Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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auf das verheißene Alaun- und Schwefelerz. Frohlockend verließ er 
den Platz und eilte, da es Tag geworden, nach Sebastiansberg, um 
der Bergobrigkeit seinen großen Fund anzuzeigen. Er erhielt hierauf 
vom Erbherrn von Komotau, Johann von der Weitmühl, die Rechte 
und Privilegien, welche zum Betriebe des Bergwerkes notwendig waren, 
und nun begann ein reges Leben im stillen Eichenwäldchen, so wie er 
es früher schon erschaut. Er wurde ein reicher Mann und sein altes 
Mütterchen erlebte noch frohe Tage. 
Und die armen Bewohner der Stadt, des Landes und Gebirges 
genossen mit an dem Segen der Erde, und derselbe schien bei fleißigem 
und verständigem Betriebe eher zu- als abzunehmen, denn — wie der 
dürre Merten prophezeit hatte — „das Alaunerz wuchs unter der Stadt 
mit Gewalt.“ Aber die ausgesprochene Drohung der weißen Jungfrau 
sollte ebenfalls in Erfüllung gehen. So lange das Werk mit Fleiß 
und Sorgfalt betrieben wurde, trug es reichlichen Gewinn und war 
ein Segen für Stadt und Land. Da kam es jedoch in habsüchtige 
Hände, es sollte rasch und viel gefördert werden, die Gänge und 
Stollen wurden nicht mit der alten Sorgfalt getrieben und erhalten, 
weil die Kosten der Erhaltung gescheut wurden. Da stieß man eines 
Tages in einem neu angelegten Stollen auf ungewöhnlich reiche Alaun— 
gänge, aber auch beim Weitergraben auf eine Quelle, deren Wasser 
lustig hervorsprudelte. Ein erfahrner alter Bergmann riet dem Berg— 
werksvorsteher, hier nicht weiter graben zu lassen, sondern den Stollen 
zu verbauen; aber sein Rat wurde verworfen, der prophezeiten Gefahr 
durch die kleine Quelle gespottet, winkte ja in dem neuen Stollen rei— 
cher Gewinn. Aber siehe, je weiter man arbeitete, desto mächtiger 
sprudelte die Quelle hervor, alle Versuche, sie zu verstopfen, miß- 
langen, das Wasser füllte den neuen Stollen, es stieg in die alten 
und stieg von Stunde zu Stunde immer höher, so daß die Bergleute 
eilig die Schächte verlassen mußten und keiner mehr in die Tiefe hinab 
fahren konnte. Endlich stieg es im mächtigen Schwalle bis zum Aus- 
gange und füllte schließlich die Tiefe des ganzen Kessels und beherrschte 
als Sieger den ganzen Raum, wo früher viele zufriedene Menschen 
thätig gewesen waren. So entstand der jetzige Hütten= oder Alaunsee 
aus einer kleinen Quelle, und so war die Drohung in Erfüllung ge- 
gangen. Die Erdgeister hatten den Schatz wieder hinabgesenkt in die 
Erde, und die Wassergeister hüten ihn mit zähem Neide bis an den 
heutigen Tag. Selbst auf dem Wasser des Sees scheint noch der alte 
Fluch zu liegen, denn nichts lebendes kommt darin vor, kein Fisch 
schnellt über dem Spiegel nach spielenden Mücken empor, kein Wasser- 
käfer rudert darin emsig hin und her, sein Ufer bedeckt kein rauschen- 
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