Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

564 Erster Theil. Neunter Titel. 
8. 617. Um eine neue Verjährung solcher Sachen, die im Nachlasse vorgefun- 
den 36) worden, anzufangen, bedarf der Erbe keines besonderen Titels7). 
müsse, war monirt worden, und Suarez hielt darauf die entsprechende Bestimmung für erforderlich. 
Simon a. a. O. S. 541 und 546. Dies ist auch der Fall. Denn die von dem Erblasser ange- 
sangene Usukapion mußte so gut nach den Grundsätzen des A. L. R. als nach dem R. R. durch dessen 
Tod unterbrochen sein, weil der Besitz, auf welchem dieselbe beruhet, aushört. Daß sie dennoch sortlaufen 
soll, in daher ein Jus singulare. Vergl. L. 31, S. 5; L. 40, L. 44, S. 3 D. de usurp. (XI., 3); L. 30 
pr. D. ex quib, caus. maj. (IV, 5). Hieraus darf nicht auf ein Fortbestehen des Besitzes in anderen 
Beziehungen geschlossen, namentlich nicht gefolgert werden, daß der Erbe durch den bloßen Erdanfall in 
den Besitz des Erblassers getreten und ohne eigene Besitzhandlung Besitzer geworden sei. Entsch. des 
Obertr. Bd. XVIII, S. 10. 
56) Wird wörtlich genommen. S. die folg. Aum. u. o. die Anm. 52 a. E. 
57) In diesem Sinne bestimmt also das A. L. R. den titulns pro herede. Nach R. R. konnte 
der Erbe unter diesem Titel fremde, im Nachlasse vorgefundene Sachen nicht ersitzen, der Titel war 
überhaupt nur tauglich zur Erwerbung der einzelnen Erdschaftssachen von Seiten eines vermeintlichen 
Erden und dezog sich, wie die Usukapion überhaupt, nur auf körperliche Sachen. Die Berf. des A. L. R. 
daben beabsichtigt, dem Titel pro herecke die Bedeutung zu geben, daß der Erbe fremde Sachen, selbst 
verpfändete, deponirte und verliehene, in der Meinung, daß sie zur Erbschaft gehören, ersitzen könne. 
Tit. 20, S8. 250—252; Tit. 21, S. 97. — Simon a. a. O. S. 433, §. 830, und S. 456, Nr. 12. 
Der Gegenstaud ist indeß nicht gehörig durchdacht worden. Nicht, daß die Verf. ohne bewußte Absicht 
den Titel pro herede zum selbstständigen Usukapionstitel gemacht hären: darüber kann kein Zweisel 
sein. Denn Suarez sagt in der rev. mon.: „Der successor aingularis kann ex sus persona die 
Präskription ansangen, — nur bei dem successor universalis ist es zweifelhaft. Doch würde ich solchen 
dem singulari parifiqiren, weil der Unterschied, den das R. R. macht, in der That nur auf der eta 
unitate personarum beruht. Allensalls submittire ich, ob man dem successor singularis die kürzeren, 
dem universalis aber nur die längeren Verjährungen gestatten wolle.“ (Simon, Zeitschr., Bd. III, 
S. 411.) Und auf das Monikum S. 342 ebd.: „Es scheint wohl, daß dem Erben das Erbrecht 4um 
Titel dienen solle, um durch die gewöhnliche Berjährung zu präskridiren, wenn entweder der b- 
lasser gar keinen Titel gehabt, oder dem Erben sonst die Präskription e#x propria persous vortheilhafter 
sein würde. Dies wäre jedoch ausdrücklich zu sagen, um den Zweisel dorüber zu beseitigen, ob der 
Erbe, der keinen anderen Titel als das Erbrecht für sich hat, nach §. 487 (in 10 Jahren), oder nur 
nach §. 492 (in 30 Jahren) präskribiren kann,“ bemerkte er: „Den Satz, daß der Erbe, welcher 
eine neue Verjährung anfange, keines speziellen Titels bedürfe, sondern titulus pro herede 
binreichend sei, könnte man, mehrerer Deutlichkeit wegen, wohl aufnehmen.“' (Simon a. a. O. 
