Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

610 Erster Theil. Eilster Titel. 
  
selben — denn das Gesetz setzt ernstlich gemeiute Geschäfte voraus — befugt (zur Sache legitimirt), 
ein dergleichen simulirres Geschäft anzugreisen. Ebenso hat das Obenr. durch das Pr. 1513, vom 
14. Dez. 1844 ausgesprochen: „Auch außer den Fällen des G. v. 26. Aprih 1835 (jetzt Gesetz vom 
9. Mai 1855) ist jeder Gläubiger befugt, Berußerungelorakt- seimes Schuldners anzusechten, wenn 
er den Beweis zu führen vermag, daß dieselben von beiden Seiteu ohne die Absicht, das Eigen- 
thum zu übertragen, und lediglich zum Scheine abgeschlossen worden.“ (Entich. Bd. X, S. 355.) 
Nur nuß dies näher dahin bestmmt werden, daß nur solche Glanbiger, welche sonst keine Befriedi- 
gung bei ihrem Schuldner finden, dazu befugt sind. Außerdem, und wenn sie sonst ihre Befriedigung 
erhalten können, sehlt ihnen das rechtliche Interesse zur Einmischung in simulute Geschafte dritter 
Personen. — Der durch dieset Prjudiz anerkannte Rechtegrundsatz ist in der preuß. Gesetzgebung 
nirgend anerkaunt, aber für das praktische Bedürfniß unentbehrlich. Es handelt sich jedoch um die 
Begründung. Das Odbertr. hat keine Rechtsgründe dafür beigebracht. Zwei Phrasen sind es, welche 
das Klagerecht eines solchen Gläubigers darlegen sollen. Ee heißt: „Zu den häufigsten Prozessen — 
gehören gerade dinereenware gegen Exekutionsvollstreckungen, wo dritte onen auf den 
Grund von Verträgen mit dem Exequendus das Eigenthum der in Beschlag genommenen Sachen 
blagend in Anspruch nehmen, und hier läßt die Praxis ohne Bedenken überall den Gläubiger, der 
die Simulation exeipirt, als legitimirt jum Widerspruche zu. Für das Prinzip, nämlich für die 
Legitimationefrage, muß es aber gleichgültig sein: ob der Gläubiger als Verklagter — Intervent — 
oder als Kläger die Simmlation geltend macht.“ Das heißt: wenn Jemand auf Heransgabe einer 
an sich genommenen fremden Sache verklagt wird, so steht ihm frei zu antworten und zu sagen: der 
Kläger habe gar kein Recht auf die Sache; sie gehe ihn gar nicht an; und dies ist zulänglicher Be- 
weis, daß der Belangte, wäre er nicht im Besitze der angesprochenen Sache, eben diese Sache, auch 
klagend von ihrem Inhaber oder Besitzer, abfordern konnte. Das liegt außerhalb der Rechtewissen- 
schaft, ist deshalb nicht zu besprechen. Die zweite Rechtsertigungsfloskel lautet so: „In Fallen der 
vorliegenden Art hat seine Klage nicht sowohl die Natur einer Vindikations= oder einer Reseissions- 
klage, — es soll dem anderen Kontrahenten nichts für sich Erworbenes wieder entrissen werden; der 
Glaubiger will vielmehr nur ein Trugdild wegschaffen, und seine Behauptung geht eigentlich dloß da- 
hin: der andere Kontrahent sei in Wirklichkeit auch nach seinem eigenen Wulen — nicht Besiter der 
Sache für sich selbst, nicht Eigeuthumsbesitzer, sondern nur Detentor für die Person seines Schuldners, 
er habe die Sache nur für diesen in Gewahrsam. — Dieses zu beweisen und die Sache als gar nicht 
aus dem Eigenthume semes Schuldners herausgerreten, sondern als fortwährend im Eigenthums- 
besitze seines Schuldners verblieben, zum Verkaufe zu bringen, muß (inuß! Warum muß?) 
jedem Gläubiger freistehen, sollte der Schuldner auch nicht gerade in Konkurs verfallen sein." Gleich- 
salls ohne juristischen Gedanten. Auch der bloße Detentor kaun von einem Dritten (dem Gläudiger 
des wahren Besitzers) nicht durch Gewaltmittel zur Heransgabe genebinn er soll und muß mit Recht 
lberwunden werden, und da handelt es sich um das entsprechende Rechtsmittel. Ueber dieses giebt 
das Obertr. gar keinen Aufschluß. Es sind aber zweierlei Wege juristisch denkdar, anf welchen der 
Gläubiger gegen den Dritten agiren kaun: entweder aus dem Rechte seines Schuldnertz, oder aus 
eigenem Rechte. Der erfie Weg ist nach preußischen Prozeßformen umständlich, denn der Gläubiger 
kann ohne richterliche Autorisaton (Ueberweisung) nicht klagen und dergleichen Ueberweisung wurde 
vor dem Gesetze v. 20. März 1854, §5. 17 (Zus. zu §. 103, Tit. 24 der Proz.-Ordn.) nur auf Geld- 
sorderungen gegeben; er ist auch nusicher, denn der Eländiger muß eben das leisten, was der Schuld- 
ner selbst, wenn er auf Herausgabe der Sache klagte, dem Detentor zu leisten haben würde, da banter 
jeder Simulation etwas anderes Wahres steckt, namentlich in dem Falle, welcher hier vorauzsgesetzt 
worden, ein Verwahrungsvertrag — der Empfänger soll dem schelnuschen Schuldner die bedrohte 
Sache verwahren, erhalten und nach verschwundener Gefahr zurückgeben; und dafür kann eine gute 
Belohnung versprochen worden sein. — Der zweite Weg ist ncherer und kürzer; wir fragen aber eben 
nach dem, dem Glänbiger eigenthümlichen Klagerechte (aclio). Nach R. R. ist man darüber nicht in 
Verlegeuheit. „ltem, si quis in fraudem creditorum rem sunm alicui tradiderit, honls djus a cre- 
ditorlbus possessis ex sententia Pracsidis, permittilur ipsis eredlioribus, rescisss traditione eam 
rem petere, id est dicere esnm rem traditam non esse, ei ob id in bonis debitoris mansisse“, sagt 
S. 6 Inat. de act. (IV, 6). Der Klagegrund der Gläubiger ist hier das ihnen ans der misslo in pos- 
sessionem — aus der allgemeinen Exekutionsversügung — erworbene dingliche Recht (das allgemeine 
prätorische Pfandrecht). Ein anderer Klagegrund ist anch in dem, von dem Obertr. entschiedenen, in 
Rede stehenden, Rechtefalle nicht denkbar. Man is unbewußt zur Anwendung jenes römischen Rechts- 
prinzips gekommen, gegen welches, weil es im A. L.N. nicht gedruckt steht, die prenßischen Gesetzkun- 
digen sich sonst gesträubt haben. Zm Interesse der Rechtsemwickelung und des Verkehre ist zu wün- 
chen, daß dieses durch das Präj. auerkaunte Prinzip nicht bei nächsier Gelegenheit durch einen Ple- 
narbeschluß wieder umgeworfen, vielmehr besser zum Bewußtsein gebracht werde. 
((d. A.) Die Simulation kann als Einwand und auch klagend geltend gemacht werden. Zur Be- 
gründung des Einwandes gehört nicht nothwendig die Behauptung, daß zwischen den Parmien aus- 
drucklich verabpedet worden sei: es solle auf den Käufer kein Eigeuthum übergehen. Erk. des Odertr. 
pom 27. Mai 1853 (Arch. f. Rechtsf. Bd. 1X, S. 207). — In Form der Klage kann die Simula-
	        
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