54 Einleitung.
keinen andem Sinn beilegen, als welcher aus den Worten?), und dem Zusammen-
hange derselben 50), in Beziehung auf den streitigen Gegenstand 1) oder 57) aus dem
nächsten unzweifelhaften Grunde ?2) des Gesetzes deutlich erhellt.
dennoch von den Erkenntnissen, die sich auf solche Entscheidungen der Gesetzkommission gründcten, das
nachgelassene Rechtsmittel ergriffen wurde.“ Aus diesen Gründen wurden die Anfragen bei der Gesetz-
kommission im Lause der Prozesse gämtlich abgeschafft. K. O. vom 8. März 1798 (Rabe V. S. 86) u.
Anh. §. 2. Durch diese Bestimmungen ward die Auslegung der Gesetze der frrien Geistesthätigkeit der
Richter Überlassen. Der Mangel eines Justitme zur Erhaltung der Gewißheit und Einheit des Rechts
paßte nicht zur landrechtlichen Gesetzgebung; das Bedürfniß führte zu einer anderen Einrichtung. Diese
besteht theils in der Einführung eines Kassationsverfahrens unter dem Namen der Nichtigkeitsbeschwerde,
auf welche, wenn das angegriffene Urtheil vernichtet wird, der Kassarionsrichter ein eigenes Urtheil
fällt (V. v. 14. Dez. 1833, §S. 17, G.S. S. 306); theils in der Anordnung eines Präjudizienbuches
dieses Gerichtshofes (Obertribunals) mit der Bestimmung. daß ein ausgesprochener Rechtsgrundsatz
dasselbe Kollegium und auch die Ubrigen Abtheilungen für künftige Fälle dergestalt bindet, daß davon
nicht eigenmächtig abgegangen werden darf, vielmehr der neue Zweisel vor das Plenum gebracht wer-
den mußt und der darauf gefaßte Plenarbeschluß für künftige Fälle alle Senate bindet, bis durch die
Gesetzgebung eine Abänderung erfolgt. K.O. v. 1. August 1836 (G. S. S. 218); V. v. 21. Juli 1846,
§5. 25. Das G. v. 7. Mai 1856 (G.SS. S. 293) hat diese Bestimmung dahin abgeändert, daß die Ent-
scheidung des Plenums dann nicht mehr einzutreten braucht, wenn ein Senat von einem durch ihn selbst
bisher behaupteten Rechtsgrundsatze, oder von einer durch ihn selbst bis dahin besolgten Auslegung und
Anwendung einer gesetzlichen Vorschrift abzugehen beschließt, sondern daß ihm undenommen bleibt, in
einem solchen Falle die betreffende Rechtsfrage an das Plenum zu bringen; ferner, daß das Plenum
nicht mehr gehalten, auf Einholung einer deklaratorischen Vorshrii anzutragen, wenn es von einem
frilberen Beschlusse abweichen sollte, daß vielmehr der abweichende neuere Beschluß die Kraft eines ersten
Beschlusses hat. Dadurch ist dem obersten Gerichtshofe nicht allein die zur Erhaltung der Einheit ge-
reichende Auslegung, sondern zugleich eine daorüber hinansgehende Fortbildung des Rechts verliehen.
(5. A. Seit die einzelnen Senate des Obertr. nicht mehr an ihre in frühern Entscheidungen angenom-
menen Rechtsgrundsätze gebunden sind, macht sich ein gewisses Schwanken desselben in der Rechis-
sprechung bemerkbar.) — Der §. 46 der Einl. kann, nach der Absicht der landrechtlichen Gesetzgebung,
keineswegs als eine erschöpfende Vorschrist über die Regeln der Auslegungskunst angesehen werden, viel-
mehr setzt er Gesetze voraus, deren eigentlicher Sinn unzweifelhaft ist; und er weiset den Richter nur
an, wie und aus welchen Erkennungszeichen er den Sinn in sich aufnehmen soll. Findet er den Sinn
zweifelhaft, so soll seine geistige Thätigkeit beendet sein und er soll nach 88. 47 u. 48 anfragen. Nach-
dem er aber durch §. 2 des Unh. auf die eigene Auslegung verwiesen worden, muß er zwar weiter
operiren, allein hierzu findet er in dem §. 46 keine Anleitung; vielmehr verweiset ihn der F. 2 des
Anh. auf die allgemeinen Regeln wegen Auslegung der Gesetze, welche in dem A. L. R. nicht zu fin-
den sind, eben weil der Richter sich mit der Auslegung nicht befassen sollte. (5. A.) Als Hülfemiteel
bei der nun dem Richter zugefallenen Auslegung empfiehlt sich vor Allen: v. Savigny, System des
b#eutigen Römischen Rechts, Bd. I. §s§. 32 bis 51. Zur Kenntniß der gangbarsten Meinungen der
Neuern dienen vorzllich: Chr. H. Eckard, hermeneutica juris, ed. C. W. Walch, Lips. 1802. 8.
Dann Thibaut, Theorie der logischen Auslegung des Römischen Rechts, 2t#c Ausg. Altona 1807. 8.
Bergl. auch m. Privatrecht Bd. I. 88. 23 ff. — Uebrigens hat der deutsche Text vor den auch amnlichen
Uebersetzungen der Gesetze den Vorzug. K.O. v. 20. Juni 1816 (G.S. S. 204).
59) Der Richter soll den Gedanken, welchen der Gesetzgeber in dem Gesetze ausgesprochen hat,
anffassen. Das Wort — das grammatische Element — vermutelt den Uebergang ans deim Denken des
Einen in das des Anderen. Deshalb muß der Ausdruck in dem Sinne genommen werden, in welchem
der Sprechende denselben zu gebrauchen pflegt. I, 4, §§. 67 — 69. Diese Regel findet auch auf Ge-
setze Anwendung. Vergl. Entsch. des Obertr. Bd. XX, S. 310. Stellt der Ausdruck nach der Sprach-
weise des Gesetzgebers oder — wenn dabei nichts Eigenthlmliches ist — nach der gewöhnlichen Bedeu-
tung zu der Zeit der Erscheinung (I, 4, §F. 66) einen in sich vollendeten Gedanken dar, und findet er
auch in der gleichzeitigen Beachtung der beiden übrigen Elemente, nämlich in dem logischen Elemente
— dem Zusammenhange — oder in dem historischen und dogmatischen kein Bedenken, diesen
Gedanken für den wahren Willen des Gesetzgebers zu halten, so schließt seine Thätigkeit mit der An-
wendung des ihm klaren Inhalts des Gesetzes. Giebt aber der Wortlaut weder nach der Sprachweise
des Gesetzgebers, noch nach der gewöhnlichen Bedemung einen in sich vollendeten Gedanken, oder wird
es aus einem, aus dem Zusammenhange oder dem Grunde entnommenen Umstande zweifelhaft: ob
dieser Gedanke der wahre Inhalt des Gesetzes sei, so muß er seine geistige Thätigkeit nach Vorschrift
des §. 2 des Anh. sortsetzen.
60) Der Zusammenhang der Worte ist der Gegenstand des logischen Elements der Auslegung;
die Ththgkeit beschäftigt sich dobei mit dem logischen Verhältmisse der einzelnen Theile des Gedankens
zu einander.
61) Die Worte: „in Beziehung auf den streitigen Gegenstand“ deuten das historisch-syste-