5 — 2
□
V. den Höhen des Erzgebirges dehnte sich nordwärts bis in die
Gegenden von Chemnitz, Mittweida, Freiberg und Tharand der
Miriquidi d. h. Schwarzwald aus, ein Stück des alten Germanien,
welches Tacitus als ein Land voll grauser Waldungen oder abscheu-
licher Sümpfe bezeichnet. Auf den dichtbewaldeten Höhen und in den
düsteren Thälern des Miriquidi wurde in jener Zeit die tiefe Stille
nur von dem Geheul des Sturmes, dem Rauschen der Gewässer, dem
Geprassel der zusammenstürzenden Riesenstämme, auf deren vermodern-
den Leibern wieder eine junge Vegetation emporwucherte, und dem Ge-
schrei der Vögel und des zahlreichen Wildes unterbrochen; der Mensch
hielt sich noch von dem unwirtlichen Gebirge fern, da er an seinem Fuße
im Nord und Süd Raum genug für seine einsamen Wohnungen fand.
Von der nördlichen Grenze an, ausgebreitet zwischen Saale und Elbe,
waren die Hermunduren, im jetzigen Böhmen die Markomannen und
in den südwestlich gelegenen Gauen, im nordöstlichen Baiern und im
Vogtlande, die Varisker seßhaft. Da, wahrscheinlich schon am An-
fange, besonders aber im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts unserer
Zeitrechnung, begann die Erschütterung, das Drängen und Vorrücken
der Völker. Die slavischen Stämme rückten von Osten her vor. Zwi-
schen 454 und 495 drangen die Czechen in Böhmen ein und unge-
fähr zu gleicher Zeit kamen aus der Weichsel= und Odergegend die
Milczener, Lusitzer, Lutitzier, Obotriten und Sorben bis in die später
sächsischen, mecklen-und brandenburgischen Länder. Von diesen rückten
die Sorben oder Serben, deren Name sie ganz besonders als ackerbau-
treibendes Volk bezeichnet, in das spätere Meißnische, und da 531
von den Franken und Sachsen das mächtige Reich der Thüringer
vernichtet wurde, westwärts bis zur Saale vor. Die Sorben waren
demnach die unmittelbar nördlichen Nachbarn des alten Miriquidi,
und sie gründeten sehr bald in den fruchtbaren Niederungen und
Thälern Orte und bebaueten das Land. Aber noch wurde dieses
Volk von der Ansiedelung auf den rauhen unwirtlichen Waldhöhen
abgeschreckt, bis endlich nach den langen Vernichtungskämpfen der
mächtigen deutschen Kaiser im 9. Jahrhunderte, denen die Erbauung
der Burg Meißen (928 oder 929) folgte, und ganz besonders als unter
Otto I. die Grafen Hermann Billung und Gero glücklich die letzte
1sis an der niedern Elbe und in den Lausitzen niedergeschlagen, die
———m
3