Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
171. Der kleine Jäger auf dem Ochsenkopfe bei Bockau. 
Mitgeteilt von P. Mothes aus Bockau. 
Bei der alten Zeche auf dem Ochsenkopfe haben verschiedene Leute 
einen kleinen Jäger mit erdfahlem Gesichte gesehen. Derselbe ladet 
jeden, der ihm begegnet, zu einem Spiele ein, und wenn ihm dann der 
Betreffende folgt, so führt er ihn auf unbekannte Flecke, von wo aus 
derselbe sich nur schwer wieder zurecht findet. 
  
172. Der Gevattersmann vom Greifenstein. 
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang, No. 40. Dietrich und Tex- 
tor, die romantischen Sagen des Erzgebirges. I. 1822, S. 150. 2c. 
Gießler, Sächs. Volkssagen. Stolpen (o. J.) S. 107.) 
Vor langer Zeit lebte in Geyer ein armer Häuer, mit Namen 
Hans Geißler, der war blutarm und hatte ein schwangeres Weib und 
viele Kinder und wußte sich oftmals keinen Bissen Brot zu verdienen. 
Am größten aber war seine Not am Sylvesterabende, als die Nieder- 
kunft seines Weibes auf wenig Stunden nahe war und er weder eine 
warme Stube, noch sonst eine Erquickung, ja nicht einmal eine Weh- 
mutter für sie hatte. Er eilte hinaus, eine erfahrene Muhme aus 
Günsdorf zu holen, verirrte sich aber bei dem gräßlichen Schneege- 
stöber von dem Wege und kam, durch tiefe Wehen sich mühsam durch- 
arbeitend, zuletzt an die Felsenschichten des Greifensteines. Erschrocken 
wollte er umkehren, als der Berggeist ihm erschien und mit freund- 
lichem Blick ihn also ansprach: „Eile, glücklicher Vater! Gott hat 
Dein Weib mit drei holden Knäblein gesegnet! Wenn Du nichts dawider 
hast, will ich Dein Gevatter sein!“ Da verließ Hansen die Furcht und 
er antwortete: „In Gottes Namen magst Du mein Gevatter sein, aber 
wie thue ich Dir die Stunde der Taufweihe kund?“ Wie nun der 
Berggeist lächelnd sagte, daß er ohnedem kommen würde zur rechten 
Zeit, da verließ sich Hans darauf und eilte heim. Sein Weib hatte 
ihm drei holde Knäblein geboren. 
Am andern Tage, als alles zur Taufe bereitet war, da ließ 
auch der Gevattersmann vom Greifenstein nicht auf sich warten. Er 
erschien in Häuerkleidung und übte das fromme Werk mit inniger 
Andacht; als die heilige Handlung vorüber war, da schenkte er Hansen 
einen Schlägel und ein Eisen und sprach: „Lieber Gevatter, bete und 
arbeite! Wo Du mit diesem Gezäh einschlägst, da wirst Du reiche 
Ausbeute finden, und dann denke allemal an Gott und Deinen Ge- 
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