Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

642 Erster Theil. Eilfter Titel. 
§. 203. Aeußert sich die Krankheit des Viehes erst nach Verlauf von Vier und 
Zwanzig Stunden nach der Uebergabe, so trifft der Schade den Käufer, wenn nicht 
ausgemittelt werden kann 7), daß der kränkliche Zustand 1 7#) schon zur Zeit der Ueber- 
gabe vorhanden gewesen. 
§. 204. Bei Schweinen, welche innerhalb Acht Tagen nach der Uebergabe finnig 
befunden werden, gilt die Vermuthung, daß sie es schon zuvor gewesen sind. 
Anh. J. 13. Wenn sich bei Schafen die Pocken und beim Rindvieh die sogenannte französische 
Krankheit innerhalb Acht Tagen nach der Uedergabe äußert, so gilt die Vermuthung, daß solche schon 
vor der Uebergabe vorhanden gewesen. 
§. 205. Fällt weg'“8). 
Anh. S§. 14. Eine gleiche Vermuthung gilt von Pferden, bei welchen sich wahre Stätigkeit in- 
nerhalb Vier Tagen, Räude und Rotz innerhalb Vierzehn Tagen, Dämpfigkeit, Herrschlägigken, 
schwarzer Staar, Mondblindheit und Dummkoller aber innerhalb Vier Wochen nach der Uebergabe 
hervorthun 4# 50. 
§. 206. In allen Fällen, wo wegen der von dem Verkäufer zu vertretenden Män- 
gel, der Rücktritt vom Kaufe, und der Ersatz des ganzen Kaufpreises nicht stattfindet, 
muß die dem Käufer zu leistende Vergütung nach dem Gutachten vereideter Sachver- 
ständigen bestimmt werden 12). 
  
47) Das soll heißen: wenn er nicht beweisen kann; wo die Vermuthung für ihn aufhört, sängt 
seine Beweislast an. 
47 ) (4. A.) Unter dem „kränklichen Zustande“ wird, im Gegensatze zur später in die äußerr 
Erscheinung getretenen entwickelten „Krankheu“, der Keim oder Grund derselben verstanden, der Kän- 
ser hat daher nur das Vorhandensein dieser körperlichen Ursache der erst später ausgebrochenen Krank- 
heit im Körper des Thieres zur Zelt der Uebergabe zu beweisen. k. des Obertr. vom 17. Nov. 
1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXV, S. 279. (5. A.) Denn auch der dloße Keim zu einer Krankhei 
ist für einen zur Redhibitions- oder Minderungeklage oder einer solchen Einrede berechtigenden Fehler 
und Gewährsmangel eines erkausten Thieres anzusehen, wenn derselbe bereits zur Zeit der Uebergabe 
des Thieres vorhanden war, erwiesen die nächstdem entwickelte Krankheit veranlaßte und letztere selbst 
nach ihrer Natur und Beschaffenheit den Käufer zu dessen Rückgabe oder zur Minderung des verein- 
barten, die Unkenntniß des Käusers von dem Mangel voraussetzenden Kaufpreises gesetzlich berechrigt 
haben würde. Erk. dess. vom 24. Mai 1866 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXIII. S. 188). 
48) Der Wortlaut des §. 205 ist: „Eine gleiche Vermurhung gil von Pferden, bei welchen sich 
Dämpfigkeit, Herzschlägigkeit, Rände, wahre Stätigkeit, schwarzer Staar, Mondblindheit und Rotz in- 
nerhalb Vier Wochen nach der Uebergabe hervorthun.“ — Durch den folgenden §. 14 des Anh. ganz 
beseitigt, auf Grund eines Antrages der Gesetzkommission vom 27. März 1801, welcher durch ein dou 
dem Gerstanmmeiftr Gr. v. Lindenan mitgetheiltes Gutachten der Professoren an der Thierarznei- 
schule, Naumann und Sick, und des Stallmeisters Ploen veraulaßt worden. Nach einer zum 
Zwecke der Gesetzrevision erfolgten Mittheilung des Medizinaldepartements sollte auch des Wurms 
(eine dem Rotze verwandte Pferdekrankheit) gedacht werden müssen, und auch für die Dämpfigkeit und 
den schwarzen Staar nur eine k406hge Frist gegeben sein, weil diese Krankheiten nicht gut länger ver- 
borgen bleiben, wohl aber in sehr kurzer Zeit sich auebilden könnten. (Ges.-R. Pens. XIV, SE. 41.) 
48 a) (t. A.) Es muß aber in allen diesen Fällen (§8. 204, Anh. §§. 13, 14) zur Aufrechthaltung 
der Vermuthung die Vorschrift des §. 200 n. 101 beobachtet werden. Pr. des Obertr. 747 vom 
29. Oktober 18309. 
Die gesetzliche Vermuthung des §. 14 findet auch in dem Falle Anwendung, wenn an einem 
Orte unter der Herrschaft des Allg. Landrechts ein Pserdehandel geschlossen und beiderseits vollzogen 
ist, und demnächst an einem Orte im Gebiete des Gemeinen Rechts auf Aufhebung dieses Vertrages 
wegen Dummkollers des Pferdes geklagt wird. Erk. des Obertr. v. 17. Okt. 1854 (Arch. f. Rechtef. 
Bd. XV, S. 123). 
49) Bergl. die im Prinzip übereinstimmende allgemeine Vorschrift im §. 328, Tit. ö. Dieses 
Gutachten muß, weil hier nur die actio quanti minoris stattfindet, mit Rücksicht auf das Kanfpretium 
gerichtet werden, d. h. es muß, nach Maßgabe desselben, ermessen werden: wie viel der Käufer weni- 
z gegeben haben würde, wenn er den Fehler gekannt hätte. (1. A.) Ist z. B. von zwei zusammen 
für Einen Preis erkauften Pferden das eine mit dem Dummkoller behaftet und demnächst krepirt, so- 
kann er dafür den Preis, welcher nach Verhältniß des für beide Pferde gezahlten Kaufpreises auf dos 
fragliche Pfserd zu rechnen ist, zurückfordern. Erk. des Obertr. vom 4. Febr. 1858 (Arch. f. Nechtsf.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.