Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
dahin zugleich, wie das Gespenst bei letzter Erscheinung sagte, der 
Schatz aus dem Hause fortgerückt sein sollte. 
  
318. Die Zigeuner und die Schatzgräber in Platten. 
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 89.) 
Vor etwa siebzig Jahren kamen nach der Bergstadt Platten einige 
Zigeuner. Da dieselben wegen der rauhen Jahreszeit nicht im Freien 
ihr Lager aufschlagen konnten, gingen sie von Haus zu Haus und baten 
flehentlich um Herberge. Allein überall wurden die braunen Söhne 
mürrisch und hartherzig abgewiesen, bis sie ein armer, aber ehrlicher 
Bergmann, mit Namen Friedrich, in seine windschiefe Hütte aufnahm. 
Beseelt von edler Menschenliebe, kochte die Frau des Bergmannes sofort 
eine Milchsuppe, welche den hungrigen Gästen vortrefflich mundete. Nach 
mehrtägigem Aufenthalte beschlossen die Zigeuner, an's Wandern gewöhnt, 
weiter zu ziehen. Zuvor aber wollten sie sich der braven Bergmanns- 
familie dankbar erweisen. Deshalb legte eine Zigeunerin das Geständnis 
ab, im Auffinden von Schätzen gut bewandert zu sein, und hielt also- 
gleich im Hause Umschau. Sie nahm die Wünschelrute, begab sich 
aus dem Stübchen in den Küchenraum und ließ diese schlagen. Die 
Rute neigte sich gegen den Ofen, ein Zeichen, daß hier ein Schatz ver- 
borgen liege. Nach mehreren anderen Schwankungen bezeichnete sie genau 
den Ort, und den Andreasabend als die Zeit zum Heben des Schatzes. 
Mit Segenswünschen schieden die Zigeuner. Der arme Bergmann 
jedoch konnte den festgesetzten Tag gar nicht erwarten und schritt noch 
vor dem Termine an die Ausführung seiner geheimnisvollen Arbeit. 
Zu diesem Zwecke verfertigte er einen großen Kreis aus Papier, den er 
mit hunderten von Kreuzen beschrieb und legte ihn auf den Platz, 
wo der vermeintliche Schatz sich befinden sollte. Hierauf stellten sich 
der Bergmann und ein Nachbar in den Kreis und fingen zu graben 
an. Es dauerte nicht lange, da kam eine eiserne Truhe zum Vorschein. 
In dem Augepblicke aber, als einer der Schatzgräber mit der Haue 
auf die Lade schlug, entstand ein gewaltiger Donnerschlag, und der 
Kreis zerriß in tausend Stücke. Sprachlos und totenblaß standen 
beide Männer da, und als sie sich von der Betäubung erholt hatten, 
sahen sie einander nicht wenig erstaunt an, denn der Schatz war wieder 
in die Tiefe zurückgerollt. 
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