S. 546, Nr. 12.) — Aber wie weit der Satz wirken könnte und sollte, ist nicht im Bewußtsein ge- 
wesen, man hat an Gerechtigkeiten (res incorporalen), in deren Ausübung der Erblasser sich befunden, 
nicht gedacht, und es läßt sich darüber streiten: ob solche unter den „Sachen, die im Nachlasse vorge- 
funden worden“, mit begriffen. Die Praxis hat sich für die Negative entschieden. Das Pr. des Oberrr. 
817, vom 28. Fror- 1840, sagt: Unter den in dem Nachlasse eines Erblassers vorgefundenen Sachen, 
bei denen der Erbe, um eine neue Verjährung anzufangen, keines besonderen Titels bedarf, siud bloße 
Gerechtigkeiten, J. B. das Jagdrecht, nicht zu verstehen. — Die Erdschaft als Ganzes (das Erbrecht) ist kein 
Gegenstand der Ersictzung; nur die Verjährung der Erbschafteklage (hereditatis petitio) kann vorkommen. 
. 494 d. T. S. auch das Pr. des Obertr. 2333, v. 7. Jannar 1852 (Emsch. Bd. XXII, S. 32). Doch 
ader wird auch wieder die Möglichkeit der Ersitzung einer universitar juris vorauegegesetzt, s. 667 d. T. 
(5. A.) Das Obertr. erörtert bei Gelegenheit der Emscheidung über die actio pignerstitia directa 
gegen den Erben des Pfandnehmers die Frage, ob der redliche Erbe durch die zehnjährige Ersitzung 
auch gegen die Kontrakteklage des Verpfänders auf Rückgabe der Sache, gegen HIczahlung der Psand- 
schuld, geschüdt sei. Die §s. 614, 617 d. T. sprechen sich darüber nicht aus und das Obertr. läßt ce 
dahin gestellt sein, ob es richtig sei, daß im Allgemeinen, und namentlich, wie in Gruchot Beiträgen, 
Jahrg. VIII, S. 135 geschieht, auch für den Verwahrungs-Vertrag, wenn der Erbe des Verwahrere 
einer fremden Sache diese zehn Jahre hindurch in dem Glauben, daß sie zum Nachlasse gehöre, besessen 
dat, aus dem §. 617 hergeleitet wird, daß der Vertragsanspruch des Niederlegers auf Zurückgabe oder 
Entschädigung erloschen sei. Denn für das in vorliegender Sache behauptete Pfandgeschäft genüge es, 
daß für den Pfandkontrakt die ausdrückliche Vorschrift des S. 251, Tit. 20 im Allg. Landrecht ent- 
len sei. Aus diesen Gründen ist denn die Abweisung des Pfandgebers mit der direkten Pfandklage 
stätigt worden. Erk. vom 20. Mätg 1868 (Entsch. Bd. LIX, S. 61. In dem Arch. f. Rechtss. 
Bd. LXX, wo es gleichfalls mitgetheilt wird, ist es vom 13. März datirt). Doch enthält der §. 251, 
Tiüt. 20 keinen Buchstaben darüber, daß der Erbe von der auf ihn vererbten persönlichen Verbind- 
lichkeit seines Erblassers ohne Weiteres liberirt sein solle, dieses behauptet auch der Autor, aus wel- 
chem der H. 151 geschöpst ist, nämlich Voct Comment. ad Pandectas L. XLI, Tit. 5, &. 1. nicht, 
das Obertr. legt ihm solches willkührlich unter und sagt S. 67 a. a. O.: „Voet macht in keiner 
Weise einen Vorbehalt, doß dem Verleiher, Verpfänder, Deponenten die Kontraktsklage dleibe, setzt da- 
 
	        
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