356. Johannes Niavis prophezeit den reichen Bergsegen von
Joachimsthal.
(Nach Ed. Wenisch in #der Erzgebirgs-Zeitung, 4. Jahrgang 2. und
3. Heft.)
Die Gegend, wo jetzt Mariasorg liegt, war bis zum Anfange
des 16. Jahrhunderts eine mit Wald bedeckte Einöde. Hier wohnte
damals in einer einfachen Klause „um Sanct Albrecht unten am Wolfs-
berg, wo der Schwarzgang hinabstreicht,“ der fromme Einsiedler Jo—
hannes Niavis (Schneevogel). Seine Andacht verrichtete er in einer
kleinen Kapelle, an deren Stelle sich heute die Mariasorger Kirche be—
findet. Dieser Johannes Niavis hat samt der alten Gräfin Kaspar
Schlick deutlich von dem Thal, da jetzt die Stadt Joachimsthal liegt,
geweissagt, daß allhie ein großes Gut liege und eine mächtige Stadt
hierher solle erbauet werden. Es werde zwar das Bergwerk in sehr
großen Abfall geraten, aber doch hernach wieder florieren und in
größere Aufnahmen kommen, als es je gewesen.
Diese Prophezeiung gab Veranlassung, daß im Jahre 1515
Graf Stephan Schlick, Graf Alexander von Leisnick, Wolf von Schön—
berg und Hans Tommeshirn sich zu der ersten Gewerkschaft vereinigten,
die alte Fundgrube am Schottenberge wieder belegten und so „mit
Gewalt das Bergwerk aufbrachten.“
Die Kapelle des Einsiedlers Niavis war bei Einbürgerung der
lutherischen Lehre in Joachimsthal zerstört worden, und als man 1691,
da das Bergwerk infolge des dreißigjährigen Krieges und der Gegen—
reformation in Verfall gekommen war, an dem Platze, wo sie ge—
standen hatte, ein Kirchlein erbauen, und den sogenannten schwarzen
Gang entblößen wollte, fand man endlich einen Stein mit einem ein—
gehauenen Kreuze. Die Stelle, wo er lag, sollte der gesuchte Platz
sein. Hier wurde nun die Mariasorger Kirche gebaut, über deren
Thüre’man jenen noch heute daselbst zu sehenden Stein einmauerte.
Die Einweihung erfolgte 1699. Der Ort selbst erhielt nach einem
wunderthätigen Marienbilde, das in der Kirche aufgestellt wurde und
viel Wallfahrer anzog, den Namen Mariasorg. Später wurde an die
Kirche das Kloster mit reiner besondern Ordenskirche angebaut und im
Jahre 1765 vollendet. In der darauf bezüglichen, von der Kaiserin
Maria Theresia unter dem 16. November 1752 ausgestellten Urkunde
heißt es unter anderem,7 daß dies auch geschähe „aus dankmütiger
Erkenntlichkeit für den bisher von Gott verliehenen und ferners zu
erbittenden Berg-Segen.“ So war die Prophezeiung des Einsiedlers
Johannes Niavis nicht nur die Veranlassung zur Gründung der ))
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