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also eine Stätte bezeichnen soll, welche die den Unterweltsmächten Verfallenen auf-
nimmt. Könnte man nicht auch eine andere Ableitung, nämlich vom mhd. lste,
der Abhang, die Halde, und maere, berühmt, berüchtigt, versuchen, so daß dann
der Name „Lihtmerskirche“ eine Kirche bezeichnet, welche auf einem berüchtigten,
d. h. durch die Zwerge berüchtigten Abhange steht?
139. Das Zwergloch im Scheibenberge.
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen, Anhang, No. 33. Winter in der
Constit. Zeitung, 1854, No. 282.)
An der Morgenseite des Scheibenberges befindet sich eine unbe-
deutende Höhle, das Zwergloch genannt. Darinnnen wohnten sonst
viele Zwerge, deren König Oronomossan hieß. Sie waren nicht über
zwei Schuh lang und trugen recht bunte Röckchen und Höschen. Es
schien ihr größtes Vergnügen zu sein, die Leute zu necken; sie thaten
aber auch manchem viel Gutes und halfen vorzüglich frommen und
armen Leuten. Einst, im Winter, ging ein armes Mädchen aus
Schlettau in den am Fuße des Scheibenberges gelegenen Wald, um
Holz zu holen. Da begegnete ihr ein kleines Männchen mit einer
goldenen Krone auf dem Haupte, das war Oronomossan. Er grüßte
das Mädchen und rief gar kläglich: „Ach, Du liebe Maid, nimm mich
in Deinen Tragkorb! Ich bin so müd' und es schneit und ist so kalt
und ich weiß keine Herberge! Drum nimm mich mit zu Dir in
Dein Haus!“ Das Mädchen kannte den Zwergkönig zwar nicht, aber
da er gar zu flehentlich bat, so setzte sie ihn in ihren Tragkorb und
deckte ihre Schürze über ihn, damit es ihm nicht auf den Kopf schneien
möchte. Darauf nahm sie den Korb auf den Rücken und trat den
Rückweg an. Aber das Männchen in dem Korbe war zentnerschwer
und sie mußte alle Kräfte zusammennehmen, daß sie die Last nicht
niederdrückte. ·
Als sie nach Hause gekommen, setzte sie den Tragkorb keuchend
ab und wollte nach dem Männchen darin sehen und edeckte die Schürze
ab. Aber — wer schildert ihr Staunen? — das Männchen war fort
und statt seiner lag in dem Tragkorbe ein großer Klumpen gediegenen
Silbers!
Nach einer anderen Sage soll jenes Mädchen eines Schneiders
Tochter aus Schlettau gewesen sein und um das Jahr 1535 gelebt
haben. Sie sei auch nachher noch mehrmals bei dem Zwergkönige im
Scheibenberge gewesen und habe für ihn, seine Frau und Kinder Klei-
der machen müssen. Dafür habe sie solche Geschenke erhalten, daß
sie zu großem Vermögen gekommen sei und nachdem sie sich verheiratet,
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