Von Erwerbung des Eigenthums. 575
8. 646. Hat der Fiskus, auf eine au sich rechtsgültige Weise /7), im Jahre 1740
anerkannt, daß einem andern ein Recht wider ihn zustehe, so hat ein solches Anerkennt-
niß, wenn auch die in diesem Jahre erfolgte wirkliche Ausübung nicht nachgewiesen
werden kann, mit dem wirklichen Besitze gleiche Kraft?“).
S. 647. Dagegen wird in Ansehung desjeuigen, der weder ein solches Anerkennt-
niß für sich, noch im Jahre 1710 das Recht wirklich ausgeübt hat, der Lauf der frü-
her wider ihn angesangenen Verjährung durch Nichtgebrauch, durch die erfolgte Be-
stummung dieses Eutscheidungsjahres, nicht unterbrochen?!).
8. 648. Zur Verfährung gestohlener und geraubter Sachen, welche nach §. 587
von dem ersten redlichen Besitzer durch die gewöhnliche Verjahrung nicht erworben wer-
den können, ist ein Zeitraum von Vierzig Jahren erforderlich2).
§. 619. Wenn Rechte, welche nicht alljährlich oder gewöhnlich?3), sondem nur
in gewissen Jahren ?“), oder bei gewissen Gelegenheiten) benutzt werden können,
*.— —
89) Die Erklärung muß sowohl von den nach der Berfassung zuständigen Beamten als in der
bestimmungsmä igen Form gegeben worden sein. Gelegentliche Aeußerungen sind nur dann erheblich,
wenn die ausdrülckliche Anerkennung des berührten Zustandes beabsichtigt worden ist. Vergl. die
vor. Anm. 38.
90) Vorausgesetzt, daß später, vor Ablauf der Verjährungsfrist, der Besitz ausgellbt worden ist.
S. die folg. Anm.
91) Die Beziehung dieser Bestimmung wird er’ aus einer Bemerkung von Lamprecht klar.
Nachdem von dem aktuellen Besitze im Jahre 1740 vesprochen worden, sagt er weiter: „Ferner kann
man sagen: derjenige sei im Besitze de 1740, der vermöge eines Privileg# ein Recht gegen den Fis-
kum hat, von dessen eigentlicher Ausübung aber nichts konstirt; es ist aber die Verjährungefrist bis
1740 noch nicht abgelaufen, oder muß nicht de actuali exereitio de 1740 konstiren, wenn dies ge-
braucht werden soll?'“" Simon a. a. O. S. 593. Diese Frage soll der §. 647 entscheiden. Es
sind drei Fälle gedacht: 1) Der Besitz im Jahre 1740 ist nachgewiesen, nachher ist er aber seit
30 Jahren nicht ausgcübt worden. §. 645. 2) Der Bestat im Jahre 1740 ist nicht nachzuweisen,
es wird aber ein Anerkenntniß der fiskalischen Station aus dem Jahre 1740 beigebracht. Dieses soll
eben soviel wirken wie der Nachweis des Besitzes selbst in diesem Jahre. §S. 646. 3) Es wird eine
Urkunde über die Erwerbung eines Gegenstandes aus der Zeit vor dem Jahre 1740 beigebracht, es
kann aber weder der Besitz im Jahre 1740, noch ein fiskalisches Anerkennmiß aus eben diesem Jahre
nachgewiefen werden. Dies ist der Fall unseres S. 647.
92) Vergl. o. §. 584 und die Anm. 21 dazu. Die Verjäöhrungsfrist ist bei diesen Sachen nach
G. R. Lveiiclhaft, wegen C. C. C. Art. 209. Man bestinmte hier absichtlich eine 40jährige Frist,
welche Suarcz in seinen amtlichen Vorträgen so rechtfertigt: „Exz opinione Dd. ward auch res
vitioss von dem ersten redlichen Besitzer binnen 30 Jahren präskribirt; hier sind 40 angenommen.
Es ist aber zu bemerken, daß diese Memung der Rechtslehrer sich auf keinen ausdrücklichen Text des
juris romani gründe, sondern nur ex analogis der Nov. 119, c. 7 gefolgert werde; cf. Rave, de
pra#eseriptione, &. 27. Da die Präskription solcher Sachen, die ursprünglich durch Diebstahl oder
Raub ihrem rechtmöäßigen Eigenthümer entzogen worden, wohl keine Begünstigung verdient, so scheint
dadurch die Verlängerung der Frist auf 10 Jahre hinlänglich gerechifertigt zu sein.“ Simon a. a. O.
T. 594 und Jahrb. Bd. XLI, S. 15.
(I. A.) Die §§. 584 u. 648 betreffen sowohl bewegliche wie unbewegliche Sachen, sie beziehen
sich aber nur auf den, welcher unmittelbar von dem Diebe oder Gewalnhäter erworben hat, nicht
aber auf den Fall, daß ein Anderer, als der Dieb oder Gewaltthäter, den Besitz und das Eigenthum
Übertragen hat; auf den Fall gerichelicher Subhastation konnen sie niemals Anwendung finden. Erk.
des Obertr. vom 22. September 1861 (Entsch. Bd. XILVI, S. 22).
93) D. h. willkürlich, zu jeder beliebigen Zeit. — (2. A.) „Ist ein Recht von solcher Beschaffen-
heit, daß es nicht völlig von der Willkür des Berechtigten abhängt, dasselbe alljährlich oder gewohn-
lich auszuüben, sondern daß die Ausübung nur bei gewissen — durch andere, außerhalb der Willkür
des Berechtigten liegende, Umstände herbeigesührten — Gelegenheiten ersolgen kann: so bleibt die Er-
sieung von vierzig Fahren zum Erwerbe dieses Rechts auch dann erforderlich, wenn gleich nachgewie-
en werden kann, daß ein solches Recht während dreißig Jahren alljährlich ausgellbt worden sei.“
Pr. des Obertr. 2369, v. 20. April 1852 (Entsch. Bd. XXIII. S. 91). Der Fall war das Recht
auf Gewährung des zur höchst nothwendigen Bewährung der Besitzung des Klägers ersorder-
lichen Holzes. Man hatte nicht angenommen, daß die Nothwendigkeit einer solchen Reparatur
der Bewahrungen des Klägers anjätrio eintrefsen müsse.
94) Vergl. #. 513. Dort sehlen die Worte: „in gewissen Jahren“". Das macht keinen Unter-
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