50 Einleitung.
oder Geschäfte treiben, müssen nach obigen Bestimmungen beurtheilt werden 48).
§. 35. Doch wird ein Fremder, der in hiesigen Landen Verträge über die da-
selbst befindlichen Sachen schließt, in Ansehung seiner Fähigkeit zu handeln, nach den-
jenigen Gesetzen beurtheilt, nach welchen die Handlung am besten bestehen kann ").
Gesandten durch diese V. beseitigt. 2. In den vorhin gedachten Staatsverträgen (10 ist im §. 34 ver-
abredet: „Alle Rechtsgeschäste unter Lebenden, und auf den Todesfall, werden, was die Gültig-
keit derselben rücksichtlich ihrer betrifft, nach den Gesetzen des Orts beurtheilt, wo sie eingegangen sind.“
Diese Bestimmung fei offenbar keine Gefälligkeit, keine Konzession für die Nachbarstaaten, auch nicht
als neue Erfindung, sondern als Anschluß an ein allgemeines Rechtsprinzip — an die alte Regel:
locus etc. gedacht. Das Letzte ist anzuerkennen. Aber gewiß ist damit nicht bewiesen, daß die Vor-
schristen des L. R. über die Form der Testamente keine positiven Gesetze von zwingender Natur fein
können. Und wenn sie dieses sind: warum foll dann die verabredete Beiseitestellung derselben und die
Zulassung jener alten Regel im Verkehre zwischen diesen Staaten nicht eine nachbarliche Gefälligkeit
sein konnen? 3. Es wird hervorgehoben, daß unsere Meinung ebenso viel heiße, als daß ein Preuße
in manchen fremden Ländern gar kein Testament machen könne. Doas ist freilich der Fall, doch kein
Beweisgrund. Es könnte ja das Testament ganz abgeschafft sein, weshalb sollte der Gesetzgebung nicht
freistehen, daß sie dasselbe nur in der positiv vorgeschricbenen Form anerkenne und gelten lasse. Je-
dermaun weiß das; wer also in ein solches fremdes Land reisen will, kaun vorher sein Haus bestellen.
— Die Gründe für die entgegengefetzte Meinung sind, daß das L. R. I, 12, §. 139 keine anderen Te-
stamente, als die vor einem gehörig besetzten Gerichte errichteten, anerkennt. Dieses beruhlt auf der
Ueberzeugung, daß ohne diese AEgen „Erdichtungen, Unterschiebungen, Verfälschungen und andere Kunst-
griffe listiger Betrüger und Erbschleicher“ sichernde Form „die Wahrheit und geeninet der Testamente
nach dem Tode des Erblassers, wo Niemand mehr vorhanden, der über die Sache Auskunft geben und
die Mittel, vorgesallene Betrügereien und Unrichtigkeiten ans Licht zu bringen, suppeditiren kann"“, —
nicht mit Zuverlässigkeit fendustellen sind. Die testamenta privilegiata seien beibehalten, z. B.
testamenta peregrinantium S§. 205— 207. Außer diesen Fällen verdiene die facultas testandi eben
keine Begünstigung; Stryck behaupte gar, man sollite alle Testamente abschaffen. Suarecz in Jahr-
buch XI.1, S. 77. Die Vorschriften sind darnach absolut gebeetende, von zwingender Natur; der Fall
der Reisenden ist bedacht, man hat aber nur Seereisende begünstigt. Andere Fälle hat man nicht ge-
statten wollen, dies ist klar im Bewußtsein gewesen; die Absicht ist ausgesprochen und in Uebereinstim-
mung damit hat man nicht, wie es doch vorforglich für Derträge. geschehen (I, 5, §§, 111, 148), die
in einer ausländischen Form errichteten Testamente anerkannt. Man hat das in der Ueberzeugung ge-
than, daß ohnehin schon genug geschehen sei. Diesem völlig entsprechend, also als eine Bestätigung der
bier vertretenen Meinung anzusehen, ist das Gebot bei der Einführung des L. R. in die Landestheile
des französischen Rechts: daß die nach der französischen grorm gemachten Testamente, bei Strafe der
Nichtigkeit, binnen Jahresfrist neu nach der laudrechtlichen Form gemacht werden follten. Einführungs-
patent für die Provinzen jenseits der Elbe von 1814, 8.7; für Westpreußen von 1818, §. 9; für
Posen von 1816, §. 9. — (4. A.) Anders ist der Fall, wenn Jemand zur Zeit der Testamentserrich-
tung im Auslande seinen Wohnsitz hatte und dort nach den Formen des Landesrechts sein Testament
macht, hinterdrein aber seinen Wohnsitz in den Bereich des preußischen A. L. R. verlegt und hier stirbt.
Einen folchen Rechtsfall theilen die Entsch. des Obertr. Bd. XXXV, S. 368 mit. Der Erblasser hatte
im J. 1833 auf seinem Gute im Gerichtsbezirke des Appellationsgerichts zu Köln, also unter der Herr-
schaft des fr. Cocke eivll, seinen Wohnsitz gehabt und dort, nach Art. 970 des Code clvil, ein Privat-
testament (holographisches) gemacht. Spater verlegte er feinen Wohnsitz nach Westphalen, wo er 1854
arb. Jenes Testament befand sich in seinem Nachlasse und es entstand zwischen den Erben Streit
ber die Gültigkeit. Die Iustanzgerichte erkannten widersprechend. Das Obertr. entschied für die Gül-
ugten unter Anrufung der Regel: locus regit actum. Erk. v. 3. April 1857 (Entsch. Bd. XXXV,
. 368). Die Gründe befriedigen nicht, denn die Regel ist für den Fall, auf welchen sie hier ange-
wendet wird, nicht gesunden. Die Entscheidung ist jedoch aus dem Grunde zutreffend, weil das ange-
sochtene Testament nach den Gesetzen des Wohnortes des Testators rechtsgliltig errichtet worden war,
und durch den späteren Wechsel des Wohnsitzes nicht ipso jure ungültig werden konnte, aus Mangel
eines dieses aussprechenden Rechtsgrundsatzes.
44 a) (5. A.) Die Vorschrift des §. 34 normirt nach ihrem Wortlaute, ihrem inneren Zusammen-
hange mit den ihr vorangehenden Bestimmungen und ihrer Stellung im Systeme ausschließlich nur die
Anwenddarkeit des materiellen preußischen Rechts auf die darin vorausgesetzten Rechtsgeschäste der Aus-
länder; dagegen liegt eine Bestimmung über die Verfolgung im Prozesse, insbesondere über den Ge-
richtsstand der Ausländer, ganz außer dem Zwecke jener Vorschrift, und kann also — wie das Appella-
tionsgericht zu Ratibor vermeint — nicht darin gefunden werden. Erk. das Obertr. vom 7. Februar
1867 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXIV, S. 349).
45) Der vorhergehende §. 34 erkennt den Rechtszustand anderer Staaten auedrücklich an, indem
er den Grundsatz des §. 23 ff. auf Fremde anwendet und vollständige Rechtsgleichheit zwischen Einhei-