Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

——.. — — —iee 
v 
374. Der Ursprung der Ouelle bei Hartessenreuth. 
(Grohmann, Sagen aus Böhmen, S. 256.) 
In der Nähe von Mariakulm liegt auf einer Anhöhe das Dorf 
Hartessenreuth. Am Fuße dieser Anhöbe erstreckt sich eine breite Wiese 
und in derselben ist eine Quelle, deren Wasser fortwährend in spru- 
delnder Bewegung ist, wodurch ein deutlich hörbares Brausen entsteht, 
so daß man glaubt, das Wasser siede. Dort, wo jetzt die Quelle 
sprudelt, stand früher ein Gehöfte, das von einem Bauer mit seinem 
Weibe und seinen Knechten bewohnt ward. Der Mann und das Ge- 
sinde waren sehr gottesfürchtig, das Weib aber nicht. Sonn= und 
Feiertage wurden von ihr nicht geheiligt; sie hatte die Gewohnheit, 
während der Messe Garn zu sieden. Der Mann hielt ihr das oft 
vor, aber sie antwortete jedesmal mit Schimpfworten. Einst, als sie 
wieder des Sonntags anfing Garn zu sieden, wurde der Bauer zornig 
und sprach: „Dich soll das Donnerwetter bei lichtem Tage holen!“ 
Darauf ging er mit seinen Knechten in die Kirche. Sie waren noch 
nicht lange dort, als sich ein furchtbares Gewitter erhob; es blitzte 
und donnerte schrecklich. Der Bauer dachte dabei an die Worte, die 
er gesprochen hatte und es wurde ihm bange. Die Bäuerin daheim 
aber kümmerte sich um das Unwetter gar nicht, sondern ging unbesorgt 
ihrer gewöhnlichen Beschäftigung nach. Da wurde es plötzlich finster 
wie die Nacht, ein Blitz entfuhr den Wolken und schlug in das Ge- 
höfte. Kaum aber hatte er die Erde berührt, so öffnete sich diese und 
verschlang das ganze Gehöfte samt der Bäuerin. Die oben genannte 
Quelle soll nun der Hafen sein, worin sie das Wasser kochte und des- 
halb ist das Wasser darin fortwährend in siedender Bewegung. 
  
375. Der Wunderbrunnen auf dem Pöhlberge bei Annaberg. 
(Chronica der Bergstadt St. Annaberg. I. 1746. S. 5.) 
Es wird erzählt, auf dem Pöhlberge solle ein Wunderbrunnen 
sein, den aber nicht jedermann finden und sehen könne, der bald da 
wäre, bald aber wieder verschwinde, und säße eine Jungfer dabei. 
Dr. Ewald Dietrich führt in den romantischen Sagen des Erzgebirges I. Bd. 
No. 1 die obige Sage unter der überschrift: „Die Jungfrau des Bielberges“ noch 
weiter aus. Diese novellistische Bearbeitung trägt aber ganz unverkennbar das Ge- 
präge des Selbsterfundenen und Gemachten, so daß Anstand genommen wurde, sie 
hier, wenn auch nur in gekürzter Form, wieder zu geben, obschon dies Gräße in 
seinem Sagenschatze gethan hat. Siehe auch No. 46. 
□— 
334 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.