Eltern und
Blutever=
wandtschaft.
Schwäger-
schaft.
Stiefverdin-
dungen.
88 Erster Theil. Erster Titel. Von Personen und deren Rechten Überhaupt.
§. 39. Wenn zwei oder mehrere Menschen ihr Leben in einem gemeinsamen Un-
glücke, oder sonst dergestalt zu gleicher Zeit verloren haben, daß nicht ausgemittelt wer-
den kann, welcher zuerst verstorben sei, so soll angenommen werden, daß keiner den
Andem überlebt habe 41).
§. 40. Wenn von Familienverhältnissen die Rede ist 52), so werden unter El-
tern und Kindem die Verwandten in auf-- und absteigender Linie, ohne Unterschied
des Grades, verstanden.
§. 41. So lange Eltern oder Kinder des ersten Grades leben, werden, in der
Regel, unter dergleichen Benennung die Großeltern und Enkel nicht mitbegriffen.
§. 42. Personen, welche gemeinschaftliche Stammeltern 52) haben, heißen Bluts-
verwandte ). ·
8. 43. Die Verbindung, welche durch beiat zwischen dem einen EChegatten,
und den Blutsverwandten des andern entsteht, heißt Schwägerschaft 5).
§. 44. Stiefverbindungen bestehen, im Sinne des Gesetzes "“), nur zwischen
einem Ehegatten, und den aus einer sonstigen Ehe ##) eczeugten Kindem des
Andern.
denn hier bestätigt. Die Gesetzgebung hat dabei jedoch eine Lücke gelassen. Was soll angenommen wer-
den, wenn der Abwesende schon 70 Jahre alt war, als er vermißt wurde? Gemeinrechtlich pflegt
man daun die Todesvermuthung 5 Jahre nach der Cntfernung eintreten zu lassen, und wenn der Ab-
wesende schon 80 Jahre alt war, will man noch 21 Jahre abgewartet wissen. Glück Th. VII, S. 495.
Doch ist darüber keine Einigkeit: Manche, wie UHommel in der bei Glück angeführten Diss., wol-
len dann 100 Jahre warten. Nach meiner Meinung ist nach pr. Rechte eine solche, gesetzlich nicht an.
erkannte Vermuthung nicht zulässig, vielmehr in einem solchen Falle, gemäß §. 38, anzunehmen, daß
der Vermißte den, wenn auch bald nachher eingetretenen, Anfall nicht mehr erlebt habe, d. h. es wird
auf einen Verschollenen, welcher 70 Jahre und darüber alt geworden, nicht mehr Rücksicht genommen.
— Uebrigens bedarf es in dem Falle des §. 38 keines richterlichen Ausspruchs Über den Tod, vielmehr
wird der muthmaßlich Verstorbene ohne Weiteres bei der Abhandlung der Erbangelegenheit Üübergangen.
Die Todeszeit ist der Anfang des 7usten Jahres und bei Personen, die erst nach dieser Zeit verschol-
len sind, der Tag ihres Verschwindens.
40 %) (4. A.) Oben Anm. 32, Abs. 2 zu §. 34 d. T.
41) Dies ist die allgemeine Regel des R. R. L. 9 pr. S. 3, L. 16—18 D. de rebus dub. (XXITV,
5); L. 32, 8. 14 D. de don. int. vir. (XXIV, 1); L. 34 D. ad S. C. Trebell. (XXXVI, 1); L-. 26
D. de mort. c. don. (XXXIX. 6). Die zwiefache Ausnahme für den gewaltsamen Tod der Eltern und
Kinder bei gemeinsamem Unglücke — ob die Ausnahme auch im Verhälmisse zu anderen Personen als
zu den Eltern gelte, ist streitig zwischen Mühlenbruch, Archiv Bd. IV, Nr. 27 u. A. — diese Aus-
nahme ist mit Vorbedacht nicht in das L. R. ausgenommen. Jahrb. Bd. XLI, S. 2.
42) Rämlich in den Gesetzen; denn was in den Willenserklärungen die Parteien unter ihren Aus-
drücken verstehen sollen, kann das L. R. nicht vorschreiben. Und dann auch nur, wenn über Familien-
verhälmisse verordnet wird. Daher kann z. B. aus dieser Vorschrift über die Wortbedeutung nicht ent-
nommen werden, daß Großeltern zur Pupillarfubstitution für ihre Abkömmlinge des zweiten und wei-
teren Grades befugt seien. II, 2, 55. 521 ff. Pr. des Obert. 490, vom 75. Juni 1838 (Entsch.
Bd. IV. 14). Uebrigens macht das A. C. R. von dieser seiner Terminologie nirgend Gebrauch.
43) Oder welche auch nur einen Parens (Vater oder Mutter) gemeinsam haben.
44) Die Blutsverwandtschaft ist ein Bestandtheil der Familie, also ein Familienverhältniß, wel-
ches nach und nach unmerklich verschwindet; es ist hier eheliche Abstammung vorausgesetzt. Sie hat
Einfluß im Familienrechte und im Vermögensrechte. In dem ersteren bei der Ehe, infofern dieselbe
durch gewisse Arten der Verwandtschaft unmöglich ist; bei dem anderen auf das Erbrecht und bei der
Obligation auf Alimente, hier jedoch nur bei wenigen Arten der Berwandtschaft.
45) Sniefeltern und Stiefkinder (§. 44) sind also verschwägert. R. v. 16. Mai 1816 (Jahrb.
Bd. VII. S. 204). Die beiderseitigen Verwandten der Eheleute sind mit einander nicht verschwägert.
Zu vergl. unten Anm. 7 zu §8. 7, Tit. 1, Th. II.
46) Im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs pflegt man darunter halbbürtige Berwandtschaft
zu verstehen, wogegen man die Kinder, welche der §. 44 als Stiefkinder bezeichnet, zusammenge-
rachte Kinder neunt (Th. II. Tit. 2, §. 752). Bei der Auelegung von Willenserklärungen darf
dieser Sprachgebrauch nicht unberücksichtigt bleiben.
468) (3. A.) Der Nachdruck ist auf „Ehegatten“, nicht auf das Wort „Ehe“ in der zweiten Zeile