Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Uebertragung 
der Rechte. 
Berluft der 
ltter 
72 Einleitung. 
§. 98. Bis zur erfolgenden richterlichen Bestimmung des entstandenen Kollisions= 
falles muß die Sache zwischen den Berechtigten in dem Stande bleiben, in welchem 
sie bis dahin gewesen ist. 
§. 99. Rechte, welche an eine bestimmte Person, oder an gewigt Eigenschaften 
derselben, nicht gebunden sind 2), können von dem Einen auf den Andern übertra- 
gen werden. 
§. 100. Wer einem Andem sein Recht überträgt, von dem wird vermuthet, daß 
er demselben zugleich alle damit verbundenen Vortheile 1062) habe übertragen wollen. 
bef 8. 101. Niemand aber kann dem Andern mehrere Rechte uͤbertragen, als er selbst 
esitzt 104). 
§. 102. Rechte, welche nur der Person ankleben, verschwinden durch derselben 
Tod 
6. 103. Rechte aber, welche zum freien Eigenthum gerechnet werden, gehen 
mit dem Tode des Besitzers auf Andere, nach näherer Bestimmung der Gesetze, über 105). 
  
102) Eine Wiederholung, des Satzes ist unten 1, 11, §. 382. Es verhält sich mit der Uebertra- 
gung der Rechte, was die Stellung dieser Lehre betrifft, ebenso wie mit der Kollision. Nur Vermö- 
gensrechte sind übertragbar oder geslatten in der Regel eine Succession in sich, wogegen alle Status- 
rechte (Civilstandsrechte) von der Person untrennbar sind, oder, wenn sie davon getrennt werden, wie 
z. B. Ehrenrechte, untergehen. Dies ist der Sinn dieses §. 99. Auch nicht alle zur Klasse der Ver- 
mögensrechte gehörigen Rechte und Befugnisse sind ihrer Substanz nach übertragbar, wohl aber ist all- 
gemein anzunehmen, daß sie insgesammt der Ausübung nach Übertragen werden können. Man spricht 
in dieser Hinsicht von jura personallssima, womit man unülbertragbare Rechte bezeichnet. Der Aus- 
druck gehört nicht in das Vermögensrecht. — Eine allgemeine Ausnahme von der als Regel geltenden 
Abtretungsfähigkeit der Vermögensrechte giebt es nicht. Die spezielleu Ausnahmen s. m. unten zu 1, 
11, §. 382. 
103) Eine Anwendung dieses Satzes ist, daß, wenn ein Ehemann die Cession der Illatenforde- 
rung seiner Frau ausdrücklich genehmigt, er den Nießbrauch mit überträgt (oder verliert) und den Vor- 
theil' aufgiebt, die Schuld erst nach Auflösung der Ehe zu berichtigen: er muß dann alsbald bezahlen, 
wenn er nicht das Gegentheil ausbedungen hat. Vergl. Cutsch, des Obertr. Bd. IX, Nr. 14. 
104) Wiederholung eines alten, im N. R., bezüglich auf die Succession, mehrfach ausgesproche- 
nen Rechtssatzes, z. B. L. 54 D. de reg. jur.: T##n#emo plus juris ad alium transferre potest, quam 
ipse haberet;“ L. 120 ib.: „nemo plus commodi heredi suo relinquit, quam ipse babuit;“ L. 20 
pr. D. de acquir. ror. dom. (XXI, 1): „traditio nlhil amplius transiferre debet vel potest ad eum, 
qui accipit, qusm est apud eum, dquf tradit.“ Eine Anwendung davon ist abgemacht in den Entsch. 
des Obertr. Bd. X1. S. 210 auf den Fall, wo Jemand sein Landgut, nachdem er mehrere stehende 
Bäume verlauft und durch Anschalmung und Anschlag symbolisch übergeben hatte, verkaufte, und der 
neue Eigenthümer mit dem Käufer der Bäume wegen des Eigenthums derselben in Streit kam. Die- 
ser Grundsatz wird modisicirt durch den Glauben des Hypothekenbuchs: der eingetragene Besitzer kann 
Rechte an der Sache auf Andere übertragen, die er selbst nicht hat. I, 10, 88. 8, 9; I, 20, §S. 410. 
105) Die S§. 102 und 103 bezeichnen das Schicksal des gesammten Rechtszustandes einer Person 
nach deren Tode, zusolge der Eigenthümlichkeiten der beiden großen Bestandtheile dieses Rechtsstandes. 
Die eine Hälfte des Rechtsgebictes bestimmt und charakterisirt die Persönlichkeit, das Sein der Person; 
sie eutspringt aus dem statu hominum (§8. 82, 83 und Anm. 89, 90). Diese erlöschen mit dem Ende 
des Daseins der Person. I, 2, §. 40; 1, 9, §. 360. Die andere Hälste bezieht sich auf die äußere 
Erweiterung der Person, auf das Haben, und besteht aus lauter Vermögensrechten. Diese gehen, 
nach §. 103, auf den Erben über. Der Umstand, daß ein Forderungesrecht bedingt ist durch die Wil- 
lensbestimmung des Gläubigers, wie z. B. — so sagt das Obertr. — die Befugniß eines Schenkers 
zum Widerruse einer wegen Formmangels ungültigen Schenkung, macht das Recht nicht zu einem hochst 
personlichen (us personalissimum); es bleibe ein Forderungsrecht, dessen Uebergang auf den Erben 
durch die von der Willensbestimmung des Gläubigers abhängige Auslbung desselben nicht gehindert 
werde. Entsch, des Obertr. Bd. XI. S. 259. Jedes Forderungsrecht sei in seiner Ausübung abhängig 
von dem Willen des Gläubigers, und mülte nicht vererben, wenn es wahr wäre, was in diesem Rechts- 
falle behauptet worden, daß nämlich die Einforderung als ein Recht der freien Willkür des Berechtig- 
ten, nicht aber als ein Vermogensrecht zu betrachten und ebenso wenig, wie der individuelle Wille 
eines Menschen, vererdt werden könne. S. 258 a. a. O. — (5. A.) Hiergegen s. m. jedoch mein Erb- 
recht §. 7, Nr. 2 und unten die Anm. 50, Abs. 2 zu §. 1090, Tit. 11. Es ist ein wefentlicher Unter- 
schied zwischen jenem Widerruf einer sormlosen, keinesweges ungültigen Schenkung und jedem anderen 
Forderungsrechte, dessen Ausübung von dem Willen des Gläubigers obhänge Die Reeinung des Obertr.
	        
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