98. Der Baslerfels bei Platten.
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 91.)
Unterhalb der letzten Häuser von Platten, welche an der nach
Breitenbach führenden Straße liegen, erhebt sich jenseits des Baches
ein ziemlich hoher, mit dunklen Fichten bewachsener Felsen, der allge-
mein „der Baslerfels“ genannt wird. An der Stelle, wo dieser Fels
emporragt, soll vor so und so viel Jahren ein stattliches Schloß gestan-
den haben, das der reiche Basler bewohnte. Er verdiente in der
That diesen Beinamen, denn er war der reichste Bergwerksbesitzer in
der ganzen Umgegend. Allein Reichtum erzeugt nicht selten Hochmut,
und Hochmut führt leicht zum Fall. Auch Basler, pochend auf seine
Gold= und Silberschätze, lebte in verschwenderischer Pracht und Herr-
lichkeit, bedrückte über die Maßen die Armen und ließ in frevlem
Ubermute seinen Pferden sogar silberne Hufeisen aufschlagen. Und
als er in seiner Verstocktheit noch größere Frevelthaten verübte, ereilte
ihn die Strafe des Himmels. Basler wurde samt der Burg zum
warnenden Zeichen für alle Zeiten in harten Stein verwandelt. Seit
dieser Zeit ist es beim Baslerfels nicht richtig.
Drei Bergleute, von denen einer taub war, gingen einmal nach
beendigter Schicht nach Hause. Als sie bei der unteren Mühle anlang-
ten, da, wo sich im Felsen ein Stollen befindet, vernahm der taube
Bergmann deutlich das Getrabe von Pferden und das Gerassel einer
Kutsche und machte seine Kameraden darauf aufmerksam. Dieselben
sahen fürwahr aus dem Stollen eine vierspännige Kutsche herauskom-
men, doch hörten sie diese weder rasseln noch die Pferde traben.
Andere Leute wollen zu einer bestimmten Zeit bei der sogenann-
ten Kühbrücke, die sich am Fuße des Baslerfelsens befindet, ein weißes
Schaf gesehen haben, das manchen bis zu dem bereits oben genannten
Stollen geführt haben soll.
Neben der Kühbrücke liegt heute noch ein großer Stein, auf
welchem einst ein Mann, der eine schwere Bürde trug, ausruhte.
Während seiner Rast schimpfte er gewaltig auf den Baslerwald, weil
er sich darin verirrt hatte. Wie er vom Steine wieder aufstehen wollte,
konnte er trotz aller Kraftanstrengung sich nicht in die Höhe erheben.
Erst dann, als der Mann sein Fluchen bereute, kam er von der
Stelle.
Auch führt es Holzleute, die in das Bereich des Baslerfelsens
kommen, irre, so daß sie erst nach längerem Hin= und Herlaufen wie-
der den rechten Weg gewinnen.
Überdies soll sich im Baslerfelsen ein Hemann aubhalten, der
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