618 Erster Theil. Eilfter Titel.
ten wird, kann derselbe von aller Verantwortung gegen den Käufer dadurch, daß er
die Sache zur gerichtlichen Aufsicht und Verwahrung übergiebt, sich befreien"").
S§. 100. Wird die verkaufte Sache. noch vor der Uebergabe, durch einen Zufall
gänzlich zerstört ober vernichtet, dergestalt, daß gar keine Uebergabe erfolgen kann, so
wird der Kontrakt für aufgehoben geachtet. (Tit. 5, 8. 364 squgq.)
§. 101. Ist die Uebergabe durch Schuld des Verkäufers aufgehalten worden, so
haftet dieser dem Käufer zur Schadloshaltung nach Verhältniß des Grades seiner Ver-
schuldung. (Tit. 6, S. 10 sag.)
8. 102. Hat der Käufer durch seine Schuld die Uebemahme venögert, so kann
der Verkäufer Schadloshaltung ##) fordem.
§. 103. Zu dieser Schadloshaltung gehört auch "“) die Bezahlung des bedun-
genen Kaufpreises, sobald der Käufer auch nur durch ein mäßiges Verseßen, Schuld
daran ist, daß die Sache nicht zur gehörigen Zeit von ihm übernommen worden7).
§. 104. Wenn nicht bloß der Verzug der Uebergabe, sondern der Verlust der
Sache selbst, welcher die Uebergabe unmöglich macht, durch das Verschulden eines oder
des andern Theils entstanden . so hat es bei den allgemeinen Vorschriften des Titels
von Verträgen sein Bewenden. (Tit. 5, 5§. 360, 363 sagq.)
. 105. So lange der Verkäufer die Gefahr und Lasten der Sache zu tragen
schuldig ist, können demselben in der Regel auch die Nutzungen nicht benommen werden.
§. 106. Pacht= und Miethzinsen werden zwischen dem Käufer und Verkäufer,
nach Verhältniß ihrer Besitzzeit, getheilt ?°).
64) Damit allein ist ihm nicht geholsen, er hat auch Bezahlung des Kaufgeldes zu fordern und
zwar sofort bei der Uebergade (§§6. 93, 221 d. T.), die Depofition ist aber Uebergabe. Vergl. Tit. 16,
#. 234. Doch kann er nur unter einer von zwei Voraussetzungen: Verderblichkeit der Sache, oder
Kostbarkeit der Aufbewahrung und Verwaltung, gerichtlichen Verkauf und Befriedigung aus dem Er.
löse, ohne Weiteres, sordern. §S#. 218 — 220 d. T.
65) Nur Schadloshalmng, nicht Erflllung des Kontrakts (Bezahlung des Kausgelds), kann der
Verkäufer sordern. Der Kontrakt ist mithin auch in dem hier vorausgesetzten Falle, wo die Sache
nach dem Uebergabetermine ganz zu Grunde gegangen und der Käufer aus einem nur geringen
Bersehen in mors aceipiendi ist, aufgehoden. erin aber soll die Schadloshaltung bestehen, wenn
nicht in der Zahlung des Kauspreises für die vernichtete Sache? Der Schade besteht ja eben in dem
Berluste des Kansfgeldes. Vermuthlich sind damit die Aufwendungen gemeint, welche der Berkäufser
auf den Handel gemacht hat, so, daß er zwar die Sache verlieren, aber was er außerdem noch aus
seinem Vermögen zur Vorbereikung und Eingehung des Geschäfts verwendet hat, erstattet erhalten
soll, z. B. Mäklergeblihren, Gerichtskosten, Reisekosten, Ausbewahrungskosten u. dergl. Vergl. den
solg. §S. 1038. Es ist unfindbar, welcher juristische Gedanke bei dieser Vorschrift geleitet hat. Dem
ist der Käufer nur für ein mäßiges Versehen verantwortlich, so ist alles, was sich außer dem Falle
eines solchen Versehens zuträgt, Zufall; soll er schlechthin die Folgen seines Verzuges tragen, so muß
er auf seiner Seite den Kontrakt erfünlen. Der Grund der Unsicherheit oder Inkonsequenz liegt in
den nach A. L. R. zweifelhaften Erfordernissen der Mora.
66) Die Bestimmung ist auffallend. Mehr als Erfllllung des Kontrakts durch Bezahlung des
Kaufgeldes nebst Verzugs#insen, sowie Schäden und Kosten kann der Verkäufer von dem Käufer in
keinem Falle fordern. Worin also die Schadloshaltung, wozu auch die Bezahlung des Kausgeldes
gehört, bestehen soll, ist undenkbar, wenn man nicht die eiwa durch die längere Ausbewahrung oder
durch den Untergang verursachten Kosten und Schäden im Sinne gehabt hat, was wahrscheinlich ist:
denn diese muß der Käufer freilich gleichsalls ersetzen. Der Verkäufer kann durch den Untergang der
Soch kei großers Recht erhalten, als er haden würde, wenn er die Sache Übergeben konnte.
.die solg. Anm.
67) Im Falle einer mor#s aceipfendi aus mößigem Versehen muß mithin der Käufer das
periculum Interitus rel tragen, d. h. er muß das Kaufgeld kontraktmäßig bezahlen, und der Verkän-
fer ist von seiner Verbindlichkeit frei, wie wenn er vollständig erfüllt hätte.
Dieser Rechtssatz gilt auch und kommt zur Anwendung dann, wenn zwar nach der Zögerung
die Sache nicht zu Grunde gegangen, aber doch die Uebergabe durch die Zögerung dem Verkäuser
unmöglich gemacht worden ist. S. o. die Anmerk. 88 zu FS. 361, Tit. 5.
68) Ohne Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen. Der Käufer der der-
pachteten oder vermietheten Sache tritt in die Rechte und Pslichten des Verkänfers. Erk. des Obert.
v. 3. Juni 1853 (Emsch. Bd. XXV, S. 428); und v. 20. Juni 1855 (Entsch. Bd. XXX, S. 446).