Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Berhältnisse 
in Ansehung 
der Legata- 
rien, Gläu- 
biger und 
Schuldner. 
710 Erster Theil. Eilfter Titel. 
§. 157. Alles, was dem Erben, vermöge seines Erbrechts 12), würde zu Theil 
geworden sein, fällt dem Käufer des Erbrechts zu. 
§. 458. Auch künftige Erwerbungen, die dem Erben, vermöge des verkauften 
Erbrechts, durch den Ausfall etwaniger Miterben oder Legatarien zuwachsen, gehen 
auf den Käufer mit über ½5). 
§. 459. Dagegen sind die Rechte, welche dem Verkfäufer, vemnöge einer Pupil- 
lar-14) oder fideikommissarischen 15) Substitution auf einen Theil des Nachlasses, wel- 
cher schon an einen Andemn gediehen ist 16). zustehen, unter dem Erbschaftsverkaufe 
nicht mit begriffen. 
§. 160. Ein Gleiches gilt von Vermächtnissen, welche einem der Erben zum 
Voraus verschafft, oder was demselben durch eine Schenkung von Todeswegen zuge- 
wendet worden 17). 
§s. 461. Ebenso sind Sachen und Rechte, welche dem Verkäufer nicht von dem 
Erblasser, sonderm nur durch denselben und mittelst seines Ablebens zufallen 15), im 
zweifelhaften 19) Falle für mitverkauft nicht zu achten. « 
§. 462. Das Recht der Erbschaftsgläubiger und Legatarien wird durch den Ver- 
kauf der Erbschaft nicht geändert 20) 
  
Verkäufer zwischen der Zeit von dem Tode des Erblassers bis zum Berkause etwa bezahlten Kapital- 
schulden und Legate anzunehmen, Habe der Verkäufer sich deshalb im Kontrakte nichts vorbedalten, 
so müsse man annehmen, daß er seme Verglttigung dafür durch das Kaufgeld erhalten. Man setzt 
hierauf den F. 480 hinzu, in der Absicht, wie es scheint, die Auseinandersetzung zwischen Verkäufer 
und Käuser der Erbschaft zu vereinfachen. Ges.-Rev. a. a. O. — Praktisch stellt sich nun das Ber- 
hältniß so: Jedem Dritten gegenüber gilt der Käufer als Erbe von Anfang; dem Verkäufer gegen- 
Über aber hat er die Erbschaft in dem Zustande, wie sie zur Zeit des Kaufs sieht und liegt, zu ned- 
men und zu fordern. Daß der Erbe für die dezahlten Kapttaleschulden keine Forderung an den Käu- 
ser machen kann, ist ganz in der Ordnung. Entweder hat er aus den Mittelu der Erbschaft bezahlt: 
dann ist keine Veränderung eingetreten. Oder er hat seine eigenen Mittel dazu verwendet: dann hat 
er die Erbschaft verbessert und er wird nicht versehlen, diese Verbesserung bei der Bestimmung des 
Kanfspreises mit anzuschlagen. Die bezahlten und nicht gelöschten Hypothekenschulden werden eine Aus- 
nahme machen: von diesen ist und bleibt der Erbe Gläubiger, mag er die Zahlmittel aus der Erd- 
schast oder aus seinem eigenen Vermögen genommen haben. Aber hierbei ist überall keine Zusälligkeit, 
wie die Gesetzrevisoren vermeinen; vielmehr liegt das, was der Käufer erwerben wird, klar vor Au- 
gen, er mag darnach sein Gebot einrichten und seine Bedingungen machen. Vergl. die solg. Anm. 
12) Nicht auch das, was er aus einem anderen Grunde erhält, z. B. Legate (Prälegate) §#. 459 
bis 461. Ist solgerichtig. „Wenn ein Erbschaftsverkäufer in Berreff einer in der verkauften Erdschaft 
begriffenen Nachlaßschuld nachher das Recht des Gläubigers erwirdt, so kann sich der Erbschaftskäu- 
ser nicht darauf berufen, die Schuld sei durch Konfusion ausgehoben.“ Pr. des Obertr. v. 12. Juni 
1849 (Entsch. Bd. XVIII, S. 232). 
13) Diese Bestimmung über das Akkreszenzrecht entscheidet eine gemeinrechtliche Kontroverse. 
14) Diese wendet eine andere Erbschaft zu. L. 2, S. 2 D. de bered. vend. (XVII, 4)0. 
15) Verschafft in allen Fällen nur eine Singular-Surcession, steht also einem Vermächnnisse 
leich. Deun der Erbe dabei ist der Fidugiarius, belastet mit der Verbindlichkeit, die Erbschaftssachen 
heransezugeben. 
156) Kommt die fideikommissarische Substitution zur Ausführung, ehe der Nachlaß an den Fidu- 
ziar gediehen ist, so wirkt sie als gemeine Substitution, und diese giebt wahres Erbrecht. 
17) Diese beiden Arten von Zuwendungen salgen nicht aus dem Erbrechte; sie haben einen be- 
sonderen selbstständigen Grund. Vergl. L. 87, 88 D. de legatis I (XXIx). 
18) Namentlich Lehen und Fideikommisse. 
19) Der §. 161 giebt mithin nur eine Interpretationsregel. Denn zulässig ist es allerdings, daß 
auch Lehen und Familienfideikommisse, d. h. das nutzbare Eigenthum auf die Dauer des Nutungs- 
rechts des Folgers, don diesem verkauft, solglich auch, wenn er zugeich Erbe des verstorbenen Besiters 
ist, mit dessen Verlassenschast zugleich mit verkauft werden können. Warum auch nicht? Vergl. oben 
den §. 445 und die Anm. 1 dazu. 
20) Deehalb bleibt der Benefizialerbe ebenso, als wenn er die Erbschaft behalten hätte, dafür ver- 
antwortlich, wenn dieselbe nicht zur Befriedigung der Glänbiger in gehöriger Ordnung verwendet wird.
	        
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