Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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suchten die wenigen Christen einsame, tief im Walde versteckte Orte 
auf, wo sie ungesehen und unbemerkt die heilige Taufe vollziehen 
konnten. Zu diesem Behufe wählten sich nun die Glaubensgenossen 
große, auf bewaldeten Anhöhen liegende Steine aus und arbeiteten in 
dieselben ein Becken zur Aufnahme des Wassers, drei Sitze für die 
drei Taufpaten und einen für den Täufling hinein. Der Taufstein 
bei Oberkrinitz soll nun von unsichtbaren Mächten beschützt werden, und 
niemand hat das Becken vollständig ohne Wasser gesehen. Ein alter 
Mann erzählte, er habe einmal eines Abends als junger Bursche mit 
seinen Freunden das Wasser gänzlich ausgeschöpft, doch als sie am 
nächsten Morgen nachgesehen, sei eine größere Menge Wassers in dem 
Becken zu finden gewesen als vorher, obgleich es die ganze Nacht nicht 
geregnet hatte. Schon oft hätten die Steinmetzen sich an den Stein 
gemacht, um ihn zu zerschlagen und zu verarbeiten, aber der „Uhämel“ 
(Unheimel?), mit dem in der Gegend auch die Mütter ihren Kindern 
drohen, um sie zur Ruhe zu bringen, habe sie stets auf den Arm ge- 
schlagen, so daß sie von der Arbeit hätten abstehen müssen. Der 
Taufstein werde deshalb jetzt von ihnen in Ruhe gelassen. Noch wird 
erzählt, daß in dem Wasserbecken Geld liege. 
Nach einer von Karl Morgenroth novellistisch bearbeiteten Sage 
(Nachrichtsblatt für Kirchberg und Umgegend 1869, No. 12 und 14) 
drangen einst die siegreichen Deutschen in ein verlassenes sorbisches 
Dorf ein, in welchem sie nur den heidnischen Oberpriester, einen silber- 
haarigen Greis, antrafen. Derselbe rief bei ihrem Eindringen den 
Zorn der Götter auf die verhaßten Deutschen herab und empfing da- 
für alsbald den tötlichen Schwertstreich. Sein Enkel aber, welcher in 
der Hütte vergeblich auf ihn harrte, wurde von einem Deutschen an 
Sohnes statt angenommen, um zunächst getauft zu werden und in der 
Taufe statt seines Heidennamens Scop den christlichen Namen Johannes 
zu erhalten. Der junge Sorbe Johannes wurde später Priester und 
als solcher zog es ihn vorzugsweise zu seinen Stammesgenossen hin, 
denen er das Evangelium predigte. Auf seinen Wanderungen durch 
den Miriquidi forschte er nach den ehemaligen Bewohnern seines Heimat- 
ortes, ohne sie zu finden. Dabei wurde er selbst alt, und als er nun, 
ein Greis geworden, eines Tages an den Platz kam, wo der Tauf- 
stein liegt, lehnte er sein Haupt ermüdet an den Stein, welcher damals 
von einer alten Eiche beschattet wurde. Bald schlief er ein, und im 
Traume verkündete ihm Gott, daß er in der Nähe der Gesuchten sei, 
und alle zum Christentume bekehren würde. Als nun der Morgen an- 
brach, baute sich Johannes eine Hütte neben dem Steine und stellte in 
derselben ein einfaches Kreuz auf. Eines Tages trat aus dem • 
  
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