Von Kaufes= und Verkaufsgeschäften. 647
ver Käufer einen verhältnißmäßigen Theil desselben zurückhalten, und gerichtlich nieder-
egen 6°). «
§. 223. Will der Verkäufer sich dieses nicht gefallen lassen, so muß er wegen
der zahlen. Wozu dieser Umweg? Er ist nicht einmal zur Rettung der Theorie nöthig. Ecs ist ge-
rade die Aufgabe einer verständigen Jurisprudenz, den Verkehr zu erleichtern, nicht zu erschweren.
Diese Meinung findet eine Bestätigung in dem §. 372 d. T. (vergl. die Anm. 9 daf.) und in der
Analogie des §. 190, Tit. 20. (3. A.) Die Zurückbehaltung in Verbindung mit gleichzeitiger Nie-
derlegung finder sich auch noch in einem ähnlichen Falle, wo es auf Sicherung beider Theile ankommt,
nämlich bei dem Leibrentenkause, wenn ein Angriff der Gläubiger des Leibreutenkäufers auf das auf
Leidrenten gegebene Kapital droht, im §. 644 d. T., augewendet, zum Beweise, daß der Gesetzgeber
in solchen MPie beides in Verdindung gedacht hat. Das Komma binter „Zurückhalten' muß im
§. 222 gestrichen werden. In diesem Siune hat das Obertr. später auch gegen jenes Pr. 2236 einen
Rechtsfall durch das Erk. v. 8. September 1853 (Arch. für Rechtsf. Bd. X. S. 117) emschieden. —
Für dieselbe Meinung hat sich endlich auch das Pleuum des Obdertr. durch den Beschl. (Pr. 2527)
vom 3. Juli 1854: „Der §. 222 berechtigt in dem dort gedachten Falle, auch wenn die Uebergabe
erfolgt ist, den Käuser nicht, einen verhälmußmäßigen Theil des Kausgeldes zurückzubehalten, oder
ihn gerichtlich niederzulegen; sondern einen solchen Theil zurückzuhalten, unter gleichzeitiger gerichtlicher
Niederlegung desselben,“ entschieden. (J. M. Bl. S. 342 und Entsch. Bd. XXVIII, S. 1.) Dieser
Rechtssatz findet jedoch da keine Anwendung, wo das Retentionsrecht durch Vertrag eingeräumt wor-
den ist, vielmehr kommt es zunächst auf die Feststellung des Willens der Kontrahenten über die Noth=
wendigkeit der Deposition der zurückbehaltenen Kausgelder an. Erk. des Obertr. v. 19. Januar 1855
(Entsch. Bd. XXIX, S. 355). (4. A.) Auch tritt die Verpflichtung zur Deposition in dem Falle nicht
ein, wo der Käufer in der Lage ist, seinen auf einen Geldbetrag zurückgeführteu Eviktionsanfpruch
sofort liquide zu machen, indem dann Kompensation mit der Kaufgelderschuld erfolgt. Erk. des Obertr.
vom 13. September 1858 (Entsch. Bd. XXXIX. S. 78). Vergl. auch die Motive jenes Pl.-Beschl.
Bd. XXVIII. S. 15.
(4. A.) Gleichsalls tritt die Berpflichtung zur Deposition nicht ein, wenn wegen Nichterfüllung
einer Nebenverdindlichkeit, 1. B. der übernommenen Verbindlichkeit, die eingetragenen Hypotheken dis
zu einem bestimmten Zeitpunlte zur Loschung zu bringen, der entsprechende Theil der Kaufgelder zu-
rückbehalten wird, weil die Nichterfüllung einer solchen kontraktlichen Nebenleistung nicht unter die
Vorschrift des §. 222 d. T., sondern unter die des §. 271, Tit. 5 sällt, so daß der Käuser zwar zur
Zahlung an den Verkäufer selbst, aber nur unter der Bedingung: erst wenn die Löschung der
Oypotheken ersolgt und dem Käufer nachgewiesen sein wird, verurtheilt werden kann. Erk. des Obertr.
d. 4. März 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXIII. S. 39 ff.). Ebenso, wenn bereits feststeht, daß
der Werth der Sache durch das Fehlen einer ausdrücklich vorbedungenen Eigenschaft um den Betrac
d agVerrestond verringert worden ist. Erk. dess. v. 14. November 1860 (Arch. f. Rechtef.
. „S. 17).
66 2) (4. A.) Zahlt er die zurückbehaltene Summe ohne Weiteres an den mit Ansprüchen her-
vortretenden Drinen, so thut er es auf seine Gefahr; aber gegen den Dritten entspringt daraus kein
Anspruch für den Verkäufer. Erk. des Obertr. v. 26. Mai 1857 (Arch. Bd. XXV., S. 141).
Die Berechtigung des Käufers aus den S§. 221, 227 erstreckt sich nicht auf eine vertragsmäßige
Verabredung, wonach der Verkäufer die Sache frei von allen Verbindlichkeiten oder gewissen Entschä-
digungsansprüchen Driner zu gewahren, oder aus eigenen Mitteln zu decken hat; vielmehr ist in dieser
Beziehung zur Begründung der dem Verkäufer entgegengestellten Einrede des nicht erfüllten Vertra-
ges die sofortige Liquidemachung derselben erforderlich. Erk. des Obertr. vom 11. September 1857
(Arch. f. Rechtsf. Bd. XXVII. S. 29).
Nach L. 18, §K. 1 D. de periculo et commodo (XVIII. 6) und L. 24 C. de evict. (VIII, 45)
kann der Käufer, welcher Eigenthums = oder Hypothekenansprüche dritder Personen aus der Zeit vor
dem Kause zu befürchten hat, die Zahlung des Kauspreises verweigern, soweit dies zu seiner Deckung
nöthig ist, wenn nicht von dem Verkäufer hinlängliche Sicherheit wegen dieser Eviktionsgefahr nach
der Höhe des drohenden Anspruchs bestellt wird.
Wird der Gewährsmangel, welcher die Depofition veranlaßt hat, gehoben, so kann der Käufer
noch wegen anderer zum Vorscheine gekommener Gewähremängel sein Retemonsrecht ausüben und
deshalb der Auszahlung der deponirten Gelder an den Verkäufer wiedersprechen, aus den unien, in
der Anm. 16 & 8. 226, Tit. 16 anpeiüdaren Gründen.
Ist dem Käufer ein Pertinenzstück entzogen worden, so hat er nur nachzuweisen, daß der zurück-
zubehaltende Theil des Kaufgeldes dem Werthe des emjogenen Pertinenzstücks entspricht, er rraucht
aber nicht auch noch den Nachweis zu fübren, daß er in demselben Verhäunisse zum Kaufpreise des
Ganzen stehe, welches zwischen dem Taxwerthe des entzogenen Pertinenzstücks und dem Taxpreise des
anzen Grundstücks (ss. 170, 171) stattfinder. Erk. des Obertr. v. 9. und 13. Oktob. 1854 (Arch.
ür Rechtsf. Bd. XV., S. 98).