Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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Von Stund an aber hatte derselbe ein offenstehendes Maul und ist 
stumm geworden. 
410. Der heillose Bäcker in Freiberg. 
(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Pros. Anhang, No. 9.) 
Im Jahre 1471 wohnte in Freiberg auf der Burggasse, dem 
Oberkloster gegenüber, ein Bäcker, namens Werner Kühn, ein gott- 
loser Mann, der an Fluchen und Lästern sein Vergnügen fand. Der- 
selbe brachte seine Mitbürger in großes Unglück. 
Als er eines Morgens (am 24. Juli) seinen Backofen heizte, 
wollte das feuchte Holz nicht sogleich brennen, so daß der gottlose 
Mann wütend darüber wurde und rief: „Ha, du verfluchtes Feuer, 
so brenne doch in aller Teufels Namen!“ Das war ein heilloser 
Fluch und Gott ließ ihn in Erfüllung gehen. Das Feuer schlug als- 
bald zum Ofen heraus und in wenig Augenblicken stand das ganze 
Haus in Flammen. Nach drei Stunden lag Freiberg in Trümmer 
und Asche. Nur die alte Frauenkirche, die meißnische Gasse und die 
halbe Sächsstadt blieben stehen. 
  
411. Die Görkauer Maskenhochzeit. 
(Nach Franz Herbabny in den Mitteilungen des Nordböhm. Exkur- 
- sions-Klubs, 1885, S. 117.) 
Am Faschingsdienstage 1588 ging es in der Stadt Görkau über- 
aus fröhlich zu, und die Schuljugend machte mit Schreien und Peitschen 
einen Spektakel, daß die Häuser in den Gassen wackelten. Der Hoch- 
zeitsplampatsch ritt auf einem Grauschimmel und trank wacker aus 
den Gläsern, womit man ihm schenkte. Auf dem Kopfe trug er eine 
Narrenkappe mit einer klingenden. Schelle und überdies zwei Narren- 
gesichter, von denen das vordere lachte, das hintere weinte. Bald 
kamen auch die beiden Herolde hoch zu Roß, bliesen auf ihren Trom- 
peten, und der vielerwartete Hochzeits-Schlittenzug setzte sich in Be- 
wegung. Es war nämlich eine Faschingshochzeit. Den Vorreitern 
und den Stadtpfeifern folgten die Brautleute mit dem Bilde der heiligen 
Jungfrau, darauf der Brautführer und die Kränzeljungfern, neben 
ihnen der heilige Nikolaus mit zwei Teufeln an der Kette, und auch 
die Salzmäste warf nach allen Seiten Pfeffernüßchen aus. So folgte 
Schlitten auf Schlitten, vierzig an der Zahl. Und nun ging es in 
tollem Jagen, die Kreuz und die Quere, durch die Stadt, bis der 
Zug neben der Kirche ein wenig stockte. Da blies der Hanswurst- 
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