dieselbe Arie, dieselben Leute gingen hinter dem Sarge her, der AlteHc
mit entblößtem Haupte und weinenden Auges. Der alte Wächter aber
stand am Kirchhofthore, sah den Alten verständnis= und geheimnisvoll
an, und weinte so heftig, daß die Leute gar nicht begreifen konnten,
wie ihm der Tod des Bockmüllers so zu Herzen gehen könne. Der
hatte aber seinen guten Grund, traurig zu sein, denn er wußte, was
geschehen würde. Es geschah auch. In demselben Jahre noch ist fast
die ganze Stadt abgebrannt und des Alten Haus dazu. Es war nur
gut, daß es gerade Eins schlug, als er aus dem Kreise sprang; sonst
wäre es wohl noch schlimmer für ihn geworden.
386. Der Scharfrichter und sein Schwert.
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 37.)
Zur Zeit, da in Joachimsthal das Hochgericht bestand, bewohnte
der Scharfrichter, mit dem niemand verkehren wollte, ein einsames
Häuschen im untersten Stadtteil. Häufig besuchte eine Frau des Henkers
Familie. So oft sie mit ihrem Kinde in die Stube trat, hörte das
Weib des Scharfrichters die in dem Waffenschranke hängenden Schwer-
ter dumpf aneinander schlagen. Auf diesen merkwürdigen Vorfall machte
das Weib endlich ihren Mann aufmerksam, der darüber nicht die ge-
ringste Verwunderung aussprach. Als der Scharfrichter eines Tages
bemerkte, daß die Frau mit dem Kinde sich seiner Wohnung näherte,
öffnete er den Schrank, worin sich die Schwerter und die übrigen Hin-
richtungswerkzeuge befanden. Kaum hatten die erwarteten Ankömmlinge
des Gemaches Schwelle überschritten, so bewegte sich sofort das größte
Schwert im Schranke, berührte die daneben hängenden Schwerter und
verursachte ein unheimliches Geklirre. „Arme Frau,“ sprach bewegt
der Scharfrichter, „meine Freundespflicht befiehlt mir, Euch eine höchst
traurige Mitteilung zu machen. Ihr werdet an Eurem Kinde viel
Kummer und Schmerz erleben, denn es wird durch Henkershand sein
Leben enden. Seht, wie sich dort das Schwert bewegt, dessen Klänge
Ihr hört! Dies alles zeigt mir an, daß Euer Kind einst hingerichtet
werden wird durch mein Schwert.“ „Um Gotteswillen! ich beschwöre
Euch,“ rief laut schluchzend, händeringend und schreckensbleich die
Mutter, „sucht das gräßliche Los von meinem Kinde abzuwenden!“
„Soll Euer Kind dem schmählichen Tode entgehen“, entgegnete der
Henker, „dann muß ich dessen Körper mit dem Schwerte ein wenig
ritzen, auf daß dieses sich mit dem Blute des bestimmten Opfers färbe."“
Sprach's, nahm das Schwert und brachte mit demselben dem Kinde
—
344