Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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zogen sie über die Eger. Ahrlichen Überlieferungen begegnen wir ander- 
wärts. In der Lausitz konnten sie das Kümmelbrot und Glockenge- 
läute nicht vertragen und sie ließen sich von einem Bauer aus Haine- 
walde über die böhmische Grenze fahren. Bei Langenberg fuhren sie 
in einer mondhellen Nacht über die Elster, und die Zwerge, welche ehe- 
mals in den Hüttener Bergen, besonders in dem Kindelberge und im 
Pläterberge bei Wittensee wohnten, kamen in der Nacht an die Hohner 
Fähre und ließen sich übersetzen. (Müllenhof, Schleswig-Holst. Volks- 
sagen, No. 329.) Auch die Wichtel= oder Heinzelmännchen des Spatenberges 
fuhren über einen Fluß. (Witzschel, Sagen aus Thüringen, S. 107.) 
Uberall spricht sich dabei der Groll über menschliche Treulosigkeit 
und Unduldsamkeit, ursprünglich wohl über den Abfall von den heidni- 
schen alten Göttern aus. Wenn aber in anderen Gegenden der Glockenton 
die Zwerge vertrieb und letztere demnach in der Sage der Kirche unfreund- 
lich gegenüber treten, so bauten sie wieder nach einer dazu fremdartig 
erscheinenden Uberlieferung im Erzgebirge die Steiner Pfarrkirche, in- 
dem sie des Nachts das Baumaterial von unten, wo man die Kirche 
zu errichten beabsichtigte, auf den Berg trugen. Sie übernehmen hier 
eine Arbeit, welche nach anderen Sagen einem weißen Pferde oder einem 
anderen gespenstischen Wesen zugeschrieben wird. 
In den Volksüberlieferungen werden die Zwerge, deren Frauen 
nach einer unserer Sagen die Klagemütter, in der Lausitz jedoch die 
Busch= oder Holzweibel sind (Preusker a. a. O., S. 52.), in mehrere 
Gattungen mit verschiedenen Namen geschieden, welche jedoch nicht 
immer streng von einander zu trennen sind. Vielfach gehen die eigent- 
lichen, bunte Röcklein oder spitze rote Hüte tragenden und Höhlen und 
Schluchten des Gebirges bewohnenden Zwerge in Berggeister über. 
Letztere, als ursprünglich gutmütige und in Gestalt sehr verschieden, 
meist als Bergleute, Mönche, jedoch auch in einer erzgebirgischen Sage 
in Roßgestalt auftretende Wesen, nähern sich wieder, indem sie zuweilen 
boshaft werden, den Kobolden. 
Der Berggeist kommt nur beim Bergwerke vor, und die Sagen 
von ihm sind gewiß so alt wie der Bergbau selbst. Mit Recht weist da- 
her Wrubel (Sammlung bergmännischer Sagen, S. 5.) darauf hin, 
daß man unsern Berggeist wohl vom Rübezahl des Riesengebirges, 
welcher besser „Gebirgsgeist“ zu nennen sei, unterscheiden müsse. Wenn 
wir auch in den Sagen vom Berggeiste einen Überrest des heidnischen 
Götterglaubens haben, so mochten doch die stetigen Gefahren, denen 
der Bergmann bei seinen Berufsgeschäften ausgesetzt ist, das von ver- 
schiedenen abergläubischen Meinungen beeinflußte Gemüt mit Bangen 
vor einer unterirdischen Macht erfüllen, welche allmählich festere Form 
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