Mützen und langen Bärten. Als sie aber das Crucifix erblickten, 57
neigten sie sich tief und der Engel und die Jungfrau traten in
einen hohen Saal, der mit lauter Edelsteinen verziert war und durch
deren Glanz sein Licht empfing; in diesem lag auf kostbarem Lager unter
einem prächtigen Baldachin eine wunderschöne Frau, umstrahlt von einem
Sternenkranz und zu ihren Füßen lagen sieben Zwerge betend auf den
Knieen. Als diese den Engel erblickte, fragte sie ihn, was ihn her-
führe, dieser aber erzählte ihr die furchtbare Gefahr des unglücklichen
Mägdleins und bat sie um Hülfe. Hierauf gebot die Fürstin der
Berge — denn das war sie — einem der Zwerge, ihr eine Urne von
Sardonyx aus einem Krystallschränkchen zu bringen, nahm daraus ein
Kreuz von blitzenden Diamanten und sprach: „Käthchen, trage dieses
Kreuz stets auf Deiner Brust und der Böse wird Dir nichts anhaben
können!“ Bei diesen Worten nahm der Zwerg eine Schnur Perlen aus
der Urne, knüpfte daran das Kreuz und hing es ihr um den Nacken.
Damit nahm der Engel Käthchen wieder bei der Hand und führte sie
denselben Weg wieder zurück, den sie gekommen waren, und als er
den Felsen wieder mit Hülfe des Crucifiges geöffnet, da nahm er
Abschied von ihr und sprach, sie solle ruhig sein, denn sie stehe in
Gottes Schutz. Als Käthchen nach Hause kam, fand sie ihren Vater
daheim und erzählte ihm, was ihr begegnet war, zeigte ihm auch das
Kreuz als Beweis der Wahrheit ihrer Erzählung. Da erwiderte ihr
derselbe, daß auch ihm etwas Ahnliches widerfahren, denn er habe
im Schachte beim Graben ein goldenes Jesuskreuz gefunden. Als sie
es näher betrachteten, um vielleicht ein Merkmal zu finden, an welchem
sie den rechten Besitzer erkennen könnten, sahen sie den Namen des
Steigers darauf geschnitten, mit den Worten: „Dem Gläubigen hilf
Jesus Christus.“
So erwarteten sie voll guten Mutes das Ende der Woche und
die früher so gefürchtete Mitternachtsstunde. Endlich schlug sie, und
kaum war der letzte Schlag verklungen, da pochte es an das Fenster und
brüllte: „Heraus die Braut, heraus die Braut!“ Da öffnete Käthchen
selbst das Fenster und hielt dem Bösen ihr schimmerndes Kreuz ent-
gegen und unter furchtbarem Wehgeschrei wich er zurück, zuvor aber
rief er: „Käthchen, Dich schützt Gottes Macht, ich habe keinen Teil
an Dir, aber jetzt ist die Reihe an Dir, Günzer, mir in die Hölle zu
folgen; komm heraus, daß ich Dich packen kann!“ Allein auch hier
mußte er weichen, denn Günzer hielt ihm sein goldenes Jesuskreuz
entgegen. Aber diesmal verschwand er nicht so ruhig, wie die frühern
Male. Ein furchtbares Gewitter begann sich zu entladen, ein Orkan
warf die stärksten Bäume nieder und erschütterte das Häuschen in
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