Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

804 Erster Theil. Eilfter Titel. 
und kann die Ausführung, wider den Willen des Bestellers, einem Andern nicht über- 
tragen. 
§. 929. Dagegen kann er sich, wenn nicht ein Anderes ausdrücklich verabredet 
ist, fremder Gehülsen und Mitarbeiter dabei bedienen. 
8. 930. Er muß aber die Handlungen dieser von ihm selbst gewählten Gehül- 
sen, gleich seinen eigenen, vertreten. 
§. 931. Auch hat der Besteller ein Recht des Widerspruchs, wenn der Werkmei- 
ster zu Arbeiten, welche handwerksmäßige Kenntnisse und Geschicklichkeiten erfordemm. 
Leute. die zu diesem Handwerke nicht gehören, und überhaupt, wenn er offenbar un- 
tüchtige Arbeiter und Gehülfen annimmt. 
8. 932. Der Werkmeister kann der Regel nach, und wenn nicht ein Anderes 
verabredet ist, die Zahlung nicht eher fordern, als bis das Werk bedungenermaßen 
fertig geliefert, und von dem Besteller übernommen worden 74). 
§5. 933. Das bestellte Werk muß zur bestimmten Zeit vollendet und übergeben 
werden ½4). 
§5. 934. Ist keine Zeit bestimmt, so muß der Werkmeister die Arbeit sofort an- 
fangen, und gehörig fortsetzen. 
§5. 935. Auch ein Werkmeister ist nicht befugt, das bestellte Werk noch vor Ab- 
24) Die zur Uebernahme eines besltellten Werks im Sinne der §F. 932 ff. außer der körperli- 
chen Besitzergreifung ersorderliche Absicht, dosselbe als sein eigen zu besitzen, kann auch durch den fort- 
gesetzten Gebrauch des Werks an den Tag gelegt, d. h. stillschweigend erklärt werden. — Durch die 
auedrücklich oder stillschweigend erklärte Absicht des Uebernehmers, das Werk behalten zu wollen, wird 
die Adsicht, etwaige Fehler desselben im Wege der Klage oder Eiurede zu rügen, nicht ausgeschlossen. 
Hat daher der Uebernehmer des bestellten Werks dasseide nicht ausdrücklich gebilligt, so weren dinsicht- 
lich der etwaigen Frhier desselben die Vorschriften des §8. 319 ff., Tit. 5 ein. Erk. des Oberm. v. 
15. November 1853 (Arch. f. Rechesf. Bd. XII, S. 334). 
2405) (3. A.) Nicht erst durch die Uebergabe erwirdt der Besteller das Eigenthum des Werks, wenn 
dieses auch cine bewegliche Sache ist, denn der Ausdruck: „Übergeben“, „Uebergabe“ hat hier nicht die 
technische Bedeutung von Tradition, vielmehr von Ueberlieferung: sondern durch die in seinem Namen 
verrichtete Spezifikation, selbst wenn der Werkmeister seinen eigenen Stoff verardeitet dat; denn dei 
der auf einem Vertrage beruhenden Spezifikation ist von dem Eigenthume an dem RNohstoffe nicht auf 
das Eigenthum an der daraus geschaffenen neuen Sache zu schließen, vielmehr kommt es auf die, 
entweder ausgesprochene, oder aus dem Vertrage zu schließende, Absicht der Parteien an: diese kann 
auf eine unmutelbare Erwerdung des Eigemhums an der neuen Sache für den Besteller geben, wenn- 
leich der Werkmeister den Stoff dazu hergiedt. In diesem Falle ist der Verfertiger als beauftragter 
rireter des Bestellers in dem Geschäste der Spezifikation anzusehen; hieraus folgt die unmitteldare 
Erwrpbung dr- Eigenthums an der neuen Sache für den Besteller mit deren Eutstehung und durch 
dieselbe. Dies ist der juristische Grund, durch weichen der von dem Obertm. in einem Falle, wo ein 
Bildhauer das Originalmodell einer Vase geardeitet und einen Erzgieber durch Vertrag verbindlich ge- 
macht hatte, die Vase nach dem Modelle in Bronze zu gießen und kunstgerecht zu eiseliren, auch das 
Erz dazu herzugeben, angenommene Saß: daß die gegossene Vase sosort, noch vor der Adlieserung, das 
Eigenthum des Bestellers geworden (Erk. v. 18. Jum 1856, Emsch. Bd. XXXIII, S. 328), gerecht- 
sertigt wird. Die eigene Begründung der Entscheidung aus dem §. 22 des G. v. 11. Juni 1837, 
detr. den Schutz des geistigen Eigenthums, überzeugt nicht; diese Bestimmung betrifft die unerlaube 
Nachbildung, wovon hier nicht die Rede ist; und erklärt nicht die Erwerbung des Eigenthums, auf 
welche das Obertr. in seiner ganzen Ausführung nicht eingeht. Die Sache ist einfach, wenn man sich 
solche kiar macht: die Erwerbungsart ist die Spezifikation. Ist die Absicht die, daß der Werkmeister für 
den Besteller verfertige (spezifizire), so wird der Besteller unmittelbarer Eigenthümer der neuen Sache, 
mit deren Enstehung, wenn auch der Werkmeister Eigeruhümer des Stoffes ist; verfertigt aber der 
Werkmeister die Sache zunächst für sich, behufs des Absatzes an den Besteller, so wird der Besteller 
erst durch die Uebergabe Eigenthümer. Ob Jenes oder Dieses beabsichtigt worden, ist keine Rechie-, 
sondern eine Thatsachenfrage. Vergl. L. 22, 8.2 D. locati conduch (XIX, 2) und L. 25 D. de 
acqulr. rerum dominio (XLI. 1). 
(4. A.) Auß dem Gefsagten (Abs. 1) erbellet, daß der Besteller auf die Ueberlieserung des verdun- 
genen und ferrig gestellten spezialisirten Werkes klagen kann, wie auch das Odertr., unter Bernichrung 
des im entgegengesetzten Sinne ausgefallenen Appellationsunels, in dem Erk. v. 20. Män 1862 
(Entsch. Bd. XLVII, S. 110) erkanm hat. Die Klage gegen den Werkmeister ist die sctio locati; das 
Werk ist ein sertiges opus conductum.
	        
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