Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

dienten schmachvollen Tod. — Und als das nächste Frühjahr kam, & 
gab Gott die Unschuld Liebholds an den Tag. Der Balken des Gal- 
gens wurde grün und trieb Zweige, so wie es Liebhold vorhergesagt 
hatte. Die Edelfrau wurde darüber voll Unruhe und gebot, den 
meineidigen Knecht zu verhaften. Aber ehe die Häscher denselben erreich- 
ten, hatte er sich im Koberbache ertränkt. Es wurden später mehrere 
nahe am Rittergute stehende, hohe Erlen umgeschlagen, und auf einer 
derselben fand man ein Dohlennest und darinnen das gestohlene goldne 
Kettchen der Edelfrau. — Der Galgenbaum, jetzt ein starker und 
hoher Baum, ist heute noch bei Blankenhain zu sehen. 
Sagen von dürrem Holze, von Pfählen, Stecken und dergleichen, welche wie- 
der grünen und dadurch die Unschuld eines unschuldig mit dem Tode Bestraften an- 
zeigen, giebt es auch an andern Orten. So erzählt eine thüringische Sage, daß 
ein Bursche aus Lautersdorf, welcher, der Hexerei angeklagt, zum Richtplatze geführt 
wurde, beim Anblicke von Pfählen, die ein Bauer einschlug, um Bäume anzubinden, 
noch seine Unschuld mit den Worten beteuerte: „So wahr ich unschuldig bin, wird 
Gott ein Wunder thun und einen dieser dürren Pfähle ausschlagen und zum starken 
Baume heranwachsen lassen.“ So geschah es. Als das Volk von der Richtstätte 
zurückkehrte, hatte einer der trocknen Pfähle grüne Blätter und braune Zweiglein be- 
kommen. Er wuchs zu einer starken Buche empor. (O. Richter, Deutscher Sagen- 
schatz, 3. H. No. 69.) 
  
380. Die drei Linden bei Crimmitschau. 
(Mitgeteilt von G. Fiedler.) 
In der Nähe des Sahnparkes bei Crimmitschau stehen drei große 
schattenreiche Linden. Es wird erzählt, daß einst ein Schäfer des 
Rittergutes Frankenhausen eines Diebstahls wegen zum Tode verur— 
teilt wurde, trotzdem er bis zum letzten Augenblicke seine Unschuld be— 
teuerte. Da bat er sich noch die Gnade aus, auf dem Richtplatze 
drei junge Linden verkehrt pflanzen zu dürfen. Würden die auf solche 
Weise gepflanzten Bäumchen fortkommen, so möge man dies als Zei— 
chen seiner Unschuld ansehen, würden sie aber verdorren, so wäre er 
des Diebstahls schuldig. Der Schäfer wurde hingerichtet, aber die vor 
seinem Tode von ihm mit den Ästen in die Erde gepflanzten Bäume 
gediehen zum Zeugnisse, daß er unschuldig gewesen war. 
  
381. Der prophetische Barfüßer zu Chemnitz. 
(Ouriosa Sax. 1733, S. 77. Gräße, Sagenschatz 2c. No. 466. Richter, 
Chron. von Chemnitz I. 1767, S. 100.) 
Als den 19. April des Jahres 1540 die Barfüßermönche aus 
  
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