Von Kaufs= und Verkaufsgeschäften. 63s
§. 171. Doch kann der Käufer, auch wenn ihm Vergütung zukommt, dieselbe
nur nach Verhältniß !5) des Anschlags oder der Taxe des Ganzen, gegen den verabre-
deten mindern 15°6) Kaufpreis fordern.
8. 172. Nach eben den Grundsätzen, wie der Werth eines entzogenen Theils oder
Zubehörs zwischen dem Käufer und Verkäufer bestimmt wird, muß derselbe auch zwi-
Sr sst Eine Ansnahme von diesem Grundsatze macht der §. 189, wozu der Grund nicht be-
annt 1
15) Um nach diesem Verhältnisse den Theil des Kaufpreises zu bestimmen, der dem Käufer zu
erstatten ist, muß man, außer dem vderabredeten Preise, den Taxwerth zur Zeit des abge-
schlossenen Kontrakts, nicht den zur Zeit der Klage oder der Eviktion, wissen. Daß es auf
jene Zeit ankommen soll, ist dadurch ansgesprochen, daß der Anschlag, wenn nach einem solchen ge-
kauft worden, maßgebend sein soll. Ist aus jener Zeit keine Taxe vorhanden, so kann diese freilich
nur nach dem Befunde ausgenommen werden; es kommt aber der Satz zu Hülse, daß eine Verän-
derung nicht vermuthet wird, daher Verbefserungen oder Berschlechterungen besondere behauptet und
bewiesen werden müssen. #§. 62, 63 d. T. Nicht allein vom Ganzen, sondern auch von dem ebin-
zirten Stücke, besonders muß man jenen Taxwerth wissen. Kennt man diese Größen, so werden sie
mit dem Kausgelde verglichen. Gesetzt, die Taxe des Ganzen beliefe sich auf 12000 Thlr., das Kauf-
geld auf 18000 Thlr., das evinzirte Stück aber wäre auf 4000 Thir. geschätzt worden. Darnach
verhielte sich der Werth dieses Stückes zum Ganzen wie ½ zu ½, folglich müßten von dem Kauf-
gelde 6000 Thlr. erstatmet werden. Vergl. den Cafus des Vivianus Tuseus in der Gtosse zu
L 64 D. evict. (XXI, 2). (5. A. Die Ansicht des Obertr. stimmt hiermit nicht überein. Vergl.
die solg. Anm. 158.) — Dasentzee was außer dem Kaufgelde, nach dem Grade der Verschuldun
feitens des Verkäufers, noch zu ersetzen ist, ist nach demselben Berhältnisse zu theilen, welches einsac
dadurch geschiehr, daß vor der Vergleichung der Taxe mit dem Kanfgelde dem letzteren die Gesammt-
summe hinzugesetzt wird. Beliefen sich z. B. die Gesammekosten 2c. auf 600 Thlir., so würden auf
das Ganze 18600 Thlr. im vergten gewesen sein, folglich fallen auf das evinzirte Stück Überhaupt
6200 Thlr. — (5. A.) Bei der Werthsermittelung durch Sachverständige für die zu wenig gewährte
Fläche eines verkauften Grundstücks (F. 211) ist ein verhältnißmäßiger Theil der, auf dem ganzen
Grundstücke haftenden Lasten und Abgaben auf die fehlende Fläche nicht zu vertheilen und von dem
Werthe derselben nicht in Abzug zu bringen. Erk. des Obertr. (lohne Datum — das Appell.-Urtheil
ist vom 11. September 1863). (Entsch. Bd. XIIX. S. 127.)
(4. A.) In der Regel ist der Werth des dem Käufer nicht gewährten Theiles der ohne einen An-
schlag ihm verkauften Sache durch Hacbverständige zu bestimmen. Ec ist daher Sache des Verkäufers,
die Ausnahme des §. 171 zu beweisen. Erk. des Obertr. vom 23. Zuni 1662 (Archiv für Rechtss.
Bd. XIIX, S. 7).
15 a) (5. A.) Das Obertr., welches in dem Erk. vom 18. März 1864 das höhere Kaufgeld als
Maßstab für die Gewährleistung abspricht, sagt zur Begründung dieses Spruches: Daraus, daß die
Berglitigung für die fehlende Fläche nur nach Verhältniß der Taxe des Ganzen gegen den verabrede-
ten minderen Kaufpreis gesordert werden kann, folgt nicht, daß sie auch im Verhältnisse der Taxe
des Ganzen gegen den verabredeten höheren Kaufpreis gefordert werden dürfe. (Arch. f. Rechisf.
Bd. LII. S. 345.) Ganz Trib= das folgt nicht, aber es folgt auch nicht das Gegentdeil, es folgt
namentlich nicht, daß das Obertr. Recht hat. Daß es aber Unrecht hat, folgt aus dem Prinzip
von der Gewährleistung. Hiernach hat der Gewährleister für das Nichtgeleistete das dafür Empfangene
zurückzugeben. Das Obertr. sagt aber, daß er das nicht zu thun brauche. Da stellt sich denn die
Sache thatsächlich so: Der Verkäufer garantirt 300 M. Flächeninhalt und empfängt dafür 30,000 Thlr.
Kaufgeld. Hinterdrein findet sich, dab nur 200 M. vorhanden sind. Nun erfolgt eine Taxe unter der
Voraussetzung, es wären 300 Morgen (das Ganze) vorhanden und sie ergiebt einen Taxwerth von
15,000 Thlr. Das Obertr. erkennt also, daß der Käufer, da das bezahlte höhere Kaufsgeld nicht be-
rücksichtigt wird, als Eutschädigung für die fehlenden 100 M. nur 5000 Thlr. zu sordern habe. Der
Verkäufer hat aber für 100 gar nicht vorhandene Morgen 10.000 Thlr. erbolten, solglich ist es nach
dem Rechtsspruch des Obertr. Recht, daß er sich um 5000 Thlr. mit dem Schaden des Käufers be-
reichert, während er doch das Empfangene nach dem Gewährleistungsprinzip hütte zurückgeben müssen.
Das ist felbstverständliche und unabweisbare Konsequenz des Prinzips und dar um steht davon nichts
im §S. 171. Wohl aber schien es nöthig, für den entgegengesetzteu Fall, nachdem man von einer
Taxe ausgegangen war, die Bestimmung des §. 171 zu treffen, daß der Käufer, der viel weniger als
die Taxe bezahlte, nicht durch die Taxc zum Schaden des Verkläufers sich dereichere. Das ist der
Rechesstand. — Daß übrigens, salls der Berkäufer bei Eingehung des Geschäfts in Betracht des
Flächeninhalts dolose handelte, der Käufer mit der auf Arglist oder Fahrlässigkeit gegründeten Schäden-
klage das volle Interesse fordern könne, ist gleichfalls selbstverständlich nach Tit. 5, öö. 285—287,
549—351 u. Tit. 6, 8. 5. 6.