Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
Sie unterhielt nämlich ein Liebesverhältnis mit einem armen urn, 
aus der Umgebung des Dorfes, der als Bergknappe im Schoße der 
Erde sein Brot verdiente. Schon lange wurde von den Liebenden 
eine Verbindung angestrebt, allein der Vater versagte die Einwilligung, 
so sehr auch das Mädchen darum bat. Do beschloß der Knappe, sich 
noch auf einige Jahre in eine andere Gegend zu wenden, dort fleißig 
zu arbeiten und nach seiner Rückkehr wieder um die Hand der Gelieb- 
ten anzuhalten. Diese gelobte ihm beim Abschiede ewige Treue, und 
dadurch getröstet zog er von dannen. 
Anfangs schien der Schmerz des Mädchens über die Entfernung 
des Geliebten sehr groß; doch nach und nach mäßigte sich die Sehn- 
sucht, und Zeit und Arbeit brachten es dahin, daß sie den Geliebten 
allmählich vergaß. Da gelang es denn einem andern Dorfburschen 
ohne Mühe, sich ihre Gegenliebe zu erwerben, und da er reich war, 
erhielt er auch die Einwilligung des Vaters. Es wurden Vorberei- 
tungen zur Hochzeit getroffen, und der Tag der Trauung war nicht 
mehr fern. Da kehrte plötzlich der Bergknappe zurück. Er hatte sich 
in der Fremde manches erspart und hoffte nun, bald im Besitze des 
geliebten Mädchens zu sein. Abends, als es schon im Thale zu däm- 
mern begann, ging er an das Haus seiner Geliebten und hoffte sie zu 
sehen; er sah sie auch — aber in den Armen eines andern. Wie ein 
Blitzstrahl durchfuhr es seine Glieder, er wollte vorwärts, doch sein 
Fuß war wie angewurzelt; einen Fluch zwischen den Zähnen murmelnd, 
stürzte er hinweg. Von diesem Tage an war er fahrlässiger in seinen 
Arbeiten und siechte vor Gram immer mehr dahin. Oft sah man 
ihn spät abends seine Hütte verlassen und einem Platze zuwandern, 
welchen selten ein Mensch betrat, da, wie es hieß, die bösen Geister 
dort ihr Wesen trieben. Hier schloß er nun ein Bündnis mit dem 
Bösen, um die treulose Geliebte und ihren Bräutigam zu verderben. 
Acht Tage vor der Hochzeit begab er sich in die Wohnung der Braut. 
Obschon von seiner Ankunft unterrichtet, erschrak sie doch sehr über 
sein verstörtes Aussehen; er dagegen gab sich den Anschein, als wüßte 
er nichts von ihrer Treulosigkeit. Vor Schreck war sie keines Wortes 
mächtig; da er hieraus nur zu deutlich ersah, daß sie wirklich treulos 
an ihm gehandelt, kündigte er ihr mit kurzen Worten seine Nache 
an; er werde mit Hülfe des Teufels alles das, was sie vom Hause 
aus mit bekäme, verderben, weil es ihr Reichtum war, der ihren 
Vater von der Einwilligung zur Verbindung mit einem armen Burschen 
abgehalten hatte. Und auch sie selbst werde den Folgen seiner Nache 
erliegen zur Strafe für ihre Treulosigkeit. Und so geschah es. Die 
Hochzeit wurde gehalten und das Ehepaar begab sich in die neue 
  
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