der Bau begonnen hatte, gewahrte man am folgenden Tage, daß Bau—
steine, Mörtel u. s. w. nebst der begonnenen Grundmauer sich auf
dem Gipfel des Berges befanden. Man zerbrach sich wohl den Kopf,
wie das zugegangen sein konnte, gelangte aber zu keinem Resultate
und führte die Materialien wieder bergab zur alten Baustelle. In
der Nacht darauf tobte ein furchtbares Gewitter, so daß die Leute
nach dortiger Sitte aufstanden, um zu beten. Wie nun die Blitzstrah—
len über den Himmel dahinfuhren, will man auf dem Berge ein über—
mäßig großes, sehr schönes weißes Maultier gesehen haben, das die
Baumaterialien den Berg wieder hinauftrug. Man sah dies als einen
Wink Gottes an, und die Kirche wurde auf dem Gipfel des Berges
erbaut.
Bei dieser Sage ist wohl nicht, wie Naaff in der Comotovia 1877, S. 77
meint, an die jüdisch-römischen Wundergeschichten von den Tempelbauversuchen nach
der Zerstörung Jerusalems unter Titus zu denken. Das weiße Maultier erinnert
vielmehr an das weiße Roß Odhins oder des flavischen Gottes Swantowit, oder
an die weissagenden Rosse, welche sowohl die heidnischen Germanen als auch Slaven
besessen haben. Eine große Ahnlichkeit mit unserer Sage hat diejenige vom weißen
Pferde in Löbau, welches jede Nacht die Baumaterialien vom Schafberge, auf
welchem man ursprünglich die genannte Stadt gründen wollte, hinab ins Thal trug,
so daß nun hier die Anlage der Stadt erfolgte. (Haupt, Sagenbuch d. L. II.
No. 189.)
116. Der große Bergsturz zu Altenberg.
(Meißner, Nachricht von der Bergstadt Altenberg, 1747, S. 430—32.
Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, 1855,) No. 268. 7297
ße, Sagensch chsen, % 210. 2
Am 24. Januar 1620, früh zwischen 4 und 5 Uhr, hat sich zu
Altenberg der dritte und größte Bergbruch ereignet. Ob nun schon
dadurch der größte Teil der Stadt überaus heftig erschüttert worden
ist, so ist es doch durch des allmächtigen Gottes Fürsehung noch so
abgegangen, daß nur eine bereits vorher gewesene Binge weiter und
tiefer einging, sowie vier Zechen und ein Schacht verfielen und des
Bergschmieds Wohnhaus versank. Die meisten Bergleute sind glücklich
gerettet worden, obschon sie zum Teil 3 Tage und Nächte lang ohne
Speise in der Tiefe ausharren mußten. Nur ein alter Bergmann von
79 Jahren, mit Namen David Eichler (oder Siemon Sohr), ist nicht
zu finden gewesen, auf welchem die meiste Schuld hernach sitzen ge-
blieben, weil er nämlich aller Warnung ungeachtet, alle Bergvesten,
d. h. Pfeiler, welche man zum Schutze der Decken stehen läßt, nach
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