Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
* s—s 
276. Der Wunderdoktor zu Permesgrün. 
(Grohmann, Sagen aus Böhmen, S. 314. Wenisch, Sagen aus dem 
Joachimsthaler Bezirke, S. 102.) 
Ein Hirte, der bei Permesgrün die Herde weidete, fand einmal 
unter einem Steine, der am Fuße einer uralten Eiche lag, ein altes 
Buch, auf welchem die Worte standen: Wende den Inhalt wohl an, 
und Du wirst der Menschheit nützen. Das that der Hirte, und bald 
war er in der ganzen Gegend als Wunderdoktor bekannt und gesucht. 
Da erkrankte der Sohn des Herzogs so schwer, daß der Vater in der 
Verzweiflung dem Retter seine Tochter zur Frau versprach. Der Wunder- 
doktor ging an den Hof des Herzogs und versprach die Heilung. Der 
Herzog wiederholte sein Versprechen, drohte aber ihn umzubringen, 
wenn der Versuch mißlänge. 
Der Wunderdoktor machte sich an die Kur, und bald war der 
Prinz gerettet. Als aber der Wunderdoktor seinen Lohn verlangte, 
verweigerte ihm der Herzog die Tochter. Darüber ärgerte sich der 
Doktor, daß er sichtbar hinsiechte. Da las er in seinem Buche und 
befahl hierauf seinem Diener, ihn zu zerstückeln, die Stücke in eine 
Kiste zu legen und diese unter jener alten Eiche zu begraben; nach 
einem Jahre sollte er die Kiste wieder bffnen, aber nicht früher. Dann 
werde er wieder frisch und gesund auferstehen. 
Der Diener that, wie ihm sein Herr geheißen hatte, aber er konnte 
die Zeit nicht erwarten und öffnete schon nach dreiviertel Jahren die 
Kiste, um nachzusehen, wie es mit seinem Herrn stünde. Da war die 
Wunderkraft vernichtet, und der Herr blieb tot. 
  
Wir haben am Schlusse dieser Sage eine Variante des alten Glaubens, daß 
der alternde Mensch oder der Verstorbene durch Zauberkünste wieder nach einem 
gewissen Zeitraume verjüngt aufersteht, wenn man seinen Körper in Stücke zerhaut. 
Der junge Graf de Villano hatte zu Salamanca in der Schule des Teufels auch 
gelernt, wie man alte Leute wieder verjüngt. Nachdem er selbst zu Jahren gekommen, 
wollte er zu seinem eigenen Vorteile von diesem Geheimmittel Gebrauch machen. Er 
ließ sich, als es mit ihm zu Ende ging, von einigen gekauften Mohren schnell in Stücke 
zerhauen, die Stücke in eine Glasflasche füllen und diese in den Pferdemist setzen. 
Auf der Folter jedoch gestanden die Mohren, leider zu früh, was sie gethan hatten, 
und als man nachgrub, fand man das Glas und darin ein bereits ganz wohlge- 
staltetes Kind. (Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch I., S. 121.) Nach Mann- 
hardts Mythen (S. 66.) wurden der polnische Räuber Twardowsky und der un- 
garische Eisenlaci zerhauen und mit gekochten Heilkräutern begossen; nach sieben 
Monaten gewannen ihre Leichname wieder Kinder- oder Jünglingsgestalt. Auch der 
Arzt und Wunderdoktor Theophrast befahl vor seinem nahen Tode dem Diener, daß 
er seine Leiche in kleine Stücke zerschnitten in eine eherne Truhe lege und mit 
einem gewissen Pulver bestreuen solle. Nach 9 Monaten solle er die Truhe wieder 
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