Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

1 wolle. Bär sagte zu. Nach länger als Jahresfrist erhält 5½7 
Bär von seinem frühern Gaste die Nachricht, daß er kommen solle, 
daß er nur bis Teplitz zu gehen und dort auf der Post sich zu melden 
brauche, indem das Ubrige wegen seines Fortkommens und seiner Be- 
köstigung schon besorgt sei. Halbgezwungen macht sich also Bär auf 
den Weg, findet alles so, wie die Nachricht es ihm gemeldet, und 
langt wohlbehalten in der ihm beschriebenen Stadt an. Hier geht nun 
Bär, die Adresse seines Freundes, welche den Namen der Gasse und 
die Nummer des Hauses enthielt, in der Hand, im schlichten ländlichen 
Anzuge die Gassen mehrmals auf und ab, ohne das Ziel seiner Reise 
gefunden zu haben, da er der dortigen Sprache nicht kundig ist und 
mithin auch sich niemandem mitteilen kann. Nach langem Suchen 
findet er endlich das mit der ihm angegebenen Nummer bezeichnete 
Haus, jedoch weit größer und prächtiger, als er sich das Haus seines 
Freundes gedacht. Er tritt aber demohngeachtet in dasselbe ein, 
um sich nach dem Namen des Besitzers zu erkundigen, wird aber von 
einem prachtvoll gekleideten Bedienten, der ihn für einen gewöhnlichen 
Bettler hält und dessen Sprache er nicht versteht, mit Gewalt wieder 
zum Hause hinausgebracht. In dieser Bedrängnis ruft ihm eine 
Stimme aus dem Hause zu: „Vater Bär, bist Du's?"“ und gleich da- 
rauf erscheint zu Bärs großer Freude sein Freund, um ihn bei sich 
einzuführen. Bär, ganz erstaunt über die große Pracht, welche ihn 
auf einmal umgiebt, verlebte mehrere Tage in seliger Trunkenheit. 
Sein Freund bot alles auf, ihm den Aufenthalt so viel wie möglich 
zu verschönern, und als Bär sich endlich zur Rückreise anschickte, führte 
ihn sein Freund noch in ein Kabinet, welches seine Schätze enthielt. 
Hier bat er ihn, unter mehreren dort aufgestellten, aus dem reinsten 
Gold gegossenen Figuren sich als Andenken eine mitzunehmen, da sie 
aus den Goldkörnern seien, welche er in Bärs Heimat gesammelt habe. 
Bär wählte nach langem Zaudern ein goldenes Lamm, und langte 
damit, sowie mit einer kleinen Summe Geldes, welche ihm sein Freund 
noch aufgedrungen, glücklich in seiner Heimat wieder an. Die Kunde 
von dem goldenen Lamme verbreitete sich bald in der Umgegend und 
kam endlich auch vor den Besitzer von Lauenstein, der am sächsischen 
Hofe eine Stelle bekleidete. Auf seine Veranlassung brachte Bär sein 
goldenes Lamm diesem aufs Schloß Lauenstein, und der Herr fand 
solches so kunst= und wertvoll, daß er den Vorschlag that, dieses Lamm 
dem Kurfürsten zu zeigen. Auch dieser fand großen Gefallen an dem 
goldenen Lamme und suchte Bären endlich dahin zu bestimmen, daß 
er dasselbe gegen eine ihm zugesicherte lebenslängliche Rente dem Für- 
sten überließ. Das goldne Lamm soll sich noch heute im Königlichen 
  
308
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.