Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
222. Das Schrackagerl. 
(Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren. 
1. B. 1864, S. 16 und 234.) 
Das Schrackagerl ist im Erzgebirge ein Hausgeist; es sitzt im 
Stalle auf der Raufe und sieht aus wie ein kleines Kind. Wo es ist, 
gedeiht alles, das Vieh, das Geflügel; nur darf man nicht fluchen, 
sonst verwirrt es den Pferden die Mähnen, bindet die Kühe los und 
treibt sie durcheinander. Das Schrackagerl hilft den Mägden arbeiten, 
so daß alles rein im Hause ist; nur muß ihm die Magd von ihrem 
Essen immer einen Teil aufheben und hinlegen. 
In Heinrichsgrün heißt das Schrackagerl auch Strackagerl; es 
verwirrt den Kindern die Haare. Wenn die Kinder des Morgens mit 
verwirrten und verfilzten Haaren aufstehen, sagt man: Da ist auch das 
Strackagerl darüber gewesen. 
Das Schrackagerl von Heinrichsgrün ähnelt dem Schreckgökerle der vogtländi- 
schen Sage, vor dem sich die Kinder fürchten und mit dem deshalb letzteren gedroht 
wird. (Köhler, Volksbrauch 2c. S. 477.) 
  
223. Die Wekklage. 
(Lehmann, Hist. Schauplatz 2c., S. 784. Gräße, Sagenschatz d. K. 
Sachsen, No. 568.) 
Im Erzgebirge giebt es ein Gespenst, die sogenannte Klagefrau 
oder Klagemutter; diese geht vor das Haus, wo ein Kranker liegt und 
fängt an jämmerlich zu heulen. Will man nun wissen, ob derselbe 
stirbt oder nicht, so wirft man vor die Thüre von oben ein Tuch herab, 
das demselben gehört; nimmt die Klagefrau, die nun zu heulen auf- 
hört, dasselbe mit fort, so stirbt der Kranke, läßt sie es aber liegen, so 
findet das Gegenteil statt. 
Im Jahre 1626, da ein großes Sterben war, wohnte Nikolaus 
Köhler, ein Schuster in Oberwiesenthal, am Markt. Da er sich abends 
zur Ruhe gelegt, höret er ein jämmerlich Geheule auf dem Markt, 
so daß er nicht schlafen kann. Er siehet hinaus und wird gewahr, daß 
es um den Holzstoß eines gegenüber wohnenden Nachbars so winselt 
und jammert. In dem Hause desselben aber lagen zwei Sterbende, 
wie er des folgenden Morgens allererst erfahren. Er spricht: „Ja heule, 
daß Dir was anders in Rachen fahre!“ und legt sich wieder nieder. 
□r- kommt das Heulgespenst vor die Kammer und heulet noch gräß- 
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