Verjährungsbesitz ansangen (Emsch. Bd. XXIII. S. 69). — (4. A.) Der Ankaufer einer Par-
zellc setzt für diese den Verjährungebesitz, in welchem sich der im Besite des Wurzelgrund#tückes ver-
bleibende Verkäufer für das ganze Gut befindet, nicht fort, so wenig, wie, wäre die Verjährung be-
reits vollendet gewesen, eine Nachfolge in die für das ganze Gut erworbene Grun tigleit von
dem Erwerber eines Trenustücker behauptct und dadurch ohne weiteres einseitig eine Vervictsältigung
der Grundgerechtigkeit zum Nachtheile des bclasteten Grundstücks gesordert werden kann. Erk. des
Obertr. v. 23. April 1857 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXV. S. 75). Vergl. u. Anm. 11 zu §. 12, Tit. 22.
51 5) ((. A.) Die zehnjährige titulirte Verjährung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Be-