Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Kaufs-- und Verkaufsgeschäften. 649 
§. 225. Einem abwesenden Verkäufer läuft diese Frist erst von der Zeit an, da 
er von der nicht erfolgten Zahlung Nachricht erhalten, und sich zur Klage bei dem ge- 
hörigen Richter hat angeben können. 
8. 226. Sobald der Verkäufer das Kaufgeld geborgt hat, kann er von der nach 
§. 230 ihm sonst zustehenden Besugnis den Kontrakt aufzuheben, und die Sache selbst 
zurück zu fordem, nicht mehr Gebrauch machen. 
§. 227. In allen Fällen, wo der Käufer die bei der Uebergabe baar bedungene 
Zahlung ohne rechtlichen Grund nicht leistet, ist er Zögerungszinsen 7?), vom Tage 
der Uebergabe an, zu entrichten verbunden. 
§. 228. Verabsäumt oder verweigert der Verkäufer die Annahme des Kaufgel- 
des, so ist der Käufer befugt, dasselbe auf Gefahr und Kosten des Verkäufers gericht- 
lich niederzulegen 7). 
§. 229. Bei Käufen über bewegliche Sachen unter Fünfzig 7 ist der Ver- 
käufer vom Vertrage wieder abzugehen berechtigt, sobald die zur Abholung der Waare 
bestimmte Zeit verflossen ist 71). 
§. 230. Ebenso 77) kann der Verkäufer, wenn der Käufer die Zahlung des Kauf- 
(4. A.) Der §. 224 ist nur für Kanf-, nicht für Lieferungsverträge anwendbar. Erk. des Obertr. 
v. 1. Nov. 1855 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XVIII, S. 260). 
69) Vergl. o. die Anm. 70 zu F. 109. 
Zu den gewissen Geschäften, bei welchen in Folge besonderer gesetzlicher Bestimmungen Zinsen zu 
entrichten sind, gehören auch die Fälle des nothwendigen Verkaufs, so daß der Fiskus von dem Tax- 
werthe für dergleichen Grundstücke, von dem Tage der geschehenen Besitznahme derselben, Zinsen zu 5 
vom Hnundert zu entrichten schuldig ist. Pr. des Odertr. 1258, vom 21. Jannar 1843. Das Pr. 
hat zwar seitdem, durch die neuere Gesetzgebung über die Verdindlichkeit des Fiskus. Zögerungszinsen 
zu zahlen (Zuf. zu §. 827 d. T. und s. 26 des Anh.), seine eigentliche Bedeutung verloren, es ist 
aber in sofern von Interesse, als das Obertr. die Zinsen, welche auf Grund des §. 109 d. T. gefor- 
dert werden können, und zu welchen auch die hier im §. 227 erwähnten Zögerungszinsen gehören, nicht 
zu den Zögerungszinsen im eigentlichen und engeren Sinne rechnet. Darauf gründer sich auch das 
Pr. 1029, v. 20. August 1841 (und Anm. 16 zu §. 22, Tit. 16). 
70) Die Bestimmung will nicht dem Käufer die Befugniß, zu deponiren, etwa besonders beilegen, 
denn diese hat ein jeder Schuldner, also auch der Käufer, im Falle der mors aceiplendi; sondern sie 
will sagen, daß die Berbindlichkeit zur Verzinsung nicht durch die mora acelpiendi erlischt, weil sie 
nicht durch die mors solvendi begründet wird (der Ausdruck „Zögerungszinsen“ im §. 277 ist im wei- 
teren Sinne zu nehmen, f. die vor. Anm. 69), vielmehr erst mit der Tilgung der Hauptschuld ein 
Ende nimmt. Vergl. das Pr. 2236 o. in der Anmerk. 66 zu §. 122 d. T. 
71) Suarez sagt zur Rechtfertigung der Bestimmung dei der Schlußrevision: „Der Satz des 
§. 229 d. T. ist neu, gründet sich aber auf eine im Handel und Wandel durchgehends rezipirte Ob- 
servanz.“ (Jahrb. Bd. XLI. S. 18.) S. auch die folg. Anm. 72, Alinea 3. 
72) Das „ebenso“ bezieht sich auf die Befugniß zum Rücktritte vom Verkaufe, nicht auf den Ge- 
Keustond und dessen Werth. Bielmehr findet der hier allgemein ansgesprochene Grundsatz auch bei 
erkäufen Über unbewcgliche Sachen und bei einen Werthe von mehr als 50 Thirn. statt. Ueber 
diese Auwendung ist Meinungsverschiedenheit. Die Praxis des Obertr. hat sich für die hier vertretene 
Meinung entschieden, nach dem Pr. 484, v. 25. Mai 1838: „Die Vorschrift dieses HF., nach welcher 
der Verkäufer, wenn der Käufer die Zahlung des Kausgeldes, welche er bei der Uebergabe baar zu lei- 
sten versprochen hat, nicht leistet, die Uebergabe verweigern und den Kontrakt aufheben kann, ist nicht 
auf Kaufverträge über bewegliche Sachen unter 50 Thlrn. beschränkt, sondern findet auf alle Kaufver- 
träge, ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit und den Werth der verkauften Sache, Anwendung.“ Bis- 
her ist das Obertr. in diesem oft wiederkehrenden Falle in der Rechtsanwendung sich immer gleich ge- 
blieben. S. u. a. die Erk. vom 11. und 21. Juni 1852 (Arch. f. Rechtsf. Bd. VI, S. 174), und 
26. April 1853 (Arch. f. Rechtsf. Bd. IX. S. 147). 
Wenn in einem pacto de cedendo ausbedungen worden ist, daß die Ansstellung der Cefsion zu 
einer bestimmten Zeit gegen baare Zahlung des Cessionsvaluta erfolgen folle, so kann der Cedent die 
erstere verweigern und den Kontrakt aufheben (ebenso wie dies beim Kaufvertrage Über bewegliche Sa- 
cben unter gleicher Voraussetzung stattfindet), sobald ihm die versprochene Zahlung in dem festgesetzten 
Zeithunke nicht geleistet wird. Pr. des Oberm. 2087, v. 13. November 1848. (Entsch. Bd. XVII, 
. 158. 
Wenn bei einem Kaufe über bewegliche Sachen dem Käufer die Aunahme der verlauften Sache 
zu einer bestimmten Zeit und zugleich gegen baare Zahlung des Kaufpreises obliegt, und der Käufer 
Aushebung 
der Kauf- 
verträge: 
wegen 
n eleiste- 
ter Gest " 
lung,
	        
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