Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Kanss= und Verkaufsgeschäften. 609 
S. 68. Endlich '2), wenn er innerhalb der Tit. 5, §. 343 bestimmten Frist die 
Aufhebung des Vertrages aus diesem Grunde nicht nachgesucht hat ½). 
§. 69. Der Verkäufer kann den Kauf aus dem Grunde, daß der Werth der 
Sache den Betrag des Kaufpreises selbst mehr als doppelt übersteige, nicht anfechten “"). 
§. 70. Geschäfte, bei welchen ein Kaufpreis nur zum Schein festgesetzt worden, 
können nach den Regeln des Kaufs nicht beurtheilt werden ". · 
S. 71. Ob das wahre unter einem solchen Scheinkaufe verborgene Geschäft gül- 
ss oder nicht, ist nach den eigenthümlichen Regeln dieses Geschäftes zu beurthei- 
en 5). 
  
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Vorschüsse, auf Grund des §. 10 der V. v. 14. Dez. 1883, die Exelution vollstrecken und einen Theil 
der gelauften Waaren, als wenn sie Eigenthum des Verläufers (Exequendns) gewesen wären, zu sei- 
ner Befriedigung veraäußern. Demnächst wurde das Appellationserkenntuiß vernichtet und die Sache 
m die erste Instanz zurückgewiesen. Nun machte der Bekl. den Einwand, daß der Kläger die Waa- 
ren nicht mehr vollständig zurückgeben könne, und diesen Einwand erklärte das Obertr. für begründet 
und erbeblich. Deun, sagt es, der Kläger selbst entäußerte sich durch seinen Exekutionsantrag desje- 
nigen Objekts, welches er dem Bekl. zurückgeben mußte, weun seine Einrede der Verletzung über die 
Halfte einen Erfolg haben sollte. Erk. v. 19. Juni 1860 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXVII, S. 295). 
42) Außerdem noch in dem Falle des §. 48 d. T. 
43) Nicht allein die Kage auf Aufhebung des Vertrages ist dann verjädrt, sondern auch der 
Einwand. Er „kann dieses Einwandes sich nicht bedienen, wenn“ u. s. w., sagt der §. 65 d. Tit. 
(4. A.) Ist in judieande auch von dem Obertr. angenommen worden. Erk. v. 19. Juli 1859 (Arch. 
s. Rechtef. Bd. XXXIV. S. 219). Es versteht sich und ist auch a. a. O. anerkanm, daß die Verjäh- 
rung erst von dem Tage der wirklichen (körperlichen) Empfangnahme der Sache durch den Käufer be- 
ginnt, und daß darauf andere Arten der Uebergabe, wodurch das Eigenthum gleichsalls übertragen 
wird, keinen Einfluß haben. 
44) Daiuit fällt denn auch die gemeinrechtliche Kontroverse: ob durch die von dem Verkäufer 
eines Grundstücks wegen Verletzung Über die Hälfte gegen den Käufer angestellte Klage auf Reseission 
des Verkaufs, die verkaufte Sache zu einer res liligioss, im Sinue des gemeinen Rechts, wird, und 
ob die, nach Anstellung der Klage, von dem Beklagten einem Dritten eingerämnte Hypothek auch nach 
erkanuter Auflösung des Kontrakts und erfolgter Wiederabtretung der Sache an den Verkäufer ihre 
volle Wirkung behalt, weg. Die Praxis des preußischen Obertribunals hat sich für die Negative der 
ersten und g- die Affirmative der zweiten Frage entschieden. Pr. vom 25. März 1843. (Entsch. 
Bd. IX, S. 426.) 
44 5 ((. A.) Auch die Simulation, ein so einfacher Begriff, ist verkaunt worden. Ein Kaufkon- 
trakt. in welchem der Kauspreis nach der Behauptung des Verkäufers, nur zum Scheine niedriger, 
als wirklich verabredet, angegeben worden, wurde von einem Minderjährigen mit dem Vorbehalte ge- 
richtlich verlautbart, daß er denfelben nach erreichter Großjährigkeit als von Anfang gültig anerken- 
nen, oder ablehnen möge. Er erkannte ihn an. Verkäufer klagte auf Nachzahlung von 100 Thlrn. 
Kaufgeld oder Zurückgabe des Grundstücks gegen Zurücknahme des gezahlten Kaufgeldertheils, wegen 
der nur mündlichen Porn des wahren Kontrakts. Diese Klage wies das Appellationsgericht ab. 
Denn, sagte es, wegen der Minderjährigkeit des Bekl. bei Abschluß des Vertrages sei sowohl der ge- 
richtliche, angeblich simulirte Vertrag, als auch der angeblich mündliche wahre Vertrag für ihn un- 
verbindlich. Daß er später auch den letzteren anerkannt habe, sei nicht erwiesen. Damit salle das Fun- 
dament der Simulation von selbst zusammen, und es komme auf die thatsächliche Feststellung dersel- 
ben nicht weiter an. Das Obertr. hat mit Recht befunden, daß das Appell.-Gericht durch seine Fol- 
grrung, daß damit das Fundament der Simnlation und der klägerische Anspruch falle, die rechtliche 
atur und das Wesen der Simulation und des vorliegenden Rechtsgeschäftes verkenne und die 
Is. 70 ff. d. T. verletze. Deun die Simulation eines Vertrages bestehe lediglich darin, daß derselbe 
den wahren Willen der Koutrahenten nur scheinbar, nicht wahrheitsgemäß darstelle, wodurch und wo- 
mit eben die rechtsverbindliche Kraft eines solchen Vertrages zersalle. Ob das unter demselben ver- 
borgene Geschaft aber gültig sei oder nicht, das berühre den vernichtenden Einfluß der Simulation 
auf den simulirten Vertrag nicht weiter. Deehalb sei das Urtheil zu vernichten und der Beweis der 
Simulation zu erheben. Erk. vom 9. Jannar 1863 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLVII, S. 296). 
45) S. o. die Anm. 62 a. E. zu §. 52, Tit. 4. 
Ist kein anderes wahres Geschäft unter deu Scheine des Kaufs versteckt, soll mithin, nach der 
Absicht der Kontrahenten, die Sache im Eigenthume des Verkäufers bleiben; so hat jeder dabei inter- 
essirte Dritte das Recht, die Sache als Eigenthum des Verkäufers zu behandeln, wo sie sich auch be- 
* Dies ist praktisch wichtig für Gläubiger, welche ihre Befriedigung vergeblich suchen. Diese 
nd, ohne Beihülse den Gesetzes v. 26. April 1835 und v. 9. Mai 1855, und außer Jen Fällen des- 
Koch, Allgemeines Landrecht 1. 5. Aufl. 39
	        
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